Als er gegen fünf, die Hitze hatte noch nicht nachgelassen, ein paar Kilometer hinter San Giustino auf die Paßstraße Richtung La Crocina abzweigte, eine steile Bergstraße mit engen Kurven, dröhnte der Auspuff des Wagens immer stärker. An einer schattigen von Piniennadeln bedeckten Ausweiche hielt er an, um den Motor ein wenig abkühlen zu lassen; er war so heiß, daß er nach dem Abstellen, dem Drehen des Zündschlüssels, eine Weile unregelmäßig weiterlief, ehe er abstarb. Gello Biscardo war nur noch wenige Kilometer entfernt. Nach einer Viertelstunde hatte er damals eine Seite des Simca mit dem Wagenheber angehoben, war unter das Chassis geschlüpft und hatte gesehen, daß das lange Auspuffrohr an einer Stelle gebrochen war; mit einem Stück Isolierband hatte er es notdürftig geflickt und sich die Finger verbrannt. Hinter dem Ortsschild zweigte rechts eine schmale Straße ab, führte in vielen Biegungen steil hinunter. In einer Kurve erblickte er talseitig inmitten von Olivenhainen den Ort, der von seiner höher gelegenen Kirche überragt wurde. Wegen des Auspuffdröhnens hatte er sich geniert, bis zum Ortseingang zu fahren, hatte den Simca am Straßenrand stehen lassen, war die letzten paar hundert Meter zu Fuß gegangen. Für die Dorfbewohner mußte er seltsam ausgesehen haben: durchgeschwitzt und krumm, mit ungelenken Beinen. Am Dorfeingang sah er ein paar alte Männer, die um den Brunnen herumstanden, ein aus einer Mauer ragender Wasserhahn und ein Marmor-Becken; er war so aufgeregt, daß er außer buon giorno nichts sagen konnte. Als sie gleichgültig mit buona sera antworteten, wurde ihm klar, daß er nicht einmal korrekt grüßen konnte. Er hatte nach Mario gefragt; dieser, hatte Herr Seiffert ihm erklärt, sei eine Art Capo von Gello, an ihn solle er sich wenden, er wisse Bescheid über das Anwesen Mora, habe den Schlüssel, und in seinem Haus befinde sich auch das öffentliche Telefon.
Der Simca war dann nicht mehr angesprungen. Mario, den er bei seinem Neubau fand, hatte versprochen, abends Francesco, den Sohn der Bindis, der in Fibocchi eine Werkstatt besitze, anzurufen, der werde sich den Wagen in der Früh ansehen. Stefan hatte sich die beiden Reisetaschen mit den wichtigsten Sachen umgehängt und war, in einer Hand eine geschenkte Flasche Wein, zu Fuß auf dem Güterweg nach Mora gewandert, hatte die in einer Kurve befindliche zugewachsene Abzweigung zum Haus hinunter übersehen und umkehren müssen. Als er endlich, schwindlig vor Erschöpfung, im tiefen Gras zur Haustreppe gestapft war, dämmerte es schon. Auf der Treppe sitzend hatte er die halbe Flasche Wein ausgetrunken, war dann die Stufen hinaufgetorkelt und hatte sich in der Küche auf den mit Stroh bedeckten Ziegelboden gelegt.
© 2005, Deuticke Verlag, Wien.