DIE LANDUNG
Thymian weht von den Bergen.
In der Sonne verdirbt
Vergossenes Öl,
weggeworfenes Fett
am Weg geschlachteter Tiere.
Fieberhaft schnattern die Wogen
Mit Schnäbeln der Angst;
Sie schlagen
Der Insel hörnerne Brust.
Flügel rauschen, behelmte
Hügel klirren am Rand.
Trunken vom Todeswein
Schaukeln riesige Schiffe.
Ohrenzerreissend
Pfeifen Todesboten
Aus stampfenden Donnergaleeren.
Rot und schwarz liegt es am Strand,
vergossenes Blut,
vertrocknete Fliegenspeise.
Unter schwärzlicher Sonne,
zwischen Netzwerk der Fischer und Krieger,
versiegen die Quellen des Blutes,
und an vergifteten Brunnen
liegen die Trinker.
Im purpurnen Meer
Zerfließen die Worte.
(S. 15)
Aus: DER ÖLBAUM
Der Stamm des jungen Ölbaums ist gerade und glatt; später, in den langen Jahren seiner Alterung, gewinnt er durch das Reissen der Rinde und Bersten des Holzes die bekannte groteske, monströse Form. Da sind Stämme wie hängende Felsentrümmer; klippenförmig aufgerichete; mehrfach geteilte Stämme wie zertrümmerte Pforten, wie klaffende Türen; Stämme wie die Symplegaden; wie gedrehte Schnüre, wie Ziegelstapel; wie in Umschnürung verrottende Packen; wie mehrere Honigwaben, zusammengedrückt; da sind Stämme wie aus Schwalben- und Wespennestern geknetet. Und aus diesen monströsen, zerhauenen und durchlöcherten Klumpen lebendigen Holzes erhebt sich, auf Zweigen von feinster Arbeit, das Immergrün seines einst heiligen Laubes. Und aus ihm war der Siegerkranz geflochten. Das feine schmale Blatt ist auf der Unterseite grau, und das Grün der oberen Seite ist öfters etwas bläulich oder bräunlich, auch rötlich oder gelblich. Und das schimmert im Licht, flirrt und wirbelt im Wind und verschwimmt mit dem Dunst im fahlen farbigen Scheinen; Grün und Grau stöbern durcheinander im Laubgewölk; es brechen hellgrüne Quellen darin aus; es fließt wie rauchende Milch; es färbt sich blau, violett; es wird schwärzlich und sieht dann wie ein Aschenhaufen aus. Steht ein Ölwald neben dem Meere, sind die Tinten des Laubes und des Wassers schwer zu unterscheiden. (S.99f.)
NACH VIERZIG JAHREN
Gezwungen halb und ohne Phantasie
Ging er zum dritten Male nach Athen.
Dann nahm er alles, was er dort empfing,
der Freuden Fülle, aus der Hand der Griechen.
Des Lebens Silberstrick war frisch geflochten,
wie Anastasia,
und das Erdbeben schreckte ihn nicht.
Die Grenzen der Berge sind noch die alten.
Das Gebliebene genügt: der Boden unter den Füßen,
der Himmel und das Meer.
Du findest noch die Stelle für den Kuss
Und, dass ein Stein noch auf dem andern steht.
Hier, wo es über Griechenleichen ging,
gehst du mit Griechen jetzt zum Wein
und zechst in Turkobunia Hand in Hand,
wo einst der Aberoff aus Haut und Knochen stand,
vollgepfercht bis zum Exzess.
Und immer wieder wurde frisch geladen.
(S.117)
© 2001, Wien: Löcker.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.