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Werner Schwab: Die Präsidentinnen

Sprecher: Maria Singer, Martha Marbo, Tilla Hohenfels, Ernst Konarek
Regie: Norbert Schaeffer
Edition Hörspiel 3
Wien: Thomas Sessler Verlag, 2000

Sie heißen Erna, Grete und Mariedl. Sie sitzen in der Küche - der Papst erteilt im Fernsehen gerade den urbi-et-orbi-Segen - und halten Monologe. Sie erklären die Welt und plötzlich fangen sie an zu phantasieren, was das Leben als Belohnung für sie bereit halten könnte: Erna die Sparweltmeisterin, Grete, das lustige Luder und Mariedl, die fleißige Seele, die alle Aborte auch ohne Handschuhe reinigt. Man gönnt sich ja sonst nichts: In ihren Größenwahn steigern sich die drei aber heute wie in einen schönen Rausch hinein und sogar die Sprache schlägt Purzelbäume. Am Ende ist Mariedl, die jüngste der drei, abgeschlachtet, aber das Küchendozierleben der anderen beiden geht weiter wie bisher.

Erna, Grete und Mariedl sind "Die Präsidentinnen", Figuren aus dem meistgespielten Stück des Grazer Radikaldramatikers Werner Schwab, der zu den drei Damen einmal angemerkt hat: "Das sind Leute, die glauben, alles zu wissen, über alle zu bestimmen. Ich stamme aus einer Präsidentinnen-Familie." Schwabs "Präsidentinnen" sind ins Monströse vergrößerte Kleinbürger, deren Domäne das Verdrängen ist, aber gerade durch ihre selbstgefällige Bigotterie schlägt das Verdrängte mit doppelter Härte zurück. Auch sie entkommen nicht dem "Lebensschmutz, in dem das Geschlechtliche das ist, was das Menschliche hinaustreibt aus der Welt". Das Stück jagt die drei älteren Damen in immer wildere Allmachtsphantasien, die mehr und mehr sexuell aufgeladen und größenwahnsinnig werden. Am Ende zerschellt ihr Wahn brutal an der Realität: In der Phantasie von Mariedl, die eine religiöse Auferstehung durchexerziert ("Da unten ist Lourdes, so groß wie eine Zündholzschachtel"), tauchen plötzlich die Kinder von Erna und Grete auf und bringen ihre Eltern kaltblütig um. So viel Realität ist den anderen beiden eindeutig zu viel, Mariedl muß sterben. So genau wollen die beiden nämlich nicht wissen, was es mit ihren Kindern auf sich hat: Immerhin hat Grete jahrelang nichts unternommen, um den Mißbrauch ihrer Tochter durch deren Vater zu verhindern.

Nicht umsonst zählt Schwabs "Präsidentinnen" zu den meistgespielten Stücken. Es gibt drei Glanzrollen für ältere Schauspielerinnen und Schwab hat unübertroffen vielschichtige Menschenportraits geschrieben, die bösartig und enorm liebevoll zugleich sind. Besonders Mariedl lässt Schwab nicht los, sie wird in "Antiklimax", seinem letzten Theaterstück, noch einmal auftauchen. Mariedl ist die Königin der Aborte, eine jener gedemütigten und geschundenen Seelen, die Schwabs Figurenkosmos bevölkern. In den "Präsidentinnen" finden sich die wohl großartigsten Fäkalszenen der Weltliteratur. Sogar in ihrer Phantasie spielt der Stuhl eine Hauptrolle. Der Pfarrer versteckt für Mariedl - wie der Osterhase, heißt es im Stück - Geschenke im verstopften Klo: ein Gulasch, ein Bier und ein Parfum.

Die Aufnahme des Thomas Sessler Verlages wird von Maria Singer, Martha Marbo und Tilla Hohenfels gesprochen. Etwas unscharf in der Rollenabgrenzung sind die drei Frauenfiguren angelegt, etwas zu sehr auf Hörspiel und zu wenig auf Dramatik ist die Regie von Norbert Schaeffer aus. Aber vielleicht hat man die legendäre Aufführung vom Akademietheater - übrigens die einzige des Wiener Burgtheaters - einfach noch zu deutlich im Ohr, wo jedes Wort wie ein Dolchstoß war. Diese Aufnahme ist innerlicher, kein Präsidentinnenwettbewerb.

 

Karin Cerny
8. Jänner 2004

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