Tom Coraghessan Boyle: World's End (Roman) |
Tom Coraghessan Boyle: World's End |
Inhaltsangabe:Der von Heringsfischern abstammende Niederländer Harmanus Jochem Van Brunt trifft im März 1663 mit seiner Ehefrau Agatha, der 15-jährigen Tochter Katrinchee und den 13 bzw. 9 Jahre alten Söhnen Jeremias und Wouter auf dem Schoner "De Vergulde Bever" in Nieuw Amsterdam ein. Die Kosten für die Überfahrt bezahlte Oloffe Stephanus Van Wart, der Sohn eines Bierbrauers in Haarlem. Als Gegenleistung hat sich die Familie Van Brunt verpflichtet, lebenslang den Van Warts auf deren Grundbesitz in der Nähe des Handelspostens von Jan Pieterse an der Mündung des Acquasinnick Creek zu dienen, einem Stück Land, das zuvor dem indigenen Stamm der Kitchawanken gehörte. Dort erwartete sie eine roh gezimmerte, strohgedeckte Holzhütte. Der Gutsherr, der alte Van Wart, gab ihnen eine Axt, einen Pflug, ein halbes Dutzend krätzige Hühner, einen kachektischen Ochsen, zwei Kühe, die nur noch tropfenweise Milch gaben, und ein Sortiment von ausrangierten, verbeulten und verbogenen Küchengeräten. Als Lohn für seine Investition erwartete er fünfhundert Gulden Pacht, zwei Klafter Holz (gespalten, angeliefert und sorgsam in dem höhlenartigen Schuppen beim oberen Gutshaus aufgestapelt), zwei Scheffel Weizen, zwei Hennen und zwei Hähne und zwanzig Pfund Butter. Fällig und zahlbar in sechs Monaten. Als Jeremias seinem Vater bei der Arbeit hilft, wird er von einer Gemeinen Schnappschildkröte (Chelydra serpentina) in den rechten Fuß gebissen.
Bis Harmanus mit der Axt herbeigerannt war, hatte sich das Wasser blutrot verfärbt, und er musste knietief hineinwaten, um den bösen, verhornten, vorsintflutlichen Kopf der Bestie zu treffen und ihn direkt vor dem Panzer abzuhacken. Der Kopf blieb am Knöchel. Der Rest des Wesens, mit immer noch schlagenden Klauen, glitt in die Brühe zurück.
Weil der Junge an den Folgen der Infektion zu sterben droht, sägt ihm der Vater am siebten Tag den verletzten Fuß mit einer Zugsäge ab und rettet ihm dadurch das Leben. Harmanus Jochem Van Brunt selbst stirbt jedoch kurz darauf. In den kommenden Wochen sprang das ganze Dorf ein. Reinier Oothouse half bei der Zimmermannsarbeit, Hackaliah Crane kam mit seinen Leuten vorbei, Oom Egthuysen verlieh zeitweilig eine Milchkuh, die eigentlich dem patroon gehörte, und Meintje veranstaltete eine Sammlung unter den huisvrouwen, um ein paar Teller und Tassen, Bettzeug und Töpfe zusammenzusuchen. Sogar Jan Pieterse beteiligte sich an der Sache. Als der Patron davon erfährt, schickt er den Schultheiß. Vergeblich weist Joost Cats die Geschwister zurecht.
"Scheiß auf den Privatbesitz", sagte Jeremias. Der Schultheiß verletzt den Aufmüpfigen mit dem Degen im Gesicht, aber der Patron setzt Jeremias als Pächter ein, obwohl sein einziger Sohn Stephanus Oloffe Rombout Van Wart, der kürzlich seinen Abschluss an der Universität Leyden machte, dagegen protestiert. "Ich achte Euer gutes Herz, vader", sagte er, "und ich stimme darin überein, dass es uns zum Nutzen gereichte, auf Nysen's Roost einen Pächter einzusetzen, aber ist dies der Mann – oder vielmehr der Bursche –, dem wir diese Aufgabe anvertrauen sollten? Hat er sich denn nicht schon als Verbrecher erwiesen, der keinen Respekt vor dem Gesetz hat, als degenerierter Nachfahr eines degenerierten Vaters?"
