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Leseprobe 2
Abends saßen Andreas, so war der Name des Lachsfängers, und ich dann in seiner Wohnung bei einem vorzüglichen Dinner. Es stellte sich heraus, dass Andreas das Paket Lachsfilets in meinen Einkaufswagen gepackt hatte. ![]() Krankenhaus Haben Sie eine Ahnung wie es ist, wenn Sie als Single ins Krankenhaus müssen? Die Diagnose lautete auf Lungenentzündung. Ursachen für Lungenentzündungen können ansteckende Erreger, bestimmte chemische Stoffe und Antigen-Antikörper-Reaktionen sein. Bei mir war es einfach ein verschleppter Schnöf. Hohes Fieber, hohe Herzfrequenz, Husten mit grünlichem Auswurf sowie Brust- und Bauchschmerzen. Und das im Spätsommer. Hurra! Eine Therapie mit schleimlösenden Medikamenten, fiebersenkenden Maßnahmen und Antibiotika im Krankenhaus war die Folge. Aber wer brachte mir Wäsche oder mal einen Obstkorb? Wer goss meine zwei Kakteen und kümmerte sich um meinen ständig vor Leere gähnenden Briefkasten? Als ich gerade in mein Rätselheft seufzte, ging die Zimmertür auf und Anton, der Hesse, brachte mir Handtücher, Badelotion und einen Fön mit. Wenn ich mich recht erinnerte, hatte er mir mein Herz gebrochen, mit seiner Nickelbrille. Er lebte mittlerweile fest liiert mit einer Speditionskauffrau zusammen und tobte mit ihr seine wilden Fantasien aus. Durch Zufall hatten sich Andreas, der Lachsfänger und er an meinem Briefkasten getroffen in den Anton gerade die Einladung zu seiner Blitzhochzeit werfen wollte. Von dem Andreas erfuhr Anton dann, dass ich im Krankenhaus lag und besorgte sich von meinem Wohnungsnachbarn mit der behaarten Brust meinen Wohnungsschlüssel. So kanns gehen! Andreas kam dann eine Stunde später und versorgte mich mit Obst, einem stinkenden Blumenstrauß, für den er eine halbe Stunde auf der Station nach einer Vase herum rannte und meinem kuscheligen Frotteebademantel sowie Unterwäsche zum Wechseln. Ich lag entspannt und fast schmerzfrei in meinem Bett und genoss es, betüddelt zu werden. Ich fühlte mich glücklich und zufrieden. Meine aggressiven Phasen hatte ich trotzdem. Zumal dann, wenn das Wort Bettpfanne fiel. Obwohl es mir besser ging und die Therapie anschlug, war mir strengste Bettruhe verordnet. Ich zögerte es raus, solange es ging! Die Pfanne, Steckbecken heißt es übrigens richtig, musste ich mir bringen lassen und wenn Frau groß machen musste, war es halt auf der Pfanne genau das Gleiche wie beim Pieschern. Und um alles andere kümmerte sich dann das Personal. Konntest die auch rausschicken, wenn es dich störte, wenn die daneben standen. Aber irgendwann war dir das so was von scheißegal! Nach zehn Tagen war ich wieder draußen. Als erstes hatte ich Lust auf eine Pizza mit Anchovis, Peperoni, Ananas und doppelt Käse überbacken. Ich machte grundsätzlich einen Menschen nicht an seinen Essgewohnheiten fest. Es reichte mir, wenn jemand anfing nachzudenken, wenn sich vor ihm auf dem Teller noch was bewegte! ![]() Sein Smart und andere Verrücktheiten Am nächsten Morgen stand der Lachsfänger Andreas mit frischen Brötchen und leckerem Aufschnitt in der Tür. So was war ich ja nun seit Ewigkeiten gar nicht mehr gewohn! Wir tauschten unsere Erfahrungsberichte über unseren Begegnungsbedarf des letzten Jahres aus und kamen gemeinsam zu der Überzeugung, dass Schubladendenkerinnen und Sackhüpfer auf beiden Seiten nichts anderes machten, als ein Abgleichen ihrer eigenen Erwartungen. Mir fiel auf, dass meine Error-Liste genauso lang war wie die von Andreas. Er arbeitete übrigens - welch Zufall - in einer Werbeagentur am Rödingsmarkt und kam ursprünglich aus Wanne-Eickel. Elke Heidenreich kam mir in den Sinn. Heißen in Wanne nicht alle Else?, fragte ich stirnrunzelnd und zwinkerte ihn dabei an. Ja, ja, Scarlett, griente Andreas zurück. Und Stratmann mit Nachnamen. So hechelten wir bis zum Mittagessen alle pointierten Kommentare der Metzgersgattin durch, die unsere Jugend begleitet hatten. Wir kamen überein, dass wir beide einen gewaltigen Riss im Hirn hatten, wogegen der St. Andreasgraben nur eine Furche war. Kurze dunkle Haare zierten sein schönes lebendiges Gesicht, in dem