aus: Nach der Premiere.
Und wie sagt es Uschi Glas, die oft unterschätzte, überragende Schauspielerin, nicht nur des Films, sondern auch der Bühne, vielleicht noch schöner: "Ich höre immer nur Sex, Sex, Sex! Als ob es nichts anderes gäbe." Dieser Satz, meine Damen und Herren, soll das Motto der Festspiele werden. Die Frau Festspielpräsidentin möchte ihn in jedem Programm der Festspiele auf der ersten Seite abgedruckt haben. Es gibt auch schon spezielle vegetarische Menü-Kreationen, die so heißen. Auf dem Festspielhaus soll der Satz in goldenen Lettern verewigt werden. Jede Pressekonferenz soll mit diesem Satz eröffnet werden. Und er ist ab jetzt Bestandteil jedes Künstlervertrags, vor allem mit Regisseuren. Denn es ist nicht nur ein gedachter Satz. Es ist ein gelebter Satz! Von Uschi Glas selbst gelebt! Denn sie hat nicht davor zurückgeschreckt, sich von ihrem langjährigen Ehemann zu trennen, der zwar dieselbe Kunstauffassung hat, aber offenbar eine ganz andere Lebensauffassung. Uschi Glas hingegen fordert auch von ihrem Leben, was sie von der Kunst fordert. Genauso wie hier alle von der Kunst fordern, was sie auch von ihrem Leben fordern. Die klassische Einheit von Leben und Kunst, meine Damen und Herren! Hier bei diesen Festspielen können Sie es erleben! Uschi Glas kann wahrlich, meine Damen und Herren, die Jeanne d'Arc des zeitgenössischen Theaters genannt werden! Und sie wird auch morgen auftreten, wie ich eben erfahren habe, als Ehrengast der diesjährigen Festspiele und diesen Satz rezitieren. Wovon ich morgen in einer Sondersendung berichten werde. Dieser Satz soll auch gesungen werden. Aber das erst im nächsten Jahr. Niemand geringerer als der Festspieldirektor Peter Ruzicka persönlich soll ihn vertonen. Die Uraufführung übertragen wir natürlich live! Ich versuche es, Sie erlauben, meine Damen und Herren, zur Feier des Tages und zu dieser fortgeschrittenen Stunde einmal selber, gewissermaßen als Vorschlag für den großen Komponisten (singt:): "Ich höre immer nur Sex, Sex, Sex! Als ob es nichts anderes gäbe."
Mit diesen höchst erfreulichen Aussichten verabschiede ich mich für heute von Ihnen, meine Damen und Herren, und werfe mich nun seinerseits ins Getümmel dieses noch immer wunderschönen Abends, der, Sie haben es erlebt, endlich wieder der hohen Kunst die verdiente Ehre erwiesen hat. Gute Nacht!
(S. 670)
© 2004, Sonderzahl Verlag, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.