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Das Heile aufspüren unter dem Zerbrochenen

Köln ist eine Stadt der Kunst, keine Frage. Und getragen wird diese Kunst von Menschen. Der “Kölner Stadt-Anzeiger” stellt Künstlerinnen und Künstler vor, die in Köln leben und arbeiten.

 

“wo kam der streunende pitbull her? / tartar der straszen? skythe? / gelockt vom bluetenfarbenmeer / einer aldi-einkaufstuete!” An den Kampfhunden hat sich Stan Lafleur gewissermaßen festgebissen. Sie begleiten ihn fast ein Dichterleben lang, Paradethema einer Lyrik, die ihre Gegenstände auf der Straße aufliest und in feinsäuberliche Versform bringt, was wild wuchert in den Gassen und Gossen der Stadt. Lafleurs Moritat vom traurigen Ende eines Pitbulls etwa ist inspiriert von einer Schlagzeile der Boulevard presse : “Frau erwürgt Kampfhund mit Besenstiel.”
Kampfhundtexte wie diese sind idealer Stoff für Lafleurs Auftritte bei Poetry Slams - bierseligen Dichterwettstreiten in Bars und Kneipen, wo man auf einen groben Klotz einen groben Keil setzt. Oder man fliegt raus, in der ersten Runde. Bei solchen Slams konnte Lafleur, “die Blume”, sich einen Namen machen; mit mächtiger Stimme und rauchigem Timbre hat er manchen schmalbrüstigen Kontrahenten auf die Ränge verwiesen. Inzwischen kann man Lafleur aber auch lesen. Gerade erscheint sein dritter Gedichtband, “Neue Heimat”, das erste Buch, das bundesweit im Handel erhältlich ist. 

Bis hierhin war's ein langer Weg für Lafleur - mit Mitte dreißig kein ganz Junger mehr und doch außerhalb von Dichterkreisen wenig bekannt, trotz Brinkmann-Stipendium und Lyrik-Preis des Landes NRW. Dabei hat seine krude Mischung von Tradition und postindustrieller Schnipseltechnik eine ganz eigene Würze, einen Unterhaltungswert, auf den man auch ohne poetische Vorbildung anspringt: Lafleur schreibt fürs Gehörtwerden. Nebelmaschinen kommen in seinen Versen nicht vor, alles steht in gleißendem Licht, mit messerscharf geschliffenen Kanten und Konturen. 

So kann er sich auch Ausflüge leisten in ein Genre, das außerhalb von Poesiealben heute ein Schattendasein fristet. Pries Goethe einst Klopstock dafür, dass dieser die deutsche Lyrik vom Rhein erlöste, hat er die Rechnung verfrüht und ohne Lafleur gemacht: “ich sah den rhein in grauer statik westwaerts gleiten / seine oberflaeche roch nach frisch erstarrtem blei / drueber peitschten sturmkartaetschte gischtbreitseiten / entlaubte pappeln. hagebutten flogen mir durchs haar”, heißt es etwa in “oktoberrhein (sturmtief jeanett)”; aus einer ganzen Sammlung, die noch mutwillig betitelt ist mit “Vater Rhein”. 

“Ich wohne ja schon immer in Städten entlang des Rheins”, erklärt Lafleur, der aus Karlsruhe nach Köln kam, “und habe irgendwann begonnen, Material zu sammeln, alte Gedichte und Lieder”. Seine Wanderungen entlang des Stroms -- mit dem Kopf und mit den Füßen - bieten selten Idyllen, doch spüren sie das Heile auf unter dem Zerbrochenen: “Ich dichte keine Blümchen an. Die kommen zwar auch vor, aber umgeben von dem, was heute da ist. Beispielsweise haben die Bayer-Werke ein Stück des Stroms für sich abgeschnitten, da verläuft ein Zaun, da gehört die deutsche Lebensader einem Konzern. Aber an diesem Zaun wachsen Blumen, und ich gucke nach, wie die heißen; sie haben oft schöne Namen, und das Wissen darum, das geht ja verloren.” 

Nach Köln am Rhein, man denkt sich's nun, ist Lafleur bewusst gezogen, vor zehn Jahren. Was man “die Szene” nennt, hat ihn damals mit offenen Armen empfangen - und er selbst hat hier Kreise gezogen und Spuren hinterlassen, hat den “Sprechstein” in den Stadtgarten gesetzt, auf dem Redner ihr Publikum suchen, und mit anderen die “Rheinische Brigade” gegründet. 

Kölns Bewerbung um den Titel der Kulturhauptstadt ging an Lafleur vorbei: “Ich bin in nichts eingebunden, ich bin von niemandem irgendwas gefragt worden. Aus den freien Szenen höre ich, dass sie sich komplett übergangen fühlen, was ich für erschreckend halte - weil diese Leute ja die Kultur einer Stadt ausmachen. Sie sind der Grund, warum ich hier bin. Es kann doch nicht wirklich nur um Dom und Karneval gehen - oder? Nein, das kann ich mir nicht vorstellen.”

 

 

 


[ Autor: Oliver Czech, Kölner Stadt-Anzeiger, 10. Mai 2004 - 10.05.2004 ]



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