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Gerhard Bronner: Politische Retrospektiven von und mit Gerhard Bronner

Spielzeit: 35:20 Min.
ISBN 3-7085-0025-3
Preiser Records 2002

Die große, alte Tradition des politischen Kabaretts in Österreich scheint mit der nicht ganz so großen, nicht ganz so alten Koalition zu Grabe getragen worden zu sein: Qualtinger ist tot, Kreisler wird erfolgreich totgeschwiegen usw. (Lukas Resetarits zählt an dieser Stelle nicht: Er gehört einer anderen, jüngeren Tradition an, einer, die weniger dem bourgeois ausgefeilten ,Raunzen' und mehr der Suche nach den ,Ursachen' verpflichtet war und ist). Daß dieser Eindruck, obwohl er sich möglicherweise auf eine umfangreiche Indizienkette stützt, dennoch in keiner Weise den Tatsachen entspricht, solange es noch den "Guglhupf" und Gerhard Bronner gibt, ob diese beiden Namen eine wohlklingende Einheit bilden oder nicht, daran erinnert auch den pessimistischen Konsumenten die bei Preiser Records erschienene CD mit Bronners "Politischen Retrospektiven".

Natürlich wird auch unter einem solch verheißungsvoll aktualitätsbezogenen Titel nicht so scharf geschossen, wir sind ja in Österreich: Die "Retrospektiven", an den roten Fäden "Kreisky" und "Waldheim" aufgefädelte Perlen der Guglhupf-Sangeskunst, schließen 1988, mit dem Lied "Überall entspannt sich's" und berühren also die Realitäten und Schrecknisse der heutigen Tagespolitik nicht besonders direkt oder schmerzhaft. In Anbetracht der Lieder aber, die sich da vor allem um die Waldheim-Affäre und Kreiskys Nahost-Politik drehen, kann man seinen Blick auch der Gegenwart mit einem gewissen Schmunzeln zuwenden: Was war nicht in den 80ern für ein Geschrei um den Bundespräsidenten mit dem SS-Pferd und seine Weigerung, zurückzutreten, und doch hat es Österreich relativ unbeschadet in die 90er geschafft, so scheint die CD anzumerken. Durch und durch österreichischer Relativismus also wird uns geboten, wenn wir die schiere Tatsache, daß es diese Bronner-Rückschau käuflich zu erwerben gibt, mit der heutigen österreichischen Wirklichkeit in Beziehung zu setzen trachten: Solche Lieder, so kultiviert und doch ohne Blatt vor dem Mund, täten uns heute gut, dringend wäre einer nötig, der den kleinen Bürgerlichen ohne Mascherl und Genierer ebenso auseinandernimmt, wie Bronner dies mit dem dicken Roten (und nicht nur mit ihm) getan hat. Durch und durch österreichischer Relativismus. Denn: Wer raunzt, indem er zurückschaut, der analysiert nicht in Bezug auf das Hier und das Heute, sondern auf das Dann und So wie damals.

Man kommt, mit anderen Worten, selbst beim erfreuten Konsum eines Produktes der Verspottung österreichischer Faulheiten denselben nicht aus, sie schleichen sich durchs geistige Hintertürl ein und verbreiten ihren Geruch. Doch ach - habe ich verfrüht (eben aufs österreichischste) zu raunzen begonnen? - Denn Bronner ist ja weiterhin tätig, und weiterhin, auch ohne ihn, wird auch der Guglhupf wöchentlich dem Publikum serviert.

Die Preiser-CD ist eine nobel-bürgerliche Rückschau auf überstandene Übel, problematischerweise aber versteckt sich auch in dieser Tatsache ein leises "So schlimm wird das Heutige sich schon nicht entwickeln", mithin ein Widerspruch zur "eigentlichen Intention" des politische Kabaretts. Dennoch: Als Wegweiser für die Persiflage des Tagesgeschehens und als leises Klopfen auf den Schultern der Geneigten ist Bronners Rückschau mehr als geeignet, zumal als Erinnerung daran, daß die große, alte Tradition des politischen Kabaretts hierzulande nicht mit der etwas weniger großen, etwas weniger alten Koalition zu Grabe getragen worden ist.

Hörtip des Verfassers: "Er tritt zurück". Ein Ö1, das sich traut, so etwas zu senden, ist aus heutiger Perspektive eher schwer vorstellbar.

Originalbeitrag

Stefan Schmitzer
21. Jänner 2003

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