aus "Ein Licht über dem Kopf"
Nach zwei Jahren Armeedienst war Plamen Svetlev taub gegenüber Befehlen, dafür aber umso offener für Gerüchte aller Art. Er hörte, daß in der Sowjetunion viele Arbeiter gebraucht wurden, besonders in Sibirien. Er hörte, daß die Arbeit verdammt hart und das Wetter beschissen war. Er hörte, daß man dort als Holzhacker in zwei Jahren so viel Geld verdienen konnte, wie ein bulgarischer Lehrer in zehn. Mehr brauchte Plamen nicht zu hören. Er wollte kein Lehrer werden. Er meldete sich an und fuhr nach Sibirien. Alles, was man ihm erzählt hatte, stimmte. Es war hart und beschissen. Mal die Arbeit, mal das Wetter, mal alles in einem. Nach zwei Jahren kehrte Plamen nach Bulgarien zurück. Er brachte ein rotes Auto Marke Lada und eine blonde Russin namens Olga mit. Mit dem restlichen Geld kaufte er eine kleine Wohnung. Unterwegs war Olga schwanger geworden. Es war ja eine lange Reise. Seine Eltern freuten sich, seine Nachbarn, die Lehrer waren, beneideten ihn. Er lud sie trotzdem zu seiner Hochzeit ein.
(S. 81)
© 2001, edition exil, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.