Sprecher: Wolf Haas
3 CDs
Spieldauer: 216 Min.
ISBN 3-455-30387-0
Hamburg: Hoffmann und Campe, 2004
Wolf Haas liest Wolf Haas. So zurückhaltend, dass es schon beinahe unbeteiligt wirkt. Und wie einer, der sich bemüht, "nach der Schrift" zu reden, dem dieses Unterfangen aber nicht so ganz hundertprozentig glückt. Es ist ja schon wieder was passiert.
Nach "Wie die Tiere" und "Das ewige Leben" ist nun auch "Silentium!" als Hörbuch erschienen. Und Wolf Haas erweist sich wieder einmal als idealer Interpret seiner Texte. Gerade weil seine Lesart nicht sonderlich professionell klingt, kann der Duktus sich so richtig entfalten. Sind die Romane in einer Kunstsprache geschrieben, die im mündlichen Erzählen und umgangssprachlichen Floskeln ihre Vorbilder findet, so trägt sie ihr Schöpfer ebenso vor: es klingt ein ganz klein wenig verkrampft, so als würde sich der Erzähler bemühen, schön zu sprechen, damit auch noch Norddeutsche ihn verstehen. Aber gerade diese leichte Künstlichkeit wirkt authentisch.
Der Hörer lässt sich nur allzu gerne auf die Recherchen im Salzburger Marianum ein, meint beinahe selbst schon vom Föhn und dem vielen Katholizismus Kopfweh zu kriegen, aber Ohropax, wie der Brenner gegen das ständige Geläute zum Beten, zum Lernen und zum Essen, braucht er bestimmt nicht. Im Gegenteil: man hat den Eindruck, den Erzähler der Brennergeschichten leibhaftig bei sich im Wohnzimmer sitzen zu haben, und so wie er erzählt, muß man sich alle drei CDs auf einmal anhören.
Es ist eine mittlerweile beinahe schon klassische Geschichte aus einem geistlichen Knabeninternat, die hier berichtet wird. Privatdetektiv Brenner, direkt vom ehrwürdigen Marianum Salzburg engagiert, soll herausfinden, was an den grausigen Gerüchten über den Bischofskandidaten, der sich an einem seiner Zöglinge vergangen haben soll, dran sein soll. Aber eigentlich geht es schon längst um etwas ganz anderes, und die Salzburger Festspiele sind auch involviert.
Mit "Silentium!" ist nun mit einiger Verspätung auch der zweite Brenner-Roman als Hörbüch erhältlich. Die jüngeren Texte, "Wie die Tiere" und "Das ewige Leben" waren wesentlich rascher in der Hörfassung erschienen. Ob die für Jänner 2006 geplante Werkschau "Brenner alive", die laut Verlagsankündigung "rasant und originell aus seinen sechs fulminanten Kriminalromanen montiert" sein soll, vom Haas-Hype noch einmal profitieren wird, wird sich zeigen.
Bis dahin können wir uns mit Wolf Haas im Salzburger Sumpf lukrativer Geschäfte und krimineller Machenschaften suhlen, abgehackte Hände, Ohren und andere appetitlich in Plastik verpackte oder offen herumliegende Leichenteile finden, bis die altehrwürdigen Mauern des Internats ebenso unheimlich erscheinen wie so mancher Präfekt im Duschraum.
Der Roman wurde für die Hörfassung gekürzt, so geschickt, dass die Aufnahme nichts vermissen lässt. Auch die Übergänge fügen sich nahtlos. Und beim Hörer stellt sich Lust auf noch mehr Brenner ein. Schade, dass der schon sein ewiges Leben angetreten hat. Den einen oder anderen irdischen Fall hätten wir schon noch vertragen - als Buch und als Hörbuch.
Originalbeitrag
Sabine E. Dengscherz
15. September 2005