1. Teil. Geschichten
Gesprochen und produziert von Stefan Fleming
2 CDs
Spielzeit: CD 1: 49:48, CD 2: 58:18
ISBN: 3-902123-36-2
Preiser Records 2001
In einer bücher- und bilderärmeren Zeit musste man zusehen, wie man zu Geschichten kam. Sie wurden erzählt, sehr ausführlich, ursprünglich auf tatsächlich Geschehenem beruhend, dann von Generation zu Generation mehr ausgeschmückt und auf Wirkung berechnet. Es waren Erzählungen aus der eigenen Familie. Beziehungsvolle Lebenserfahrung wurde dabei weitergegeben - Familienmythen, die leben, so lange sie nur im Gedächtnis aufgezeichnet sind. Mit dem Hörbuch erst wird der Spinnstubencharakter dieser alten Texte richtig offenbar.
Flemings Vortrag hebt mit Roseggers Erzählung "Von meinen Vorfahren" an. Von Ahnen wird berichtet, die einmal wohlhabend gewesen sind, vielleicht gar einmal mächtig, stammen, man weiß es allerdings nicht genau, von einem Schloss Rossegg ... in der Familie der "heruntergekommenen" Rosegger blühen die Mythen heftig, denn das Erzählen von einer besseren Zeit, die der Hof einmal gesehen habe, stärkt das angeknackste Selbstbewusstsein.
Die Familiensaga beginnt beim Ururgroßvater Peter Roseggers, der sehr wohlhabend und sogar ein Pferdebesitzer gewesen war. Mit einer ernsthaften, gar nicht komischen Wichtigkeit, die sonst nur adeligen Genealogien zugebilligt wird, wird uns von den sechs Brüdern berichtet, deren ältester und Hoferbe Ignaz Roßegger - Großvater des Erzählers - ein frommer und tüchtiger Mann gewesen sein soll, der nichtsdestotrotz an den Folgen einer Kirtagsrauferei stirbt und so Lorenz, den späteren Vater Peters, früh zur Halbwaise macht. Als die Mutter die Arbeit nicht mehr bewältigen kann - "Bub, schau di um!" - sucht sich Lorenz gegen den Brauch eine besitzlose Köhlerstochter als Bäuerin.
Die zweite CD erzählt von Roseggers Vater Lorenz und seinem Sohn Peter, dem Erzähler. Wie Lorenz um die Köhlerstochter Marie wirbt und beim Heimgehen von einem Wolf verfolgt wird, ist eine überaus spannende Geschichte, die Peter später von seinem Vater beim "Kornstöbern" erzählt bekommt.
Nach früherer Bauernart kümmert sich der Vater um seinen Sohn nur dann, wenn dieser etwas "Schlimmes" getan hat. Peter fühlt daher von Zeit zu Zeit den Reiz, etwas anzustellen, um so die strafende Zuwendung des Vaters zu provozieren. Höhepunkt der Missetaten ist die Demontage des Herrgottswinkels - kreatives Kinderspiel mit schlechtem Gewissen. Der väterlichen Strafe, die für dieses Vergehen Prügeln mit Birkenruten vorsieht, entzieht sich der Sohn diesmal durch Flucht.
Waldheimat: Hören in eine Zeit, in der das Kontinuum nur durch das Gebetläuten unterbrochen wurde und Arbeit noch etwas Kontemplatives hatte.
Originalbeitrag