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Leseprobe: Andreas Okopenko - "Kindernazi"

29. 3. 45

Episode 2

Palmenhaus. Bald wirds womöglich keine Schule mehr geben. Schule kann man das eh nicht nennen. Wenn kein Luftangriff ist, ist Bergungseinsatz, heute gar Bergungseinsatz bei Luftgefahr 15, die paar Buben, die noch nicht eingerückt sind. Wir sitzen auf Ziegelhaufen in Schönbrunn, vorm zerbombten Palmenhaus, bei prächtiger Sonne, und klopfen Ziegel. Retten, was zu retten ist. Antschi greift die Klampfe an und hat schon eine blutige Hand. Ich hab ihm überhaupt erst zeigen müssen, was eine Klampfe ist und wie man damit den Mörtel abklopft. Dafür glaubt er noch an den Sieg. Den Endsieg, die große Wende. Die Wunderwaffe. Ists nicht die V3, die sich kühl lächelnd Zeit läßt mit ihrem rettenden Autritt (Aristoteles, Moment der letzten Spannung), wirds halt die V4, allerdings gibts dann wohl kein Reichsgebiet mehr unter ihrem Hintern, und dann startet sie eben der Plutokrat gegen den Bolsche. Wir sind bis dahin eh alle hin, Antschi, sag ich. "Im Ural gibts Berge mit endlosen Stollen", zitiert er fehlerfrei seinen Goebbels, vom Scheißpropagandaplakat merkt er sich alles bis zum nackten Odysseus vor der Nausikaa. Aber jetzt ist der Hautfetzen ganz weg. Ich geb ihm Jod drauf, habs seit dem Kasperltheater am Ostwall (dens nicht gibt) immer mit. Antschi macht keinen Muckser. Ich seh ihn schon beim großen Brandmarken käsweiß ohne Muckser zusammenfallen. Morgenthau will uns Deutsche auf ein Zehntel vermindern, und dieser Rest soll fischen und ackern gehn. FRIEDE steht jetzt weiß auf jeder Hausmauer, viel zu spät. KAMPF - SIEG - flicken die Unentwegten, die jetzt ihre Schrappen auf "Sirene" und "Granate" taufen lassen, mit der Schablone dazu. Hast du Kalk zuhaus, Fuxl, fragt Antschi, den Pappendeckel kann ich mir selber schneiden. Bist teppert, sag ich. (S. 8f.)

© 1999, Ritter, Klagenfurt, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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