vorwitzige Augen frech in die Welt lugten. Ein silberner Ohrring blitzte in seinem linken Ohr. Ich klärte Andreas schnell darüber auf, dass eine Löwefrau ein Luxusartikel ist. Wenn wir ausgingen achtete er eifersüchtig darauf, dass ich keinen anderen Mann länger als drei Sekunden anschaute. Wir wanderten gemeinsam zur Hochzeit von Anton und seiner Speditionskauffrau. War immerhin besser als quasi als einzige Singlefrau von fast Ende Dreißig an einem Tisch mit lauter Ehepaaren zu sitzen und sich über Kindererziehung zu unterhalten. So hatte Frau wenigstens eine vorzeigbare Begleitung und war keinen dummen Fragespielen ausgesetzt, warum man denn immer noch keinen abgekriegt hatte. Wir erkundeten mit immer neuen Verrücktheiten die Abendglitzerstadt und er zeigte mir Ecken von Hamburg, die ich als gebürtige Berlinerin noch nie gesehen hatte. Zwischendurch moderierte er eine Info-Sendung auf dem offenen Kanal über alles, was Frauen Spaß macht. Ich kaufte mir daraufhin sofort ein TV-Gerät, das auf das Format 16:9 konzipiert war! Krönung dieser Beziehung waren zwei Geschäftskontakte, die wir gemeinsam über unsere Werbeagenturen abwickelten und die eine Menge Kohle einbrachten. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir noch nicht miteinander geschlafen und höchstens mal einen flüchtigen Wangenkuss zum Abschied getauscht. Ein bisschen war es wie eine dieser Bussi-Bussi-Geschichten, die man aus der oberflächlichen Branche her kannte. Obwohl, an dem Lachsfänger war nichts nur Oberfläche. Ich fuhr mit ihm sogar zu IKEA. Und das tat ich normalerweise nur für meine Freundin Jana. Wir probierten die Variante Lassie im Hochbett Tromsö aus, aber nicht, ohne vorher die Leiter abzumontieren. Die mitgebrachte Chipstüte ging dabei auch drauf, bis der Sicherheitsdienst uns mit einer Ersatzleiter aus der heilen Schweden-Landschaft wieder heraus sezierte. Der Zweimeterelch packte mich am Oberarm und wollte mich abführen. Hehe, sagte ich, An meine Haut lasse ich nur Wasser und CD! Wer ist CD? fragte der Elch. Ich schaute Andreas lachend an. Der klopfte sich prustend auf die Schenkel und stammelte: Gut gebrüllt... Löwin! Muss nicht erwähnen, dass wir danach Hausverbot hatten? Für mich war es eine Auszeichnung! Konnte ich mich doch jetzt offiziell rausreden, wenn Jana noch mal auf die irrwitzige Idee kam, bei IKEA frühstücken zu wollen. Alles lief wunderbar. Wie schon so oft in meinem Leben. Ein intelligenter, witziger Mann an meiner Seite mit liebenswerten kleinen Macken. Andreas aß genauso verteufelt gerne bunte Smarties wie ich. Er war einer, der mich nicht mit seiner Nähe übermannte und in mir die wilde Irre akzeptierte. Ich brauchte meine Freiheiten und war gelegentlich unleidlich und verletzend. Mein Zynismus war das Adrenalin meiner Lebenssubstanz. Hing mit meiner Ausbildung zusammen und vor allem mit der degenerierten Werbebranche. Tat gut, einen Gleichgesinnten am Frühstückstisch sitzen zu haben! Wir fuhren regelmäßig mit seinem Smart zum Einkaufen bei Penny. Andreas hatte die Werbebotschaft "Erstmal zu Penny!" voll verinnerlicht. Sein Auto nicht. Vor allem, wenn ein Typ von 188 cm auch noch mit eingepackt werden musste. Er hatte eine üble Macke mit dem Auto. Warum fährst du dieses rote Ei?, wollte ich wissen. Würdest Du nicht auch gerne überall einen Parkplatz finden, Scarlett?, antwortete er mit einer Gegenfrage, die so plakativ wirkte, dass sie aus einer Frauenzeitschrift hätte stammen können. Es gab keinen Mann, der so schlecht einparken konnte, wie Andreas. Ich finde überall einen Parkplatz!, antwortete ich schmunzelnd. Er buffte mir mit dem Ellenbogen in die Seite. Ich begleitete Andreas sogar zum Smart-Treffen nach Bochum! Neben uns parkte eine knöcherne Blondine, die jede Menge Platz in ihrem Smart hatte. Dafür aber auch kein Fettgewebe. Sie erinnerte mich irgendwie an Ally McBeal. Durch geknallt waren sie alle mit ihren Renn-Smarts, aber unterschieden sich auch nicht wirklich von einer Cabrio-Fahrerin wie mir. Mein VW Käfer Cabriolet von `70 in Silber war schließlich meine Macke. Weitere Leseproben
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