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Radek Knapp

März 2003

"Der Papiertiger" erzählt in fünf Episoden aus dem Leben Walerian Guganias, der sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser hält und selbstgenügsam, gelegentlich gegen Windmühlenflügeln ankämpfend durch das Leben driftet, um eines Tags völlig unerwartet als neuer Stern am Literaturhimmel aufzugehen. Eine Rezension dazu finden Sie in unserem Buch-Magazin. Im e-mail Interview spricht Radek Knapp über den "Papiertiger", die Kollegen, seinen Deal mit dem Leser und über "das erste Mal".

Am 25. März 2003  liest Radek Knapp im Literaturhaus aus seinem neuen Buch.

Literaturhaus: Sie sind alles andere als ein Vielschreiber. Ihr erster Erzählband "Franio" erschien 1994, Ihr zweites Buch, der Roman "Herrn Kukas Empfehlungen" kam erst fünf Jahre später, 1999, auf den Markt, und es dauerte vier weitere Jahre bis zu Ihrem jüngsten Buch, dem "Papiertiger". Ist es der Schreibprozess, der seine Zeit braucht, sind es die Ideen, oder lassen Sie die Literaturszene absichtlich schmoren?

Knapp: Ich habe immer schon Probleme gehabt etwas auf Bestellung zu machen. (Die eine Ausnahme war, als ich als Kellner arbeitete).

Was fesselt Sie an der durch und durch unheldischen Hauptfigur, die Sie im "Papiertiger" beschreiben, und die mit dem wunderbar bizarren Namen Walerian Gugania ziellos, wenn auch meist gut gelaunt, durch Wien driftet?

Mich fesselt seine Unentschlossenheit. W. G. ist jemand, der wartet bis sein Leben eines Tages beginnt, aber es geht nur weiter und weiter. Und das wird ihm langsam klar. Dafür schätze ich ihn am meisten. Dieses Fähigkeit sich so etwas klarzuwerden ist ein seltenes Talent. Hätten wir das alle, wären erstens die Psychiater arbeitslos und zweitens, würden wir zweifellos in einer interessanteren Welt leben, als wir es zur Zeit tun.

Sie lassen Walerian eine Reihe von skurrilen, in sich abgeschlossenen Szenenfolgen erleben. Wie wichtig ist Ihnen das Skurrile? Und geht es denn dabei jemals um eine Pointe?

Ich bin schon ein bißchen zu alt um jeder Pointe nachzulaufen. Ich werde da schnell kurzatmig. Ich bevorzuge neulich eine neue Strategie, setz dich in den Stuhl und laß die Bilder an dir vorüberziehen, sofern sie natürlich nicht aus dem Fernseher kommen.

Wie wichtig ist Ihnen dabei der Unterhaltungswert eines Buchs?

Eine Botschaft muß in einer klaren Sprache vorgebracht werden. Die Botschaft selbst darf aber kompliziert oder meinetwegen esoterisch sein. (Erotisch geht natürlich auch). Das ist der Deal den man mit dem Publikum, dem Abnehmer der Botschaft eingeht. Auf der anderen Seite soll sich der Autor hüten, dem Leser dauernd zwischen den Zeilen zuzuwinkern und zuzulächeln. Das ist ein sicheres Indiz dafür, daß der Autor die Berühmtheit der Botschaft vorzieht. Ein solcher Autor befindet sich in einem Spagat, den er nicht lange halten kann. Die Folgen dieses Spagats laufen scharenweise auf der Frankfurter Buchmesse herum, wo sie bereitwillig den Kritikern den Wein nachschenken und ihnen abends aus dem Hotelzimmerspiegel beim Zähneputzen ein Zombie ins Gesicht schaut.

Als Walerian Schriftsteller wird, verliert er seine Unbekümmertheit, seine anspruchslose Sicht der Dinge. Er verwandelt sich, wird am Ende sogar zynisch. Ist es der Literaturbetrieb, der es schafft, den Träumer in einen Zyniker zu verwandeln? Wie weit spiegelt sich darin Selbsterlebtes?

Es ist erstaunlich wie ein Autor schnell vergißt, warum er eigentlich zu schreiben begonnen hat. Das Schreiben dient banal ausgedrückt zur Verteidigung des Ichs, es ist eine Suche nach dem Höchsten, was immer das jetzt heißt. Bald sucht der Autor aber nur noch nach Komplimenten und Anerkennung. Daher bin ich besonders den Autoren so kritisch gegenüber und nicht den Kritikern. Und nicht zuletzt auch mir, denn ich bin da gar nicht anders. Ich bin auch in alle möglichen Fallen getappt, die es nur gibt. Meine Eitelkeit war übermächtig.

Im letzten Kapitel führen Sie Walerian in einen Sommer zurück, in dem er gerade achtzehn geworden ist. Er ist unbeschwert, die Tage sind voll Sonne, Walerian wünschte sich, dass alles immer so bliebe. Ist etwas unwiederbringlich verloren?

Ist die Jugend nicht das wonach wir uns alle sehnen. Ich meine damit nicht so sehr die biologische Jugend. Sondern jenen Zustand, wo Dinge zum ersten Mal geschehen. Das erste Mal ist doch hier das Stichwort. Im Laufe des Lebens, so scheint es uns, nehmen die ersten Male ab. Ich behaupte jedoch, daß die Fähigkeit "das erste Mal" zu generieren abnimmt. Der Mensch weiß bereits alles, hat alles erlebt, ihn überrascht nichts mehr. Das ist eine fatale Projektion. Wenn Sokrates sagt; "ich weiß, daß ich nichts weiß", so signalisiert er damit seine Bereitschaft möglichst viele "erste Male" zu erleben. Es ist ja nicht das Wissen, das uns lethargisch macht, sondern der Glaube wenn nicht alles, so doch vieles zu wissen. Mein "Papiertiger" ist am Anfang so ein arroganter Alleswisser, und das Resultat ist diese lähmende Unentschlossenheit. Im letzten Kapitel versetzt er sich nicht so sehr in die Jugend, sondern an jenen Sommertag, wo alles zum ersten Mal geschah.

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