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Leseprobe 3: Heiligabendüberraschung

BARTSTOPPELKÜSSE

Rena Larf
Roman / Romance

Oldigor Verlag

Taschenbuch
ISBN: 978-3-943697-77

Aug. 2013, 7.99 EUR
auch als eBook erhältlich

Heiligabendüberraschung


Schummrige Weihnachtsbeleuchtung, Glühweinduft in der Luft, Drehorgelgedudel vom Kiez und überall wimmelte es von Menschen. Heute war Heilig Abend!
Ich war schon ganz schön aufgeregt. Dem X-Man hatte ich einen Brief geschrieben. Ob wohl etwas von dem Aufgeschriebenen dabei sein würde? Ich hatte nur ganze fünf Minuten gebraucht, um meinen Wunschzettel zu verfassen: Frieden für die Welt, ein Sonderposten Prosecco, dass meine Freundin Jana es aus Berlin noch hierher schaffte, dass mein Nachbar mit dem Goldkettchen auf der Brust sein Liebchen raus schmiss und sich für mich entschied. Ich war ja ein bisschen spät dran gewesen mit wünschen!
Selbst gemachte Frikadellen und Kartoffelsalat mit Ei und Gurke im Hartplastikbecher vom Edeka warteten auf die Vernichtung.
Am Eingang des Geschäftes hatte ein Rentier mit roter Nase und goldenem Schlitten gestanden. Ich glaube, es hieß Rudolph.
Eigentlich wäre ich dieser abscheulichen Massenpsychose lieber ausgewichen, aber ich hatte nach Erwin so eine sentimentale Phase! Vormittags waren tatsächlich auch zwei Stücke Weihnachtspost in meinem ansonsten gähnend leeren Briefkasten gelandet. Eine Karte war von Anton und seiner Speditionskauffrau und kam von den Weihnachtsinseln. Wie geschmackvoll! Sie teilten mir freudestrahlend von ihrem bevorstehenden Nachwuchs mit.
Ein Brief war von Tom. Ich dachte erst, dass unser unterbelichteter Postbote mal wieder den Briefkasten verwechselt hatte, als ich las: „Hallo Scarlett, ich wünsche dir schöne Weihnachten. Habe oft an dich gedacht. Wie geht es dir? Ich bin am 5.1. in Hamburg, geschäftlich. Ich würde dich gerne wieder sehen, ma Petite. Dein Tom.“ Punkt.
Ein Bildchen war dabei. Von ihm.
Ich starrte auf den Inhalt der Klappkarte. Eine von denen, die man bei Aldi für 0,99 Cent bekommt, war es nicht. Die Buchstaben verschwammen vor meinen Augen, wurden größer, dann wieder kleiner. Dann sah ich auf sein Bild.
Er hatte nach wie vor dunkle Haare, an manchen Stellen leicht ergraut. Neue Augengläser mit einem zarten, seriösen Silberrand. Schon damals hatte er Wert auf ein edles Brillendesign gelegt, weil es sein Gesicht und insbesondere seine dunklen Augen betonte.
Sein Lieblingssatz war immer gewesen: „Augen sind der Spiegel der Seele!“
Ich hatte erleben müssen, dass er gar keine besaß.
Seine rechte Augenbraue hatte immer noch diesen leichten Aufwärtsschwung. Eine kleine Bewegung von ihr hatte ausgereicht, um mich in Ekstase zu versetzen. Die wirklich gut aussehenden Frauen waren aus wundersamen Gründen immer in seiner Nähe gewesen. Ich glaube, einer dieser Gründe war das Heben dieser Braue. Halb fragend, halb herausfordernd bewegte sie sich fünf Millimeter Richtung Schläfe und zog seine Mundwinkel mit hoch zu diesem süffisanten Grinsen, das Frauen verrückt machte.
Das Bild war im Büro aufgenommen, ganz bestimmt.
In dem Büro, von dem aus er damals lange Telefonkonferenzen mit mir führte. Natürlich hatte er vorher seine persönliche Assistentin in die Poststelle oder sogar nach Hause geschickt.
Manchmal war er auch unterwegs gewesen und hielt irgendwo auf einem Marktplatz oder am Straßenrand, öffnete das Sonnendach seines Wagens und beschrieb mir den Himmel durch den Hörer. Er teilte seine Welt mit mir. Bis wohin, bestimmte er. Durch seine Augen sah ich leuchtende Raps- und Sonnenblumenfelder, die Golden Gate Bridge im kalifornischen Sonnenuntergang oder die Korallenriffe in den Tauchgründen der Malediven, die er mit seinem Sohn aus erster Ehe eroberte. Ohne mich.
Die gelbe Krawatte, die er jetzt auf dem Bild trug, verwandelte sich vor meinen Augen in einen Pfeil, der direkt nach unten wies, in die Hölle.

