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Ingeborg Bachmann: Das dreißigste Jahr

Lesung mit Gert Westphal und Oswald Döpke.
ISBN 3-89813-153-X
Spielzeit: 79 Min.
Der Audio Verlag 2001

"Sicher ist, daß nicht zur Literatur gezählt zu werden oder eines Tages nicht mehr dazu gezählt zu werden, für den Schriftsteller eine schreckliche Vorstellung ist, daß es einem Todesurteil gleichkommt." Im Sinne dieses Gedankens aus ihrer berühmten Frankfurter Vorlesung über "Literatur als Utopie" ist Ingeborg Bachmann zumindest so lebendig wie Elvis (Thomas Kling zum Trotz). Die Zahl der Sekundärliteratur wächst unaufhaltsam und ihre Texte sind leicht greifbar. Auch zu dem Erzählband "Das dreißigste Jahr", der mit Aufmerksamkeit zugunsten des Spätwerks etwas vernachlässigt schien, sind zuletzt neue Deutungsversuche erschienen.

Noch im selben Jahr der Veröffentlichung der Erzählung produzierte Radio Bremen 1961 "Das dreißigste Jahr" als Hörspiel. In der Regie von Oswald Döpke wird dabei der Text auf zwei Personen aufgeteilt, wobei den weitaus größeren Part Gert Westphal vorzutragen hat. Mir gefällt es, wie er diese Road story (der Seele) vorträgt. Die Teile, die in der Druckausgabe eine Art Metaebene darstellen, übernimmt Oswald Döpke selbst. Wenn er zu Wort kommt, ist frau und man froh, dass der Monolog Westphals auch mal unterbrochen wird. An einigen Stellen wird die Erzählung unbedeutend gekürzt.

Wir hören von einem dreißigjährigen Mann, der sich seiner Identität versichert. "Er wirft das Netz Erinnerung aus, wirft es über sich und zieht sich selbst, Erbeuter und Beute in einem, über die Zeitschwelle, die Ortschwelle, um zu sehen, wer er war und wer er geworden ist." Von Anfang an steht so fest, dass Identität auch etwas Gemachtes ist. Eine Erkenntnis, die die Illusion oder (besser?) Utopie einer genuinen Identität deutlich macht und gleichzeitig die Möglichkeit von Transformation schafft.

"Einmal, als er kaum zwanzig Jahr alt war, hatte er in der Wiener Nationalbibliothek alle Dinge zu Ende gedacht und dann erfahren, daß er ja lebte." Das Leben äußert sich in Kopfschmerzen und dem Gefühl irrsinnig geworden zu sein. Der Schmerz entsteht daraus, weil sich das Gedachte der Sprache entzieht, "weil du in der Gaunersprache das rechte Wort nicht findest". Mehrmals, in der Liebe, im Schönen, im Reisen wiederholt sich die Erfahrung des Nicht-Ankommens. In der dauernd neu produzierten Identität kann der Erzähler nicht zur Ruhe kommen, weshalb er "fragte, ob man sich denn ohne Schaden für sich selber halten könne und ob das nicht auch Irrsinn sei."

Bekannt der Schluss: "Ich sage dir: Steh auf und geh! Es ist dir kein Knochen gebrochen." Klar, dass sich hier nicht blauäugiger Optimismus durchsetzt. Aber auch in der Grenzsituation bleibt die Utopie offen. Schließlich endet die Bachmann ihre Frankfurter Poetik Vorlesungen mit dem Satz des französischen Dichters René Char: "Auf den Zusammenbruch aller Beweise antwortet der Dichter mit einer Salve Zukunft."

Einen posthum veröffentlichten Aufsatz über Thomas Bernhard beginnt Ingeborg Bachmann: "Wenn man wirklich beklommen ist, und wann geschieht das (selten, so selten), beklommen von etwas, das man gelesen hat, versucht man, sich darüber Rechenschaft abzulegen." Dieses "Hörspiel" wird Sie zu dieser Rechenschaft auffordern.

Der CD ist ein Booklet beigelegt, das ein genaues Inhaltsverzeichnis, Fotografien der Bachmann und der Sprecher, wichtige Daten zur Autorenbiographie und einen kurzen Text zum Hörspiel enthält.

Originalbeitrag

Helmut Sturm
6. Mai 2002

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