Michael Haeser: Der Fuchs auf der Suche nach dem kleinen Prinzen (Fabeln) |
Michael Haeser: Der Fuchs
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Prolog. Der Fuchs wacht aufDer Fuchs, der sich vom kleinen Prinzen zähmen ließ und dessen Freund wurde, sitzt nachts vor seinem Bau und blickt hinauf zu den funkelnden Sternen. Irgendwo da oben ist jetzt der kleine Prinz bei seiner über alles geliebten Rose. Vor Sehnsucht nach dem kleinen Prinzen hält es der Fuchs zu Hause nicht mehr aus und er begibt sich auf Wanderschaft. Der Fuchs und das MädchenAm Ufer eines in der Abendsonne liegenden Teiches hört der Fuchs ein Mädchen schluchzen. Er setzt sich vor die Weinende hin und wartet geduldig, bis sie ihn bemerkt. Dann fragt er sie nach dem Grund ihres Kummers.
"Lass mich allein", sagte das Mädchen. Und nach einer kurzen Pause: "Und seit wann können Füchse sprechen?" Der Fuchs rät der Verzweifelten, die den Abschiedsbrief ihres Liebsten in der Hand hält, den Mann ohne Streit und Anklage gehen zu lassen. Dann werde er sich auch später an ihre Liebe erinnern. Sie aber könne auf dieser Erfahrung eine neue Liebe aufbauen. Der Fuchs und der alte Mann
Einige Zeit später gelangt der Fuchs zu einem abgelegenen Haus, das von einem einsamen alten Mann bewohnt wird. Seine Stube ist voll von Paketen. Der alte Mann, der gern andere beschenkt, hat für jeden seiner Freunde und Bekannten mit Bedacht etwas ausgesucht und eingepackt. Er ist traurig, weil niemand ihn besucht und er seine Pakete nicht übergeben kann. Die Leute glauben nicht an den Wert seiner unscheinbaren Geschenke; sie können nur etwas mit Dingen anfangen, deren Kaufpreis sie abschätzen können. Der Fuchs und die LiebeAuf einer bunten Wiese singt und tanzt ein fröhliches Mädchen. Es ist die Liebe. Ein wenig hochmütig behauptet sie, dass es für die Menschen ein besonderer Tag sei, wenn sie ihnen begegnet. Der Fuchs ist da nicht so sicher. "Ja, du machst, kommst und gehst, wann du willst. Das habe ich schon beobachten können. Aber bist du auch da, wenn du gebraucht wirst?" (Seite 43) Die Liebe lässt diese Kritik nicht gelten; sie könne nicht überall sein, meint sie. Das sieht auch der Fuchs ein, aber bevor er weiterwandert, bittet er die Liebe noch darum, in Zukunft darauf zu achten, dass ihr nicht der Hass folgt, wie es häufig der Fall ist. Der Fuchs und die Brücke
Inzwischen ist der Fuchs bereits monatelang unterwegs. In den Bergen kommt er zu einer Hängebrücke, die eine Schlucht überspannt. Sie fordert ihn auf, sie zu betreten, aber der Fuchs argwöhnt, dass sie ihn nur in die Tiefe schleudern will und fragt sie rundheraus, warum sie böse und hinterlistig geworden sei. Sie schauten in den Abgrund und meinten, dass sie mir nicht trauten. Sie suchten nach anderen Wegen oder kehrten um [...] Sie wollten lieber in ihre Vergangenheit zurück, in ihre vertraute Welt, als einen scheinbar nicht sicheren Pfad zu gehen. Sie guckten nach unten, sie sahen die Gefahr. Aber sie sahen nicht geradeaus und sahen nicht auf das Ziel, das vor ihnen lag und zu dem ich sie sicher geführt hätte, wenn sie es nur gewagt hätten. (Seite 54f)
Zuerst war die Brücke traurig und enttäuscht, dann wurde sie zornig und begann, die Menschen zu hassen. Der Fuchs und die EinsamkeitDie unheimliche Gestalt der Einsamkeit rät dem Fuchs, seine Sehnsucht nicht auf ein einziges – noch dazu unerreichbares – Ziel wie den kleinen Prinzen zu richten. Der Fuchs und der UhuAuch der kluge Uhu, dem der Fuchs als nächstes begegnet, ist besorgt, weil dieser Liebe und Freundschaft nur mit dem kleinen Prinzen verbindet. Der kleine Prinz habe ihm zwar gezeigt, was es bedeutet, einen Freund zu haben und geliebt zu werden, aber jetzt laufe der Fuchs Gefahr, jemanden zu übersehen, der seiner Liebe und Freundschaft, Aufmerksamkeit und Zuneigung bedarf. Der Fuchs, die Jäger und die Frau
Unversehens gerät der Fuchs in eine Stadt. Da wird er gejagt. Er flüchtet in ein Haus und schlüpft in die Dachwohnung einer Frau, die ihn in der Wäschekammer vor den Jägern versteckt. Die Männer fragen barsch nach dem Fuchs und schimpfen grob mit ihr, aber sie verrät ihnen nichts. Der Fuchs und die MusikSchließlich begegnet der Fuchs noch der Musik. Die ist zwar eine fröhliche junge Dame, aber sie darf gar nicht daran denken, was die Jugendlichen in den Diskotheken unter "Musik" verstehen. Epilog. Der Fuchs schläft einGegen Ende des Jahres kehrt der Fuchs müde zu seinem Bau zurück und legt sich schlafen. Ihm fehlte zwar noch immer die Nähe seines Freundes, aber nun wusste er, dass er ohne die Begegnung mit dem kleinen Prinzen diese vielen Geschenke, Freundschaften, Liebe und Zuneigung nie erhalten hätte. (Seite 105) |
Buchbesprechung:
Schenken, Liebe und Freundschaft, der Mut, etwas aufzugeben und neue Wege zu gehen: Das sind Themen des beschaulichen Buches,
Die Kunst hat es nie direkt mit der Idee zu tun, sondern mit der Gestalt; die Idee, oft schwer definierbar und der Definition kaum bedürftig, steckt in der Gestalt, also im Konkreten. Von da aus teilt sie sich mit, sie braucht dem Aufnehmenden nicht einmal bewusst zu werden. Wer etwas sagen will, gerät leicht ins Abstrakte, Didaktische oder Tendenziöse. (Schreiben Werner Bergengruens an Dieter Wunderlich, Dezember 1963) Kunst ist das also nicht, aber vielleicht sollten wir in Michael Haeser so etwas wie den Mann in einer der Fabeln sehen, der mit Bedacht Geschenke für seine Freunde und Bekannten ausgesucht hat, nur dass es sich hier nicht um Gegenstände handelt, sondern um Erfahrungen, die ihm wichtig sind. |
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2005
Antoine de Saint-Exupéry: Der kleine Prinz |