Schließlich heiratet Jeremias Van Brunt die zwei Jahre jüngere Tochter des Schultheißen: Neeltje Cats. Bei der Geburt des ersten ihrer sechs Kinder ist Neeltje erst 16 Jahre alt. Der Junge bekommt den Namen Wouter. "[...] verlangt er von jedem Pächter, mit seinem Ochsengespann fünf Tage lang für ihn zu arbeiten – er will die Straße von Jan Pieterses Laden zum oberen Gutshaus erweitern und dann bis zu den neuen Höfen bei Crom’s Pond verlängern. Eines Tages wird hier einmal eine Postkutsche verkehren, und mijnheer will sichergehen, dass sie auch bei ihm hält."
Für Jeremias kommt das nicht in Frage. "Scheiß auf den patroon!", faucht er. Joost Cats war der schout gewesen, solange sich irgendjemand erinnern konnte, und ihn einfach so abzusetzen – das war unerhört, schlechthin unmöglich. Der Patron ernennt Aelbregt van den Post zum Nachfolger und beauftragt ihn, den elfjährigen Wouter Van Brunt und dessen Cousin Jeremy Mohonk einzusperren. Außerdem muss er nach Nysen's Roost reiten und Wouters Vater über die Kündigung des Pachtvertrags in Kenntnis setzen. Neeltje fleht den Gutsherrn um Gnade an: "Mijnheer, bitte, die Farm ist alles, was wir haben, wir sind immer gute Pächter gewesen, und wir haben die Äcker für Euch auf das mehr als Zehnfache vergrößert – erst dieses Frühjahr haben wir einen ganzen Morgen Wald gerodet und Roggen als Viehfutter gesät, und Erbsen außerdem ..."
Aber Stephanus Van Wart lässt sie nicht ausreden und zeigt kein Mitgefühl. Er lässt eigens einen Pranger zimmern. Bevor Jeremy dort festgesetzt werden kann, rennt er davon. Wouter gelingt es jedoch nicht, sich zu befreien. "Ich will verdammt sein", sagte Wouter, und er ahnte nicht, als wie prophetisch sich diese Redewendung erweisen sollte.
Die drei Betroffenen gehen zum oberen Gutshaus. Sie werfen Bleiglasfenster ein. Rombout Van Wart, der 21 Jahre alte Sohn des Patrons, stürmt heraus, kann aber nicht verhindern, dass Wouter den Heuboden in der Scheune in Brand setzt. "Es war der Halbindianer", sagte er. "Er hat die Scheune angezündet, er ist es gewesen. Und Cadwallader auch. Sie haben mich zum Mitmachen gezwungen." Um selbst am Leben zu bleiben, verrät er die beiden anderen, mit denen er sich bis dahin in einer Höhle versteckte. Am 1. Januar 1694 lässt der Patron sie hinrichten.
Was Jeremy Mohonk und Cadwallader Crane anging, so waren sie des Hochverrats und der bewaffneten Auflehnung gegen die Amtsgewalt der Krone überführt (wobei der Ziegelstein für Stephanus’ Zwecke eine potentiell todbringende Waffe darstellte – todbringend jedenfalls für herrschaftliche Fensterscheiben). Das Urteil lautete wie folgt: "Wir verfügen, dass die Häftlinge auf eine Flechthürde gebunden zum Richtplatze geschleift werden sollen, um am Galgen gehenkt zu werden, und darauf soll man sie noch lebend wieder abnehmen und ihnen die Eingeweide als auch Geschlechtsteile aus dem Leib schneiden, welche vor ihren Augen zu verbrennen sind, sodann soll man sie enthaupten und vierteilen, worauf sie nach des Königs Gutdünken zu beseitigen sind."
Wouter Van Brunt wird ausgepeitscht, am Hals mit dem Brandmal des Gesetzlosen gezeichnet und für immer von den Ländereien der Van Warts verbannt. Der vom Gericht bestellte Pflichtverteidiger war mit Rombout zur Schule gegangen. Der Sheriff, der Gerichtsschreiber, der Staatsanwalt und der Assistent des Staatsanwalts waren ebenfalls mit Rombout zur Schule gegangen. Der Richter war mit Rombouts Vater zur Schule gegangen [...] Die Geschworenen, von denen acht mit Rombout zur Schule gegangen waren, zogen sich für fünf Minuten zurück. Ihr Spruch lautete: schuldig im Sinne der Anklage.
Der Richter verurteilt Jeremy Mohonk zu 20 Jahren im Sing Sing genannten Gefängnis in Ossining außerhalb von New York City. "Niemals kommt ihr hier weg! Jedes Niggerschwein machen wir kalt! Und jede Judensau auch!"