...Ich bin am 5.1. in Hamburg, geschäftlich. Ich würde dich gerne wieder sehen, ma Petite...


Was bildete sich dieser verdammte Kerl eigentlich ein?
Das letzte Mal als ich ihn sah, standen wir an seinem Wagen und er verabschiedete sich mit einem leidenschaftlichen Kuss von mir.
„Ich liebe dich, ma Petite“, waren seine Worte und der Blickkontakt schien nicht enden zu wollen. „Anfang Juli bin ich wieder da!“ Ich glitt in seine Umarmung wie in einen Mantel. Meine Kleine, ja...so nannte er mich immer, obwohl ich größer war als er, wenn ich Pumps trug. Frau konnte eben nicht alles haben! Tom hatte französische Vorfahren und sein Repertoire war beachtlich, machte ihn charmant und kultiviert.
Obwohl wir uns in meiner Wohnung hätten treffen können, bestand er immer darauf mich in ein Hotel zu entführen. Denn Tom war noch verheiratet und lebte mit seinem Ehegespinst in Mainz. So liebten wir uns wiederholt im elegantesten Hamburger 4-Sterne-Hotel in einer Suite, in der wir mit unseren Leibern im eierschalenfarbenen Teppich versanken.
Er entführte mich in exklusive Restaurants, spielte mit seinen gepflegten Händen an meinen Schenkeln und flüsterte mir über den Tisch zu: „Ich bin verrückt nach dir!“. Schon damals versuchte ich meinem Ruf als kokette Verführerin gerecht zu werden. Denn für ihn hatte ich Verzicht gewählt, was die Verhüllung meiner Scham anging. Nur ein extravaganter Perlenstring suchte sich den reizvollen Weg über meine Klitoris und lud ihn ein, die Serviette fallen zu lassen um ihm einen lüsternen Verrat meiner Körperlichkeit zu gewähren.
Wie hatte er damals gebettelt, dass ich ihm meinen Slip zukommen ließe. Ich hatte mich geweigert. Es ging schließlich um locken und erlegen. Stattdessen hatte er mich dazu überredet, einen Finger mit mir zu befeuchten, so dass er anschließend erst einmal mit einem scheinbar galanten Handkuss mein Aroma in seiner Nase hatte, um dann unauffällig an meinem Finger zu lecken.
„Ich liebe Dich, ma Petite!“ Ja…
Und dann fuhr er zurück in den Süden der Republik und ich sah ihn nie wieder. Vier Wochen später, Anfang Juli, kam er nicht, sondern schickte mir per Email das Ende unserer Liebe und erklärte, dass er eine attraktive Frau mit Kind kennen gelernt hatte und mit ihr aus beruflichen Gründen in die Nähe von Düsseldorf ziehen würde.
Er hatte mich stehen lassen, mich, Scarlett, für eine aus Düsseldorf! Durch diese Strategie der Doppelgleisigkeit hatte er mich meiner Einzigartigkeit und Einmaligkeit beraubt. Und jetzt schrieb dieser Idiot eine Weihnachtskarte und packte noch so ein olles Bild von sich dazu!
Tom war schon immer ein Nomade gewesen. Ich hatte gewusst, dass es nicht für ewig war. Aber es doch gehofft.
Beruflich war er mehr in der Schweiz als in Deutschland daheim. London war seine zweite Heimat und in München hatte er sogar eine Eigentumswohnung für die Durchreise, wohin auch immer.
Vielleicht zu mir, nach Hamburg.
Oder zu ihr, nach Düsseldorf.
Es war einfach so, dass er sich irgendwann entliebt hatte, es erst selbst nicht wahrhaben wollte und dann nach Gründen suchte, um Schluss machen zu können. Aber er hätte sagen können, dass ich ihm die falsche Krawatte gekauft, ihn im Restaurant blamiert hatte oder dass wir
einfach nicht zusammen passten, aus verschiedenen Welten kamen.
Aber nein, er setzte mir innerhalb von dreißig Tagen eine neue Liebe vor die Nase, die er in allen Einzelheiten beschrieb. Schlank war sie, attraktiv, beruflich erfolgreich und allein erziehend.
Nun war Weihnachten. Dreieinhalb Jahre später.
Dieser verdammte Hund! Er hatte ein gutes Händchen für effektvolles Timing.
Ich ging in die Küche und holte mir ein Glas Wasser. Draußen auf meinem Balkon fing es an zu schneien. Ich schluckte. Der Schmerz war immer noch da...

