Snobs und andere Ärgernisse
Nach Linda müsste ich eigentlich klüger sein. Aber als ich Biggi kennen lerne, läutet keine Alarmglocke in mir. Sie ist eine dynamische, gebräunte Geschäftsfrau. Schlank, blond und erfolgreich. Ausgesucht höflich, nicht schön, aber mit Eleganz, durch die sie manchmal emotionslos wirkt. Ihr Mann, von Adel, im teuren Kaschmirmantel und mit Stuttgarter Nobelauto vor der Tür, ist der typische Lieblingsschwiegersohn und Vorzeige-Ehemann. Womöglich besitzt er sogar monogrammbestickte Socken. Lässig trägt er seinen Edelmut zur Schau. Ein Mann wie aus einem Modejournal.
Formvollendet küsst er mir die Hand. Das ist mir schon lange nicht mehr passiert.
Biggi und er hätten das Traumpaar schlechthin sein können. Doch in beiden ist so wenig Leben wie in zwei ausgestopften Papageien. Ich bin überzeugt, dass sie sogar beim Liebesspiel stumm wie die Fische im Wasser sind. Brüllend laute Orgasmen sind sicher nicht ihr Stil. Eher Liebe im Dunklen. Eine lautlose, einprogrammierte Sache. Dann nicht die Zigarette danach, sondern ein Schluck Dom Perignon.
Mit Biggi essen zu gehen ist kein Honigschlecken.
Sitzt der Rock auch richtig?
Schlage ich die Beine korrekt übereinander?
Liegt die Frisur auch noch perfekt?
Das sind die Fragen, die sie bewegen. Nicht die Dürrekatastrophen der Dritten Welt oder für sie ähnlich Belangloses. Biggi sieht das Leben nur von der Schokoladenseite. Mit weniger gibt sie sich nicht zufrieden. Danach sucht sie auch das Restaurant aus. Natürlich gibt es Nouvelle Cuisine. Ich brauche als Nachtisch nach diesem Treffen eine Portion von Jojos frischem Humor. Begebe mich auf dem schnellsten Weg zu ihm. Doch er ist in Revoluzzerlaune, als er hört, mit wem ich essen war.
Diese eitlen Fatzken! Die und ihre hochherrschaftlichen Stammbäume, faucht er ungnädig. Alles sonnengebräunte Müßiggänger.
Ich verstehe die Aufregung nicht. Reg` dich nicht künstlich auf, beschwichtige ich ihn.
Ohne Erfolg. Reichtum schenkt niemals so viel Zufriedenheit wie menschliche Kontakte, wütet er weiter.
Kontakte haben sie genug, halte ich halbherzig entgegen.
Aber nur in einem elitären Kreis. Wie langweilig. Jojo zieht eine Grimasse.
So langweilig sind Cocktailpartys und Empfänge sicher nicht, werfe ich ein. Bin aber innerlich vom Gegenteil überzeugt. Wenn ich ehrlich bin, weiß ich es sogar.
Aber steif. Jojo schüttelt sich bei der Vorstellung. Die Creme der Gesellschaft gibt sich die Ehre. Auf mich würden sie herabsehen. Er äfft perfekt Biggis hohe Stimme nach. Dein Freund Jojo hält ein Chateau-Briand sicher für ein französisches Schloss, Honey. Jojo hasst es geradezu, wenn sie mich Honey nennt.
Ich mag diese nervtötende Angewohnheit auch nicht. Zumal es nicht zutreffend ist. Ich bin nicht unbedingt der Honigtyp. Wenn ich schon nach Geschmacksrichtungen benannt werden sollte, gehöre ich eindeutig mehr in die Pampelmusenabteilung.
Jojo unterbricht meinen Gedankengang. Für deine Freunde er betont das Wort, als ob es sich um ein schleichendes Gift handele bin ich jemand, der nicht in das Gesellschaftsregister passt. Er landet damit einen weiteren Treffer.
Ja, pflichte ich ihm bei. Sie tragen ihren Hochmut oft wie einen Orden zur Schau.
Heute ist wohl der Tag der Wahrheit.
Und warum triffst du dich dann immer wieder mit ihnen? Du bist doch ein aufgewecktes Mädchen ... Wenn Jojo so anfängt, kommt es dicke. Warum verkehrst du mit Leuten, die sich selbst Spinat durch Fleurop schicken lassen?
Jojos Humor ist für heute verloren. Da kann ich nichts machen. Aber die Vorstellung des Fleurop-Boten, der Biggi Spinat liefert, hat etwas.
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