"Wenn ich die Welt so auffasse, wie ich sie wohl auffassen muss", sagte Klara etwa und ließ einen der Romane, in dem sie gerade gelesen hatte, auf die Bettdecke sinken, "wenn ich die Welt so auffasse, dann ist sie nichts als ein Tummelplatz von Dummheit und Gemeinheit, von Gemeinheit und Dummheit, wo immer nur die Niedertracht regiert, oder bestenfalls das Lächerliche."
Beinah verzeihend schaute der Professor auf Klara herunter. - "Was wollen sie denn auch die ganze Last auf sich nehmen", sagte er gelassen und ergriff, sich auf der Bettkante niederlassend, ihre Hände. "Freilich ist die Welt ordinär."
"Ist ihnen kalt?" fragte er dann. Klara schüttelte daraufhin nur mit zusammengepreßten Lippen ein wenig störrisch den Kopf und ordnete dann eine Locke an ihrer Stirn.
"Sie sollten sich das alles nicht so zu Herzen nehmen!" fuhr der Professor fort. "Im Grund ist es doch nur Kunst und Schreiberei, was der Berner macht. - Grundsätzlich, ja grundsätzlich geb' ich ihm recht: Dummheit regiert die Welt! Dummheit und Niedertracht. Und ist es eben nicht Niedertracht oder Dummheit, was wir obenauf finden, dann in jedem Fall das Gewöhnliche, der Durchschnitt, der Asphalt!"
"Das Dümmste, das Niederträchtigste und das Gemeinste, hier ist es bloß das Gewöhnliche", sagte Klara, sehr leise.
"Insbesondere hierzulande!" bemerkte der Professor.
(S. 248f.)
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