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H. C. Artmann: Kein Pfeffer für Cermak

Es liest der Autor
Spielzeit: 44:39 Min.
ISBN 3-221-70092-X
Extraplatte 1999

Der Greißler Zacharias Gschweidl ist eine brandige Eiterbeule in der Wiener Evolutionsgeschichte; wie ein Aasgeier nährt sich seine nachtschwarze Seele vom Leid und Elend anderer. Sein Schöpfer H. C. Artmann unterstreicht jedoch einmal mehr, dass sich der Wiener Dialekt nicht für wahre Tragödien eignet. So entschlüpft dem Zuhörer auch dann ein unpassendes Kichern, wenn der Greißler seinen Sadismus an der 'schlechten Krot' Carolin, seinem verschreckten Mündel, auslässt und diese ihre hehre Klage in perfektem Ottakringerisch anstimmt. Vielleicht ist es aber auch H. C. Artmanns ausgesprochenes komödiantisches Talent, das die Hör-CD zu etwas Besonderem macht, denn der Autor schlüpft mit diabolischem Vergnügen selbst in alle Rollen.

"Kein Pfeffer für Czermak" entstand 1954 als Einakter für die Bühne und wurde ab 1958 an den verschiedensten Theatern aufgeführt, bis es der Sessler Verlag 2002 in einer Aufnahme aus dem Jahr 1988 auf Extraplatte brannte. Das Stück spielt in einem Kakanien, wo sich besoffene Pompfüneberer (Leichenbestatter), Korsettmacherinnen und Bettgeherinnen in die Kolonialwarenhandlung verirren und den fiesen Greißler unterwürfig als Herr von Gschweidl titulieren, da er in seinem Grätzl zu den besseren Herrschaften gezählt werden will.
Mehr als eine Charakterstudie überzeugt "Kein Pfeffer für Czermak" als ein Fest für die Mundart.
Greißler: "Fahren S halt außer mit der Sprach ... Aber reden S Deutsch." Als wahrer Logoholic beherrscht Artmann die Nuancen des Wienerischen aufs berühmte i-Tüpfelchen und wandelt es für seine Zwecke ab und um. Sprache und Sprachen hatten Zeit seines Lebens eine unwiderstehliche Faszination für H. C. Artmann. Die Zahl seiner Übersetzungen ins Deutsche beläuft sich auf mehr als fünfzig Titel und unter den Sprachen, die sich der Dichter spielerisch angeeignet hat, finden sich so bizarre wie Huzulisch, Kymerisch, Urdu, Vedisch, Wendisch, Xuatl, Vukatanisch und Zimbrisch.

Während also Herr von Gschweidl seine Kundschaft zur Schnecke macht und Carolin scheitelknieend Buße tut, ereilt ihn unversehns die Moral von der Gschicht. Ein Apoplexiederl streift ihn - was zweifellos viel poetischer klingt, als wenn man sagen würde, ihn trifft der Schlag. Die Moritat vom Sterben des fiesen Greißlers wird von skurril märchenhaften Elementen stimmungsvoll untermalt. Da gibt es kleine, weiße Patschhändchen, die in einer Lade Gschweidls schlummern und die dieser wie überfütterte Schoßhündchen hätschelt, und einen echten Wassermann, der jedoch seinen düster drohenden Auftritt, es muss gesagt werden, gegen Ende ein wenig verwässert. Da laufen die beiden Engel, die ins Verkaufsgwölb kommen, zu ganz anderer Form auf. Richtig herzerweichend, wie der Eine, der Ferencl, ein guter, lieber, wenn auch vielleicht eine Spur zu sentimentaler Engel den Laden mit Kerzen und Blumen in eine makabre Totenhalle verwandelt, während der Greißler seine letzten Atemzüge röchelt.

Die Titelfigur Czermak tritt übrigens nie auf. Er, ein böhmischer Klavierspieler und Komponist, hat seine Rolle damit ausgespielt, dass ihm Gschweidl keinen Pfeffer verkauft, und das prinzipiell nicht, ob nun gemahlen oder im Ganzen. Denn der Greißler hat was gegen hungerleidende ausländische Falotten, und er steht mit seinem Allerweltsvorurteil nicht allein da. Ein kakanischer Detektiv protokolliert gewissenhaft Czermaks verdächtiges Pfeffergelüst, denn, wo kämen wir da hin - Greißler: "Ja warum reden S denn net gleich Deutsch von allem Anfang!?" - wenn nicht ins Österreich des 21. Jahrhunderts.

Originalbeitrag

Anne Zauner
13. August 2002

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