Die Verwandlungskrankheit, daran leide ich, so Sambs. Ich kann sie letztlich nicht durchschauen, nicht umgrenzen, ich muß mich ihr entziehen, doch ich schaff das nicht. seit meiner Kindheit leid ich schon an ihr, ich hoffte: mit der Lyrik die Verwandlungskrankheit auszunützen, mein Onkel Karl war der erste, der die Krankheit mir verständlich machte, alle anderen, die sagten: Nein, du bist nicht krank, du bist verrückt.
Mit der Zeit, da konnte ich die Krankheit vor mir aufbaun, sie mir bildhaft machen, immer wieder flüchtete ich raus aus ihr - und immer wieder holte sie mich ein, bis ich schließlich aufgab und sie hinnahm. Ich hab sie akzeptiert: sie verfolgt mich lebenslänglich, die Verwandlungskrankheit. Aus mir wird plötzlich: alles. Und ich seh nur Fetzen. Plötzlich springt aus mir der Brando, dann auf einmal wieder Heinrich Mann.
Ich kann mich schälen als Banane und als Twiggy Mini-Mode vorführn, in den 60ern. Ich steh zusammen mit den Stones als Jagger auf der Bühne, und im nächsten Augenblick bin ich ein Käfer, eine Spinne. Das ist grotesk. Es schmerzt. Im Buchgeschäft verwandle ich mich in die Neuerscheinungen, und man blättert in mir rum, man legt mich weg. Oft wach ich auf, und ich seh im Morgennebel einen zweiten, der ich bin. Ich gehe auf der Straße: und ich lieg im Bett. Ich sage mir: das gibt es nicht - und doch: in Wahrheit ist es so.
Ich bin verschwunden: und ich weiß, es hängt mit der Verwandlungskrankheit ja zusammen. Es muß so sein, sonst wär mir dies ja alles nie passiert, sonst hätt ich auch nicht drüber schreiben können. Wahrscheinlich werd ich erst im Tod mich lösen können von den Schmerzen.
Ich bin Krnak. Ich wehre mich dagegen, doch ich habe keine Chance.
Ich kann ja gar nicht anders was erleben als in dieser Weise, wie ich es erlebe, sagte Sambs, weil ich erleb ja die Erscheinungen durch die Verwandlungskrankheit.
©2001, Residenz, Salzburg, Wien, Frankfurt.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.