logo kopfgrafik links adresse mitte kopfgrafik rechts
   
Facebook Literaturhaus Wien Instagram Literaturhaus Wien

FÖRDERGEBER

Bundeskanzleramt

Wien Kultur

PARTNER/INNEN

Netzwerk Literaturhaeuser

mitSprache

arte Kulturpartner

Incentives

Bindewerk

kopfgrafik mitte

Christine Haidegger: Zum Fenster hinaus. Eine Nachkriegskindheit.


Leseprobe (S. 175f):

Die Erziehungsleiterin redet uns prinzipiell mit unserer Wäschenummer an. Sie findet das gut, denn so gibt es keine sozialen Unterschiede. Denn manche von den Kindern haben sehr berühmte Väter und damit sich niemand benachteiligt fühlt, redet sie mit uns, als wären wir Gefangene. Was wir ja auch irgendwie sind. Wir haben keine Zeit für einen freien Willen, zumindest nach außen nicht.
Die anderen scheint das nur mäßig zu stören, dieses Geregelte, Eingeteilte, das einem das Denken abnimmt. Man wird ganz leer. Nur mehr darauf eingestellt, zur richtigen Zeit am richtigen Platz zu sein, wie ein Schlafwandler.
Nach dem Mittagessen gibt es zwanzig Minuten Pause, die wir im Park verbringen müssen, egal wie das Wetter ist. Zum Kopfauslüften.
Aber selbst bei Schönwetter ist es verboten, sich irgendwo auf eine Bank oder Wiese zu setzen. Wir müssen herumgehen oder laufen, sollen nicht in Grüppchen herumstehen, sondern gezielt atmen und nach Möglichkeit Turnübungen machen. Sieht eine Erzieherin irgendwo zwei Mädchen beisammenstehen, schickt sie entweder ein drittes dazu, oder trennt die beiden. Es sollen sich keine Freundschaften bilden, es sei denn, innerhalb der Gruppe, zwischen den Großen und den Kleineren, die wie Geschwister sein sollen, oder, mehr noch, die großen Mädchen sollen sogar eine Art Elternstelle an uns vertreten, und wir sollen mit allen Problemen zuerst zu ihnen kommen, ehe wir eine Erzieherin damit behelligen. Wir sollen lernen, alles selbst durchzudenken und zu lösen, wir sollen selbstständig werden. Uns gegenseitig erziehen. Uns nicht absondern und eine beste Freundin haben. Das ist unsozial. Wir sollen alle Mädchen gleichmäßig gern haben. Wie das wirklich zu schaffen ist, kann ich mir nicht vorstellen.

© 2016 Otto Müller Verlag, Salzburg

 

 

 

 

 

 

 


Link zur Druckansicht
Veranstaltungen
Junge LiteraturhausWerkstatt - online

Mi, 13.01.2021, 18.00–20.00 Uhr online-Schreibwerkstatt für 14- bis 20-Jährige Du schreibst und...

Grenzenlos? (Literaturedition Niederösterreich, 2020) - online

Do, 14.01.2021, 19.00 Uhr Buchpräsentation mit Lesungen Die Veranstaltung kann über den Live...

Ausstellung
Claudia Bitter – Die Sprache der Dinge

14.09.2020 bis 25.02.2021 Seit rund 15 Jahren ist die Autorin Claudia Bitter auch bildnerisch...

Tipp
LITERATUR FINDET STATT

Eigentlich hätte der jährlich erscheinende Katalog "DIE LITERATUR der österreichischen Kunst-,...

OUT NOW flugschrift Nr. 33 von GERHARD RÜHM

Die neue Ausgabe der flugschrift des in Wien geborenen Schriftstellers, Komponisten und bildenden...