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Wolf Haas: Wie die Tiere

Gelesen von Wolf Haas
2 CDs
ISBN 3-0369-1119-7
Spieldauer: 142 Min.
Kein & Aber 2002

Um es mit der Beharrlichkeit Haasscher Einleitungssätze zu sagen: Jetzt ist schon wieder was passiert.
Es ist der 16. und 17. November 2001. Im Wiener Antiquariat Buch & Wein kämpfen etwa 80 ZuhörerInnen um die besten Plätze. Sie folgen gespannt einer Lesung - schmunzeln, lachen aus voller Kehle, applaudieren. Auf der Bühne des wohnlichen Kellerlokals sitzt Wolf Haas und liest aus seinem Roman "Wie die Tiere". Was diese Veranstaltung von einer gewöhnlichen Lesung unterscheidet, ist ein Aufnahmeleiter, ein Tontechniker mit dem dazugehörigen Equipment und dass fallweise einige Textpassagen wiederholt werden müssen, da der Autor beim Vortragen selbst oft um Fassung ringt, wenn das Publikum beim Zuhören selbige verliert und auflacht.
Wer nicht in den Genuss dieser oder einer anderen Lesung von "Wie die Tiere" gekommen ist, dem bietet das im Kein & Aber Verlag erschienene Hörbuch nun die Möglichkeit, dies nachzuholen.

Auf zwei CDs mit einer Gesamtspieldauer von 2 Stunden und 22 Minuten kann der Hörer Wolf Haas' Privatdetektiven Simon Brenner bei seinen Recherchen begleiten. Und interessant, denn es gilt eine Menge aufzuklären.
Im Wiener Augarten streut jemand mit Stecknadeln gespickte Hundekekse aus, an denen die Vierbeiner sterben, und dann beißt ein Dogo Argentino auch noch einer Tierspendensammlerin die Gurgel durch: Zuerst die Susi tot. Dann die Alice tot. Dann der Ralf tot. Dann die Asta-Vanessa tot. Dann die Donna tot. Und dann erst der Mensch tot.
Im Auftrag des Nachtclubbesitzers Schmalzl - ein Mensch mit einem wenig angesehenen Beruf, sagen wir einmal so: Ausbildung in Hamburg genossen - soll der frühpensionswillige und deshalb nach Wien übersiedelte Brenner nun den Hundekeksfall lösen. Dabei gerät der Detektiv mitten in den Konflikt Hund gegen Kind, sprich Hundebesitzer gegen Kinderbesitzer. Auf der einen Seite die Hunde-Abrichter. Auf der anderen Seite die Kinder-Abrichter.

In gewohnter Weise lenkt Haas das Geschehen mal in die eine, mal in die andere Richtung. So sieht sich Brenner mit einer Amtsärztin mit markantem Haarfehler und einem "verkannten" Talent konfrontiert, erfährt von den Plänen der Tierschützerin Hartwig für ein riesiges Hundeasyl und lernt den um seine Erbschaft geprellten Inhaber der Treuhundvermögensverwaltung Hojac & Hojac kennen. Zu seinem Leidwesen wird er von einem Pitbull in die Wade gebissen und gleich mehrere Tage in Haft genommen, obgleich länger als vierundzwanzig Stunden soll man einen Menschen rein vom gesetzlichen dings her nicht in Haft halten, dann kann man ihn noch ein, zwei Tage vergessen, weil menschliches Versagen ist bei den Staatlichen immer beliebt, wenn sie zeigen wollen, wir können auch menschlich sein.

Und beim großen Showdown auf einem Augarten-Flakturm kommt dem Brenner gar noch ein Hubschrauber zur Hilfe.
Im Grunde aber ist die Handlung nebensächlich. Den Autor interessiert weniger, was zu erzählen ist, als wie es zu erzählen ist. Deshalb stellt der promovierte Sprachwissenschafter Haas dem oftmals bedächtigen Detektiven Brenner einen sehr redseligen, nicht selten geschwätzig kommentierenden Erzähler zur Seite, dessen umgangssprachlicher und fragmentarischer Stil - im Besonderen der oftmalige Verzicht auf ein Verbum - die Milieuzeichnungen erst so richtig authentisch wie grotesk werden lässt. Durch die Sprachmelodie und skurrilen Gedankensprünge dieser erzählenden Figur wirkt das Beschriebene geradezu absurd komisch. Und doch steckt der Witz im Detail und bewegt sich zwischen satirischer Gesellschaftskritik und kabarettistischen Sprachspielen. Auch vor politischen Anspielungen macht Wolf Haas nicht halt, und die Phänomenologie des "Feisten" - dargestellt anhand des "Treuhund"-Juristen Hojac - gehört mit zum Besten, was der Autor bislang geschrieben hat:
Eine ausgesprochene Sympathiekanone war der Hojac wirklich nicht. Da geht es in der Gesellschaft oft einmal gegen die feisten Gesichter, und darum sag ich das nicht gern. Weil warum soll nicht ein feistes Gesicht auch einmal sympathisch sein? Mein Gott, der lässt es sich eben gut gehen, und dann legt sich das ein bisschen an im Gesicht. Aber interessant. Besonders fett war das Gesicht vom Hojac gar nicht. Nur besonders feist. Weil fett wird ein Gesicht vom Essen, und das ist vollkommen in Ordnung. Aber feist wird ein Gesicht vom feisten Lächeln. Und da ist es natürlich aus mit der Sympathie. Wenn ein Mensch so feist daherlächelt, das steckt die Umgebung an, da kriegst du das Gefühl, alles um ihn herum auch feist, sein BMW feist, seine Schuhe feist, und alles was er sagt, ebenfalls feist. Aber nicht dass du glaubst, ich meine das negativ. Im Gegenteil, das Feiste war ja am Hojac noch das Sympathische.

Dass das Hörbuch nicht rein eine Alternative zum Buch darstellt, dafür sorgt Wolf Haas selbst. Seine zurückhaltende Vortragsweise stellt den Text in den Vordergrund. Dabei gelingt es ihm, viel Witziges, was im Buch schnell überlesen wird, in der CD-Edition erst so richtig zum Vorschein zu bringen. Obwohl es sich hierbei um eine gekürzte Fassung des Romans handelt, kommt dem Hörer nichts abhanden. Die vom Autor klug zusammengestellten, teils auch gering veränderten Textpassagen fügen sich zu einem ebenso originellen Ganzen wie der Roman selbst. Das Hörbuch "Wie die Tiere" bietet eine hinreißende Lesung eines unterhaltsamen Romans des zurzeit wohl findigsten und komischsten deutschsprachigen Kriminalautors.

Originalbeitrag

Michael Hansel
6. Mai 2002

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