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Leseprobe: Bernhard Strobel - "Nichts, nichts."

Lange Zeit bin ich am Weihnachtsabend nicht mehr zuhause gewesen. Es war vielleicht das letzte Mal, dieses Jahr, das allerletzte Mal, ein Menschenleben währt nicht ewig.
Ich will nicht behaupten, dass ich es satt habe, zu leben; aber die Vorstellung, sozusagen meine letzte große Feierlichkeit zu begehen, erfüllte mich in den vergangenen Tagen immer häufiger mit einem Gefühl großer Wärme und Zufriedenheit. Und es musste wohl aufgrund dieser außergewöhnlichen Hochstimmung gewesen sein, dass ich mich am frühen Nachmittag unvermittelt dazu entschloss, hinauszugehen und einen Weihnachtsbaum zu kaufen. Ich wusste, dass bei der Schnellbahnstation nahe dem Einkaufszentrum ein Händler zu finden war, und ich ging fröhlich und mutig und sagte mir: Jawohl, es ist dein einundachtzigstes Fest und es ist ein schönes Fest.
Aber ich musste kurzzeitig vergessen haben, wie alt ich aussehe, denn als ich eine Viertelstunde später unter der Brücke bei der Station ankam, erlebte ich die erste bittere Niederlage des Tages.
Ich fand eine prächtige Silbertanne; ich packte sie am Kragen, um sie mir nicht von einem Jungen mit dicken Brillen wegschnappen zu lassen, der sie aus der Ferne ins Auge gefasst hatte. Dann winkte ich dem Händler. Und während ich ihn auf mich zukommen sah, beschlich mich die Vermutung, dass das Geschäft nicht reibungslos über die Bühne gehen würde. Ich wollte den Preis drücken, worauf er wider Erwarten einstieg. Doch als er fragte, wo ich meinen Wagen geparkt hätte, damit er mir helfen könne, den Baum einzuladen, und ich antwortete, dass ich kein Auto besäße, blieb er stur und wollte wissen, wo ich wohnte, ich sagte es ihm und da fing er an, aus vollem Halse zu lachen.
"Zum Teufel, was geht es Sie an, wo ich wohne?" sagte ich so laut ich konnte. "Wollen Sie ein Geschäft machen oder nur dastehen und dumm vor sich hin lachen?" "Oh keine Sorge, ich mache meine Geschäfte", erwiderte er ruhig. "Aber ich gehöre nicht zu denen, die dafür über Leichen gehen."

© 2010 Literaturverlag Droschl, Graz-Wien.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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