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Texte und Bilder zu Peter Altenberg (Literaturhaus-Ausstellung 2003)

Die Natur  

Das Auge  

Das erste Buch  

Kabarett  

Frauenbilder

"Wenn man alle meine neun Bücher liebevoll eindringlich gelesen hat, so weiß man halt etwas mehr über mein, nein, über sein Leben!"
[Nachfechsung, 192]

Das PA-Zimmer

Das Fenster von PAs Zimmer im 5. Stock des Grabenhotels, Dorotheergasse 3, in dem er 1913 bis 1919 wohnte. Fotografie, aus: Altenberg-Buch, bei S. 240. Von PA beschriftet: "Mein Fenster. PA."

Ein Nest sich bauen, wirklich sein höchsteigenes, apartes, von allen anderen unterschiedenes Nest! Wie der Vogel es Halm für Halm sorgsam zusammenträgt! Und jedes Nest ist anders, grundverschieden, hat gleichsam irgendwie den Charakter des Besitzers, des Bewohners. Ja, die Vögel haben halt nicht das Unglück, Architekten für Innen-Einrichtung in der Vogelwelt zu besitzen, die für 10 000 Mark ein schönes Logis herstellen! Mein einfenstriges Kabinett im fünften Stock des Grabenhotel ist mein Nest, Halm, für Halm zusammengesucht seit 20 Jahren. Die Wände ganz bedeckt mit Photos: Die Prinzessin Elisabeth Windisch-Grätz im 5. Lebensjahre. Dieselbe mit ihren vier Engels-Kindern. Franz Schubert und Hugo Wolf, Beethoven und Tolstoi, Richard Wagner und Goethe. Japanische Sumpfvögel, der Berg Fushij, ein großes Kruzifix aus der Bozener Holzbildnerschule, Gustav Klimts Schubertidylle, Schloß Orth im Winter, Grablegung von Ciseri; Photos von: Bertha L., Klara P., Nah-Baduh aus Accra, Paula Sch., Grete H., Kamilla G., Fräulein Mayen. Fräulein Mewes, und meine dreiunddreißig geliebten Ton-Vasen und vierundsechzig japanischen Kleinkunst-Sachen, zusammengeschnorrt von Verehrerinnen. Kurz alles meinem Sein, meinem Geschmacke, meinen inneren Erlebnissen entsprechend. Ein Nest! Wenn ich denke, wer dieses geliebte Kabinett einmal in Bausch und Bogen erben wird, da freut mich wirklich das ganze Sterben nicht!
[Peter Altenberg: Vita Ipsa, 1918, S.61f]

Eine Ruskin-Vase mit natürlicher Überlauf-Glasur gefällt mir besser als alle die Meißener Künsteleien und Ziselierungen in Porzellan. Ich bin gegen Spitzenhöschen in Porzellan. Wenn schon, denn schon. Von Hölzern liebe ich den Vogelahorn, die graue Platane, die hellgelbe Esche, das rötliche Kirschholz. Da kann man mir weder Nuß noch Birn einreden. Ich bin für Perlmutter, Bernstein und Schildkrot. Ein Kamm aus geflecktem Schildplatt (Karett-Schildkröte) achte ich gleich einem edlen Kunstgegenstande. Ebenso eine tiefe Schale aus irisierender Perlmutter und einen halb hellen halb wolkigen dicken Bernsteinspitz für edle Zigaretten. Alles, was noch einen Hauch der absolut und ewig genialen Natur in sich trägt, ist mir als Kunstgegenstand werter als wenn die Menschen "zuviel", also zuwenig daraus schon gemacht haben! Im Kasten will ich noch den adeligen Baum selbst fast erblicken, daher schwärme ich für stark gemaserte, gefladerte Möbel, für Sommer-Zimmer mit Zirbelholz-Möbeln. Nur nichts ausdenken, ausknobeln, meine Herrschaften, sondern der Natur auf ihren geheimnisvoll einfachen Spuren folgen! Zweckmässigkeit = Natürlichkeit.[...] Mein Tintenfäßchen ist aus braunem Glas, fabelhaft leicht zu reinigen, kostet 2 Kronen, und heißt noch dazu "Bobby", also jetzt "Robert". Es ist daher ein Kunstwerkchen, es erfüllt seinen Zweck, stört niemanden und ist schön braun. Von kunstgewerblichen Gegenständen, die Etwas vorstellen, nehme ich die Porzellan-Tiere der Königl. Kopenhagen-Manufaktur aus, da z. B. das "Käuzchen", der "Eisvogel", die zwei "Enten", die "Gans", der "Nußhäher", der Natur höchst abgelauscht sind.[...] Bei Uns glaubt man leider, daß etwas schön sei, weil es teuer ist. [...]"
[Peter Altenberg: Vita Ipsa, 1918, S.47ff]

"Wie ist Ihr Zimmer eingerichtet?!" "Es stehen Tag und Nacht die Fenster weit offen!"
[Peter Altenberg: Vita Ipsa, 1918, S.96]

Liebe Paula!
Du bist also infolge meines Testaments vom 9. März 1914 [...] meine Universalerbin seit jenem Briefe. Welch ein pompöser Titel für jemanden, der nichts besitzt, er hat eine veritable Universalerbin eingesetzt in einem einwandfreien veritablen Testament, man kommt sich vor direkt wie ein Großindustrieller. Ich besitze den Ertrag meiner neun, bis zu meinem Tode vielleicht sogar zehn Bücher, [...] Prachtausgaben zum Beispiel mit Photographien aller Frauen und Mädchen, die "meinem ästhetischen Ideale" entsprachen zeitlebens! Ferner die gesamte Einrichtung meines Hotelkabinetts, das besät ist mit eingerahmten Photographien samt Texten, alles in engstem, also weitestem Zusammenhang mit meinem Leben und Weben, Preis mindestens 15 000 Kronen, aber erst bei der "Auktion"! "Eine Photographie, meine Herrschaften, bitte um Ruhe, der berühmten Kinoschauspielerin Erna Morena, in echtem Eschenholzrahmen, darunter der Text: 'Was andere nicht hielten, in nächster Nähe, hieltest du bereits aus fernsten Fernen!' P. A. 200 Kronen zum ersten!" "201 Kronen!" Na also, es geht ja. Paula, Du wirst reich. [...] Die Ansichtskartensammlung mit "Texten", 5000 Stück, mindestens 3000 Kronen. Vielleicht, Paula, Universalerbin, bleibt alles unverzettelt beisammen, vielleicht hat einer den Gusto! Gott, man kauft doch auch Rennpferde und Antiquitäten, vielleicht schreit einer bei der Auktion: "Ich erstehe hiemit die gesamte Kabinetteinrichtung des Dichters, wie sie steht und geht, in Bausch und Bogen für 25 000 Kronen, und es soll verbleiben Gemeingut der Nation, zur allgemeinen Besichtigung für ewige Zeiten!" Siehst Du, Paula, Du betrachtest vielleicht diesen Titel bisher: "meine Universal-Erbin" ein bißchen geringschätzig vorläufig. Aber manches kann sich ändern und der Titel wird seine Bedeutung gewinnen! Ein bißchen Optimismus gehört zum Leben, wenn man gestorben ist.
[Peter Altenberg: Vita Ipsa, 1918, S.117ff.]

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