logo kopfgrafik links adresse mitte kopfgrafik rechts
   

FÖRDERGEBER

   Bundeskanzleramt

   Wien Kultur

PARTNER/INNEN

   Netzwerk Literaturhaeuser

   mitSprache

   arte Kulturpartner
   Incentives

   Bindewerk

kopfgrafik mitte

Wolfgang Bauer: Die Schlacht an der Beresina

Und andere Mikrodramen
Es liest der Autor
Spielzeit: 42:17 Min.
ISBN 3-221-70102-0
Sammlung Stimme des Autors
Extraplatte 1999

Alles, was eigentlich nicht geht: Die frühen Mikrodramen von Wolfgang Bauer - gerade 23 Jahre war er alt, als sie 1964 im Berliner Fietkau Verlag erschienen sind - haben ihre Lust daran, den Apparat Theater gründlich zu überfordern und gänzlich aus den Angeln zu heben. Sie listen all das auf, was eine konventionelle Inszenierung nie leisten könnte - sieht man von einigen Ausnahmeregisseuren wie Achim Freyer oder Robert Lepage ab, die gerade die Überwindung der Schwerkraft interessiert, die das auf der Bühne zeigen wollen, wovon man im ersten Moment glaubt, so etwas kann man doch gar nicht darstellen. Bei Bauer regnet es Walfische, die Bühne ist mit Wasser überschwemmt, im Bild zuvor hat ein Feuer das ganze Theater erfaßt, ein Intendant fliegt mit einem Flugzeug davon, ein grünes Kamel tritt auf, oder man sieht nur das riesige Prunkbett von Cleopatra, aber ahnt nur, wo sie selbst sein könnte. Sämtliche Katastrophen, ob Natur- oder Kultur-, prasseln auf die Bühne nieder. In diesem Sinn sind die Minidramen von Wolfgang Bauer großes Welttheater: Die ganze Welt kommt auf engstem Raum zusammen. Der Autor ist gottähnlicher Weltenerschaffer, Welten, die er, kaum sind sie erschaffen, schon wieder sehr lustvoll zerstört.

Das kürzeste der insgesamt zwölf von Bauer selbst vorgetragenen Mikrodramen dauert gerade mal 45 Sekunden: Lukrezia hebt ein Einsiedeglas zum Mund und flüstert "Kompott". Vorhang. Den meisten Miniaturen hat eine historische Persönlichkeit oder eine Bühnenfigur den Namen gegeben (Ramses, Haydn, Wilhelm Tell, Richard Wagner, Columbus, Romeo und Julia), die dann aber mitunter nicht oder nur mit einem Wort von sich reden macht - den Großteil machen die Bühnenanweisungen aus. Es dominiert eine gewisse Unschärfe. Immer wenn es möglicherweise zur Sache geht, wird ausgeblendet. Dort wo andere Dramen ansetzen und vertiefen, ist Bauer, der sich sehr konzentriert auf das Nebensächliche stürzt, schon wieder ganz wo anders. In gewissem Sinn ist Wolfgang Bauer als Autor dem Wiener Theatermacher Robert Quitta ähnlich: Nicht die großen Schlachten, Abenteuer oder Kunstanstrengungen portraitieren einen (und sei es noch so bedeutenden) Menschen am besten, sondern die kleinen Marotten und Spinnerein, eben scheinbare Nebensächlichkeiten, die sein Leben strukturieren. Haydn sehen wir in der Küche, er pfeift ein Wienerlied und wirft begnadet Palatschinken in die Luft. Richard Wagner finden wir in einer Bucht bei Hongkong. Wie ein Kurzfilm sind Bauers Mikrodramen geschnitten, wenn die Figuren ins Spiel kommen, zoomen sie kurz zu ihnen hin und blenden dann aber schnell wieder aus. Menschen blitzen auf wie Gewitter, dann wird es dunkel. Im Grunde sind die weltumspannenden Räume - ganze Buchten, Gebirgszüge, riesigen Städte, befahrenen Weltmeere und nicht selten Theaterbühnen - die eigentlichen unheimlich wandelbaren Hauptdarsteller. Wie in allen Stücken von Wolfgang Bauer wird sehr gewitzt und mit großer Freude mit den Konventionen und Grenzen des Theaters gespielt, die man nur erweitern kann, indem man sie kenntlich macht und dann mit einem Sprung einfach ignoriert. Mit Meta-Ebenen spielt der Grazer Autor in fast allen seiner Texte. Seine Mikrodramen lieben die Explosion: Sie sprengen Theater von innen heraus und Fetzen von Geschichten fliegen einem dann um die Ohren - zumindest im Kopf, wo die beste Bühne für dieses Welttheater in Taschenformat ist.

Originalbeitrag

Karin Cerny
22. Juli 2002

Link zur Druckansicht
Veranstaltungen
Kombo Kosmopolit XII präsentiert: Maschinenwut Cornelia Hülmbauer & Jelena Andelovski

Mi, 19.09.2018, 19.00 Uhr Lesungen & Gespräch Die Lesungsreihe Kombo Kosmopolit sucht den...

Radio rosa 12 – Verena Dürr | Ilse Kilic | Caroline Profanter | Sophie Reyer

Do, 20.09.2018, 19.00 Uhr Text-Sound-Performances "Warum sind wir da, wo wir sind, wenn...

Ausstellung
ZETTEL, ZITAT, DING: GESELLSCHAFT IM KASTEN Ein Projekt von Margret Kreidl

ab 11.06.2018 bis Juni 2019 Ausstellung | Bibliothek Der Zettelkatalog in der...

Cognac & Biskotten

Das schräge Tiroler Literaturmagazin feiert seinen 20. Geburtstag und präsentiert sich mit einer...

Tipp
flugschrift Nr. 24 von Lisa Spalt

Wenn Sie noch nie etwas vom IPA (dem Institut für poetische Allltagsverbesserung) gehört haben,...

Literaturfestivals in Österreich

Sommerzeit - Festivalzeit! Mit Literatur durch den Sommer und quer durch Österreich: O-Töne in...