Das Paradies
Und wo ist das Paradies?
Ist es Frieden unter Linden?
Ist es Liebe in Paris?
Oder Klarsicht bei den Blinden?
Definieren ist nicht schwer.
Hoffnung ist ein Regenbogen.
Suchen kann man kreuz und quer.
Wer eins findet, hat gelogen.
Viele Thesen, viele Ziele –
Was das heißt, das weiß man ja:
Paradiese gibt es viele,
in der Mehrzahl sind sie da.
In der Einzahl gibt es keines,
also ist uns nichts entgangen.
In der Bibel steht zwar eines,
aber das war voller Schlangen.
Paradiese gibt's für Käfer,
für die Katze, für den Hund,
doch für Adam und für Eva
war's bekanntlich nicht gesund.
Denn die Menschen offensichtlich
Passen einfach nicht dorthin.
Religiös und auch geschichtlich
passen Menschen nach Berlin.
Die Liebe
Wenn ich nicht ich wär, möcht ich du sein,
säß dir im Hirn und wäre gescheit.
Wenn ich ein Tier wär, könnt ich ein Gnu sein,
spränge zu dir und täte dir leid.
Wenn du ein Tier wärst, so wie ein Biber
oder ein Käfer oder ein Bär –
doch da du du bist, ist es mir lieber,
ich kann dich lieben so wie bisher.
Auch wenn du alt wärst, wie meine Oma
Oder mit Glatze oder mit Bauch
Oder gar krank wärst oder im Koma,
nur keine Sorge, ich wäre es auch.
Doch da du du bist, liebst du den Gunther,
meine Gefühle sind dir egal.
Ich sehe schwarz, und Gunther sieht bunter,
und das ist leider katastrophal.
Nun da ich ich bin, ist es wohl besser,
Schluß mit der Liebe und dem Geschnauf!
Nehm einen Strick sowohl wie ein Messer,
stech mich ins Herz und hänge mich auf.
Der Komponist
Und so hat man, was man hat,
und so ist man, was man ist,
und so liest man es vom Blatt,
und so wird man Komponist.
Und da steht sie, die Musik,
und dann schreibt man, was man schreibt,
und man denkt an die Kritik,
bleibt dabei, so lang man bleibt,
und dann singt man, was man schrieb,
und dann schreibt man, was man sang,
und man hat sich nicht mehr lieb,
und man fragt sich, ob's gelang.
Und sagt: Scheiße, nichts gelang!
Und verbeugt sich vor dem Saal,
und dann sagt man: Vielen Dank!
Und denkt: Scheiße, noch einmal!
Und dann steht man, wo man wohnt,
geht hinaus auf den Balkon
und blickt stöhnend in den Mond,
und man kennt die Antwort schon.
© 2010 Verbrecher Verlag, Berlin.