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Ginge es nach mir, würden die einzelnen Mitgliedstaaten an einem jeweiligen Stichtag untereinander die Regierungen tauschen. Da alle Regierungen nach außen hin eine gemeinsame Linie vertreten, ließe sich auf diese Weise verhindern, dass kleingeistige Staatsmänner unter dem Deckmantel supranationaler Interessen in Wahrheit nichts als die Geschicke ein paar regionaler Quadratkilometer im Auge behalten. Was eine Wahlkampagne betrifft, hätte es wenig Sinn, auf unterentwickeltes Gerechtigkeitsgefühl, eine dunkle Vergangenheit oder die allgemeine Beschränktheit lokaler Bevölkerungen zu setzen. Wer hier einigermaßen ankommt, hätte gute Chancen, auch dort zu reüssieren, wer hierzulande scheitert, wird auch woanders nicht zu den Gewinnern zählen. Sämtliche Regierungsvertreter werden schließlich überall nach den gleichen Prinzipien ausgewählt, und früher oder später entscheiden alle Bürger selbst, in welchem Staat sie leben möchten. Was spricht also dagegen, dass die Regierungen sich vorübergehend um die Belange eines der anderen Mitgliedstaaten kümmern?
Hanno Millesi, S. 22
Absoluter musealer Höhepunkt ist das Bankenmuseum. Es zeigt Miniaturmodelle mittlerweile obsolet gewordener Bankgebäude aus ganz Europa, die dereinst tatsächlich als Lagerhallen für kostbar bedruckte Scheine und Edelmetalle dienten. Das Bankenmuseum zeigt in anschaulicher Weise, wie sich diese großzügig angelegten Gebäude mehr und mehr in schlanke Computer verwandelten, die der Banker leichthändig in seiner Tasche verstauen kann und demnach eigentlich fortwährend mit sich herumträgt, die sogenannten Portable Banks. [...] Aspern ist der ideale Ort zum Nichtstun. Es gibt eine speziell dafür errichtete Halle, zweihundert mal zweihundert Meter groß und damit die größte ihrer Art in Mitteleuropa, in der sich garantiert nichts befindet; auch kein anderer Mensch. Die Wartezeiten für die kostenfreie (!) Benutzung der Halle sind allerdings mittlerweile auf durchschnittlich fünfzehn Jahre angewachsen. Anfangs, das heißt, als die ersten Wohnhäuser eröffnet wurden, stand die Halle oft tagelang leer. Falls man keine Geduld hat zu warten, bis man an die Reihe kommt, lassen sich - gegen geringes Entgelt - Idleness-Experten buchen, die einem die Grundbegriffe des Nichtstuns allerorts effektiv beibringen.
Andrea Grill, S. 128f.
Strategie #2 Lass dir von einem Mitspieler deines Vertrauens die Augen verbinden. Von dieser Person lässt du dich durch diverse Gebiete der von euch durchquerten Stadt führen. Versuche dabei zum Beispiel insbesondere auf die sich durch die Verschiebung der Sinneswahrnehmungen bedingten Effekte oder die Reaktionen der Umwelt zu achten.
Strategie #3 Nimm einen Stadtplan und platziere ein Glas mit dem Rand nach unten auf einer beliebigen Stelle. Zeichne den Rand des Glases vollständig oder in Teilen nach und versuche die vorgegebenen Linien möglichst genau abzugehen.
Strategie #4 Wähle eine beliebige Strecke eines öffentlichen Verkehrsmittels (zum Beispiel U-Bahn, Autobus) aus und zähle die Stationen deiner Fahrt, die aber nicht alle Stationen umfassen muss, ab. Jede Station entspricht einem Vers für das zu entstehende Gedicht. Zwischen erster und zweiter Station entwirfst du in Gedanken den ersten Vers, wenn das Verkehrsmittel hält, schreibst du den Vers auf. Bei der darauffolgenden Bewegung zur dritten Station dichtest du in Gedanken weiter, beim nächsten Stopp schreibst du weiter. Neben der möglichen Inspiration durch die Art des Verkehrsmittels, der anderen Fahrgäste oder der durchquerten Stadtteile solltest du anhand des sich ergebenden Rhythmus aus Fahrt und Stillstand versuchen, nur während der Fahrten zu dichten und ausschließlich während der Stopps zu schreiben.
Thomas Ballhausen, S. 139f.
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LITERATUR FINDET STATT
Eigentlich hätte der jährlich erscheinende Katalog "DIE LITERATUR der österreichischen Kunst-,...
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