Ein anderes Mal stehe ich vor der Urania, und von der Schirmspitze tropft es auf die Seite 32 des Buchplans von Wien, den ich aufgeschlagen habe, um die Straße der Julikämpfer zu finden. Dort, wo ich gerade stehe, ist nicht die Straße der Julikämpfer, dort tropft es auf den Julius-Raab-Platz. Ich habe nach der Straße der Julikämpfer gefragt und bin zum Julius-Raab-Platz geschickt worden. Dass die Leute hier statt Julikämpfer Julius-Raab-Platz zu hören meinen, hängt wahrscheinlich mit dem Vorurteil zusammen, der Fremde verwechsle oft Orts- und Straßennamen. Aber die Gasse auf dem Foto, das ich aus meiner Aktentasche nehme, ist mit dem Platz, auf dem ich stehe, nicht zu verwechseln. Auf dem Foto sieht man eine enge Gasse, die trotz der Trümmer in der Mitte, trotz der zerbrochenen Fenster und den von den Dächern hängenden Balken ganz andere Konturen zeigt als dieser Platz. Auf der Rückseite des Fotos steht (von Herrn Sohalt notiert): "Julikämpfer, 12. Februar 1944, nach einem Volltreffer."
In einem Gasthaus in der Nähe des Julius-Raab-Platzes kontrolliere ich noch einmal die Notizen. In einem Oktavheft hat Herr Sohalt nach jeder Aufnahme das Datum notiert, danach den Ort der Aufnahme. 12. Februar 44, lese ich, Julikämpfer. Und weiter: "Am 12. Februar 44 Alarm. Brandbomben. Ich sehe, wie die Leute in Richtung Flakturm laufen. Eine Brandbombe fällt auf die Fahrbahn. Einige versuchen, die Bombe mit Sand zu bedecken. Vergeblich. Ein Regen von Flaksplittern. Blau-grauer Phosphor." Der Rest ist nicht lesbar.
(S. 11f.)
© 2005, Deuticke im Zsolnay Verlag, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.