Einmal fand ich in einer Schublade (wieviele Geschichten beginnen so; doch diese nicht) ein Paket Tarockkarten. Ich sah sie an, legte sie aus, sammelte sie wieder ein, ließ mir von ihrer kitschigen Unheimlichkeit angst machen und versuchte vergeblich, meine Zukunft in ihnen zu sehen. Dann entdeckte ich, daß die Reihenfolge der Karten unverändert blieb, sooft man auch abhob. Mit diesem Grundgesetz der Kartenkunst ausgerüstet (kindisch einfach, aber die meisten Leute kennen es nicht), führte ich Beerholm einen Kartentrick vor. Ein ziemlich kläglicher Versuch, und Beerholm war nicht Schauspieler genug, um das zu verbergen. Ich versuchte es dann noch bei meinen zwei besten - einzigen - Freunden, einem Jungen namens Fritz und einem anderen, von dem ich nur noch weiß, daß er grotesk verfaulte Vorderzähne hatte, stets an Bonbons kaute und ein unangenehmes Karamellaroma verströmte. Nur Fritz war ein wenig überrascht, als ich seine Karte - Die Liebenden - wiederfand, der andere zuckte mit den Achseln und wußte gar nicht, worum es gegangen war. Nach diesen Niederlagen legte ich das Tarock weg und vergaß mein ärmliches Debut in der Täuschungskunst. Keine Vorzeichen, keine Verheißung und keinerlei frühe Berufung. (S. 23)
(c) 1997, Deuticke, Wien, München.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.