"Die Zeit an der Nordküste verbrachten sie hauptsächlich an dem gut abgeschirmten, für andere Badegäste unzugänglichen Strand des Zentralkomitees der Partei. Dort war jeder Bademeister Unteroffizier der Staatssicherheit, jeder Eisverkäufer bei der Spionageabwehr, und sogar die Bojen standen unter dem Verdacht, einen Dienstgrad zu besitzen. Sonst war es ein Strand wie jeder andere. Nur, daß die Körper der Mächtigen darauf lagen und schwitzten und erröteten und sich schälten. So wie die Körper des Volkes. Aber das Volk sollte die Körper der Mächtigen lieber nicht nackt sehen. Denn wer das Volk kannte, der wußte, wie gern es Geschichten verbreitete, wie gern es lachte, wie schnell es seinen Respekt verlor und, was das Gefährlichste war, seine Angst. Die kommunistische Partei kannte das Volk gut, also schirmte sie ihre Strände vor ihm ab. Und das Volk ging woanders hin, einen Grund zum Lachen zu suchen."
(S. 248f.)
© 2003, Deuticke, Wien, Frankfurt am Main.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.