Monika Maron: Animal triste (Roman) |
Monika Maron: Animal triste |
Inhaltsangabe: "Ist es dreißig oder fünfzig oder vierzig Jahre her?" Die Erzählerin, die zurückgezogen in ihrer Wohnung lebt ("Ich kümmere mich nicht mehr um die Welt und weiß darum nicht, in welcher Zeit sie gerade steckt"), versucht, sich wieder und wieder vor Augen zu führen, wie das damals war, als sie den einzigen Lebenssinn und -zweck durch ihren Geliebten erfuhr. Bis Franz eines Tages nicht mehr wiederkam. In der "seltsamen Zeit", wie die Ich-Erzählerin die Jahre der DDR nach dem Mauerbau nennt, arbeitet sie als Paläontologin in einem Ostberliner Naturkundemuseum. Ihre Ehrfurcht gilt einem Brachiosaurus. Unter dem Schatten seines Skeletts bahnt sich die Liebe mit Franz an. Der Hautflügelforscher (Schwerpunkt: Ameisen) stammt aus Ulm und wohnt jetzt, nach der Wiedervereinigung, in Berlin. Er ist verheiratet und muss um ½1 Uhr nachts die Wohnung seiner Geliebten verlassen, damit er um ein Uhr (pünktlich!) zu Hause ist -- er versäumt es auch nicht, im Auto eine Pfeife zu rauchen, um eventuelle Geruchsspuren der Liebesnacht zu überdecken. Vorsichtshalber hatte er seiner Geliebten schon das Parfum geschenkt, das auch seine Frau benutzt. Nach einem Ohnmachtsanfall, bei dem die Erzählerin den Tod vor Augen hatte, macht sie sich Gedanken, was sie versäumt hätte, wenn sie gestorben wäre. "Man kann im Leben nichts versäumen als die Liebe. Das war die Antwort, und ich muss sie, lange bevor ich den Satz endlich ausspreche, gekannt haben." Die bedingungslose Liebe beherrscht fortan ihr Leben und bewirkt eine grundsätzliche Wandlung ihres Ego. "Ich weiß noch nicht einmal, ob Liebe einbricht oder ausbricht. Manchmal glaube ich, sie bricht in uns ein wie ein anderes Wesen, das uns monatelang sogar jahrelang umlauert, bis wir irgendwann, von Erinnerungen oder Träumen heimgesucht, sehnsüchtig unsere Poren öffnen, durch die es in Sekunden eindringt und sich mit allem mischt, was unsere Haut umschließt." Dass sich die Stadt im Umbruch und Aufbau befindet, geht ebenso an ihr vorbei wie das Bewusstsein, dass sie sich von ihren früheren sozialen Kontakten isoliert hat. ![]() Ein anderer Satz, den sie aus ihrer Jugend erinnert: "...dich zu gewinnen oder umzukommen" (Kleist: Penthesilea), zieht sich wie ein roter Faden durch ihre zwanghafte Beziehung mit Franz. Die Paläontologin ("der Brachiosaurus, der Inbegriff des Maßlosen" und "der ausgestorbene Einzelgänger") und der Ameisenforscher ("die kleinen als Einzelexemplare lebensuntauglichen Ameisen, die erst als Volk einen vollkommenenen Organismus darstellen"): Wer gewinnt, wer kommt um? Der Leser erfährt es auf der letzten Seite. |
Buchbesprechung: |
Inhaltsangabe und Rezension: © Irene Wunderlich 2002
Monika Maron: Stille Zeile Sechs |