Weiß der Henker, wie er an meine Adresse gekommen war. Aber nun ja, ich war im Internet mit meinem Impressum für das Tonstudio vertreten.
Ich sollte sie einfach zerreißen, diese dusseligen Weihnachtsgrüße. Mit einem Ritschratsch war doch alles weg! Wahrscheinlich war er sentimental geworden und hatte allen seinen Verflossenen denselben Müll geschickt. Denn heute war ich mir sicher, dass die Düsseldorferin und ich nicht seine einzigen Affären gewesen waren. Männer sind eben per se nicht monogam.
Aber ich konnte die Karte und sein Bild nicht zerreißen. In meinem Kopf rotierten Bilder, purzelten Gedanken durcheinander. Ich hatte ihn ganz verdrängt, er war nicht mehr da gewesen. Und nun reichte eine einzige Karte aus, um meinen Herzschlag in die Schläfen springen zu lassen.
Verdammt... verdammt, verdammt!!
War ich bescheuert? Es war alles so lange her. Wer weiß, was in der Zwischenzeit geschehen war. Vermutlich war seine Beziehung zu dieser Düsseldorferin in die Brüche gegangen und er hatte meinen Namen in seinem dusseligen Handheld wieder gefunden.
Ich hatte nichts von ihm aufbewahrt. Keine seiner Nummern, weder seine Firmenanschrift noch seine GMX-Adresse. Kein Bild, keine Mail, kein Geschenk, nicht einmal die gepresste Lilie hatte ich zwischen den Seiten von Verdammt in alle Ewigkeit geduldet.
Und nun schrieb er, dass er in der Vergangenheit so oft an mich gedacht hatte, wie es mir wohl ging und so.
Und so…
Was sollte das alles? Wie es mir ergangen war. Konnte er überhaupt begreifen, dass ich eine Zeit lang tot war? Gedemütigt hatte er mich und nun schrieb er mit einer nicht zu überbietenden Nonchalance von seinen Gedanken an mich. Erinnerungen kamen mir hoch...

...wir mussten lachen.
Wir standen einfach da in dieser verrückten Nacht, sahen durch das geschlossene Gitter des zugigen Parkhauses und lachten. Neben uns stand eine Frau mit einem quengelnden Kind und sprach aufgeregt: „Was tun wir denn jetzt? Ich muss doch nach Hause?“
„Mama, ich bin müde und ich habe Durst!“
Das Mädchen fing an zu weinen und wir lachten.
Ich fiel Tom um den Hals und unsere Körper, unsere Bäuche wackelten, meine Tränen liefen auf seinen Hemdkragen.
„Tom, hör auf…“, sagte ich keuchend. „Du musst doch auch irgendwie an dein Auto ran. Du musst morgen früh in Frankfurt sein.“
Er funkelte mich an mit diesem Blick, der mich verrückt machte und zuckte leichtsinnig mit den Schultern.
„Dann muss ich hier sitzen bleiben, bis jemand kommt und aufschließt. Ach, schau mal, da ist eine Notfallnummer.“
Das Mädchen fing doller an zu weinen und Tom zückte sein Handy. In dem Moment kam ein Mann mit einer Kunststoffkarte in der Hand aus Richtung der Bürohäuser und rettete uns.
Das Gitter rollte hoch und wir rannten lachend hinein, um den Wagen zu holen.
„Also, eins ist sicher, ma Petite, solche Sachen passieren mir immer nur mit dir. Was zum Teufel ist denn das für ein Parkhaus hier?“
Tom lachte und küsste mich. „Das Erlebnis werde ich nicht so schnell vergessen.“...


Ach nein, war es ihm wieder eingefallen? Wie oft hatte er in den letzten drei Jahren daran gedacht? An all die Augenblicke, in denen wir gelacht oder uns geküsst hatten. Die Fahrten vorbei an Alleebäumen, in denen wir schweigend nebeneinander saßen, weil der Abschied nahte. Oder die Stunde, die er im Hauptbahnhof oben auf der Galerie stehen geblieben war und auf die Schienen gestarrt hatte, obwohl ich schon längst weg war. Das war das erste Mal gewesen, dass er mir gesagt hatte, dass er mich liebt.
Ich konnte diese Gedanken nicht mehr ertragen.
Alles war wieder wie früher. Er wollte einfach da weiter machen, wo er aufgehört hatte.
Aber ich wollte keine Vorwürfe mehr in mir tragen, wollte frei von ihm sein, von unserer Zeit, wollte das schöne Jahr in guter Erinnerung behalten und nicht das Ende.
Ich sah auf die Karte, sah auf sein Bild.
Die schreiend gelbe Krawatte grinste mich höhnisch an.
Ein Mann ist, was er tut, eine Frau, was sie aus sich macht.
Ritschratsch!

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Leseprobe 1: Der Traummann
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