Leseprobe:
Die Arena ist zum Bersten voll, die Spannung auf ein Maximum hochgeschraubt! Ohne Unterlass werden die am Kampf teilnehmenden Ölgötter und -göttinen angekündigt und deren jährlicher Umsatz genannt – jedoch nicht ohne ungeduldige Zwischenrufe.
Brot und Spiele! Brot und Spiele!, johlen Vodafon und Microsoft.
Fressen und gefressen werden!, grölen Nestle und Wal-Mart.
Es lebe das Recht des Stärkeren!, jauchzen Visa, Master Card und Paypal.
Grenzenloses Wachstum ist die Losung, Übervorteilung und Kapitalflucht das Schwert der Selektion!, kreischt ICBC.
Sehr geehrte Herren und auch Damen! – Noch sind die Eingänge zum Kampfplatz geschlossen, doch die schnelleren und stärkeren Raubtier-Modelle und die Modelle der nächsten Generation bringen sich bereits in Position und scharren ungeduldig in ihren Boxen. Öffnet die Tore!
Öffnet die Tore! Öffnet die Tore!
Auf Lockheeds Zeichen hin fliegen die Türen des Portals in die Arena auf.
Und hier kommen sie, die heutigen Mega-Player!
Applaus für Petrochina, Gazprom, BP, Chevron, Exxon-Mobil, Statoil, Total, Oxy und Eni!
Zur Höchstform aufgeplustert und mit allen möglichen Insignien geschmückt, betreten die Ölgiganten den gerechten Sandboden, um mitsamt ihren herzigen Maskottchen einige Runden zu drehen. Aus den Rängen erschallen Beifallsstürme – Bravorufe, Trampeln, Klatschen –, die erst verebben, als sich die Player in einem Halbkreis formieren.
Hoch erhobenen Hauptes betritt Royal Dutch Shell die Arena. Seine unzähligen Arme in schlingernde Tänze verwickelt, überquert er den Kampfplatz sicheren Schritts und pflanzt sich vor seinen Gegnern auf.
Jeder hat das Recht auf ein letztes Wort. Hast du noch etwas zu sagen?, fragt Lockheed in pathetischem Ton.
Shell bohrt, Shell lagert, Shell verkauft, Shell verteilt!, ruft Shell in die Menge und lässt dann ein Muschelgeklapper los.
Niedergang! Opferung!, lautet die Antwort der Menge.
Das Wunderbare ist, und das wissen alle hier Anwesenden, dass Shell nicht wehrlos zu Boden gehen wird. Jeder einzelne seiner Arme ist in Bereitschaft!
(S. 127–128)
© 2017, Weitra, Bibliothek der Provinz.