Truman Van Brunt soll die Polizei alarmieren und Reporter herbeirufen, aber stattdessen verschwindet er und lässt seine Frau mit dem dreijährigen Sohn Walter allein zurück. Christina magert aus Kummer ab und stirbt an den Folgen der Unterernährung. Walter wird von Hesh und Lola, linksgerichteten Freunden seiner Eltern, aufgenommen. An dieser Stelle ergab sich im Jahre 1693 Cadwallader Crane, Anführer eines bewaffneten Aufstands auf dem Gut der Van Warts, den Behörden. Er wurde 1694 zusammen mit seinem Mitverschwörer Jeremy Mohonk auf dem Galgenhügel von Van Wartville gehenkt.
Aus der Zeitung erfährt Depeyster Van Wart, der zwölfte Erbe des Landsitzes Van Wart Manor oben auf Van Wart Ridge am Rand von Peterskill, von dem Unfall. Der 51-jährige Terraphage ist Unternehmer, aber er weiß selbst, dass er im Büro unnütz herumsitzt, weil Depeyster Manufacturing von fähigen Mitarbeitern am Laufen gehalten wird. Seit 23 Jahren ist er verheiratet. Joanna und er haben eine Tochter: Mardi, die vor ein paar Wochen das College abgeschlossen hat.
"Deine Mutter, meine ich", sagte er, während er sich mit dem Ärmel den Mund abwischte. "Das war schon eine. Du wirst dich nicht so recht an sie erinnern, aber sie war so – wie soll man sagen? – ernsthaft, weißt du. Idealistisch. Sie hat tatsächlich diesen ganzen Bolschewistendreck geglaubt, sie dachte wirklich, Russland wär das Arbeiterparadies." Truman Van Brunt und Depeyster Van Wart lernten sich während des Zweiten Weltkriegs beim militärischen Abschirmdienst in England kennen und freundeten sich an. Nach dem Militär verloren sie sich aus den Augen. Truman war vielleicht zwei Jahre mit Christina Alving verheiratet, als er Depeyster wiedersah. Der Freund, der beim Geheimdienst geblieben war, hatte es darauf angelegt, denn Truman sollte über Christina und deren linke Parteifreunde berichten. Er tat es, ohne Geld zu nehmen, weil er überzeugt war, das Richtige zu tun.
"Du bist ein dreckiges Schwein", sagte Walter.
Aufgebracht reist Walter nach zwei Tagen wieder ab. "Wenn ich zwanzig Jahre jünger wäre", sagte Depeyster und sah wiederum Walter an.
Als Mardi nach Hause kommt, fragt sie Walter, wie es in Alaska gewesen sei. Aber auf einen langen Bericht legt sie keinen Wert. Sie geht gleich wieder, und zwar zum Festzelt in Garrison. Er stand ganz allein. Er war hart, seelenlos und frei. Er war Meursault, der den Araber erschoss. Er konnte alles tun, alles, was er wollte.
Plötzlich ist ihm klar, was Depeyster Van Wart von ihm erwartet und was er zu tun hat. Er geht zur "Arcadia". Der Hafen ist menschenleer. Walter löst die drei Leinen, mit denen die Segeljacht an Poldern vertäut ist und sieht sie hinaus auf den Fluss treiben. Walter hatte sich geopfert. Für ihn. Für Amerika. Um den dreckigen Juden und Atheisten, die seine Kindheit vergiftet und irgendwie dieses großartige, leidende Land in ihren Würgegriff bekommen hatten, einen Schlag zu versetzen.
Während Joanna Van Wart zwei Wochen später im Kreißsaal liegt, erhält ihr Ehemann einen Anruf der Immobilienmaklerin Marguerite Mott. Sie hat eine freudige Überraschung für ihn: Er bekomme das von Kommunisten und deren Sympathisanten geschändete Grundstück, sagt sie. Damit meint sie das Land, das Peletiah Crane 1929 von Rombout Van Wart erworben hatte. Inzwischen hat Tom Crane es von seinem Großvater geerbt, und um die Schiffsreparatur bezahlen zu können, verkauft er es Depeyster Van Wart, der es schon lange darauf abgesehen hat. |
Buchbesprechung:
Die im heutigen Staat New York spielende Handlung, die Tom Coraghessan Boyle in seinem Roman "World's End" entwickelt, reicht vom 17. Jahrhundert bis in die Siebzigerjahre des 20. Jahrhunderts. Es ist die Geschichte der (fiktiven) niederländischen Einwandererfamilien Van Brunt und Van Wart, mit der nicht nur die der Cranes verknüpft ist,
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2017
Tom Coraghessan Boyle (Kurzbiografie / Bibliografie) |