Bearbeitete Fassung
Es liest: Silvia Vas
2 CDs, 139 Min.
ISBN 978-3-78573437-7
Bergisch-Gladbach: Lübbe Audio 2007
Mira Valensky, Eva Rossmanns erfahrene Ermittlerin, macht Karriere: Sie wird zur Chefreporterin ihres Magazins befördert, zwölf große Reportagen, so die Vereinbarung, muss sie dafür pro Jahr abliefern. Die erste Geschichte soll sie über den neuen Starwinzer aus dem Weinviertel, Hans Berthold, schreiben - ein ideales Thema für die genußfreudige Mira. Und weil ihr Wohnhaus in Wien umgebaut wird, tritt sie die mehrtägige Recherchereise ins Weinviertel nicht ungern an. Statt weinseliger Beschaulichkeit und uriger Gemütlichkeit trifft sie dort aber auf Nachbarschaftsfehden, generationenübergreifenden Hass, auf brutale Rivalitäten zwischen den Weinbauern, auf archaische Kämpfe um die besten Weinlagen. Den Bertholds wird der Erfolg nicht gegönnt: Autoreifen wurden ihnen zerstochen, Kabel für die Computersteuerung der Weinproduktion durchschnitten.
Größte Konkurrenten der Bertholds sind die Aichingers, die missgünstigen Nachbarn, und die Kaisers, eine alteingesessene Großweinbauerndynastie, die ihren (schlechten) Wein im Fernsehen bewirbt. Wer im Weinbau Geld verdienen will, der muss im großen Stil produzieren und vermarkten, der muss riskieren und investieren und sich die großen Aufträge der Supermarktketten angeln. Wer sich durchsetzen will, braucht Visionen und Geld. Visionen hat Hans Berthold, das Geld für den Ausbau und die Modernisierung seines Weinguts kommt von der Bank. Die Verbindung von Tradition und Moderne ergibt Lebensgenuss, könnte sein Motto lauten. Hans Berthold ist erfolgreich und attraktiv, er ist beileibe kein Frauenverächter, auch Mira Valensky erliegt seinem Charme und seiner Ausstrahlung.
Doch eines Tages kommt Hans Berthold von seiner morgendlichen Joggingtour nicht mehr zurück. Aufgebrochen, um seinen Körper in Schuss zu halten, liegt er tot am Waldesrand. Hat ihn eine enttäuschte Liebhaberin auf dem Gewissen? Ein gehörnter Ehemann? Ein unliebsamer Konkurrent? Eva, seine Witwe, bittet Mira, den Mord aufzuklären, da die örtliche Polizei relativ planlos im Dunkeln tappt. Diese willigt ein, zieht kurzerhand ins Weingut und hilft, wo sie nur kann, da das Weingut wegen zu hoher Kreditraten offenbar kurz vor der Pleite steht. Schon beim Begräbnis waren schwarzgekleidete Anzugträger erschienen, Banker aus der Stadt, die von Eva die Erstellung eines Finanzierungsplans gefordert hatten. Sollten die Kreditraten nicht zurückbezahlt werden können, würden sie das Weingut verkaufen müssen, drohen sie Eva.
Mira fühlt sich bei den Bertholds recht wohl, arbeitet mit am Hof, schreibt an ihren Reportagen und ermittelt in der Mordsache. Bei ihren Recherchen kann sie auf ihre Freundin, Ex-Putzfrau und nunmehrige Detektivin Vesna Krajner zählen, die mit ihrem Temperament und ihrem selbstgebautem Motorrad für Unruhe und einige Ermittlungserfolge sorgt. Weder die Kaisers noch die Aichingers sind koscher, das wird schnell klar. Als Mira Valensky dem Täter gefährlich nah an den Fersen ist, begeht sie einen leichtsinnigen Fehler. Sie steigt in die große Weinpresse, um sie zu reinigen. Plötzlich wird von einer unbekannten Hand die Klappe zugeworfen und die Maschine eingeschaltet ...
Was ein guter Krimi braucht, sind Spannung, ein interessantes Milieu, Glaubwürdigkeit und ein nachvollziehbares Mordmotiv. Das alles bekommt der Hörer von "Wein & Tod", Rossmanns fünftem Mira-Valensky-Krimi - und das ist sehr viel. Hat der in Ich-Perspektive geschriebene Krimi auch literarische Qualität? Ja! Man merkt dem Hörbuch zwar an, dass Rossmann vom Journalismus kommt und auch Drehbücher verfasst. Rank und schlank und ohne Schnörkel fließt der Krimi, mit journalistischer Präzision und Knappheit verfasst, mit Sinn für markige Bilder. Aber Sparsamkeit und Nüchternheit sind kein Feind der Literatur, im Gegenteil: Sprachliche und literarische Überambition, zu viele Metaphern und Vergleiche können in einem Krimi genauso tödlich sein wie die Hand des Mörders. Dass die weiblichen Figuren die Guten sind und die Männer die Bösen, war bei Rossmanns Engagement für die Rechte der Frauen nicht anders zu erwarten, soll und wird aber die männlichen Hörer nicht von der Lektüre von "Wein & Tod" abhalten. Schlank und sparsam ist auch die Inszenierung des Hörbuchs: Silvia Vas, die den Text liest, findet erstaunlicherweise immer den richtigen Ton, trifft den Weinviertler Dialekt ebenso wie den Akzent von Miras bosnischer Freundin Vesna: Plastisch erscheinen die Figuren, plastisch auch die Handlung in diesem überaus gelungenen Hörbuch.
Peter Landerl
10. Dezember 2007
Originalbeitrag
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