Mein Blick streifte ein hell erleuchtetes Café, dessen Name als halbkreisförmige Inschrift in das Glas eines großen Fensters geätzt war. Durch das Fenster sah ich Kellner, die Stühle auf die Tische stellten, ein Paar, das schweigend an einem Tisch saß, an der Garderobe einen Mann, der einer Frau in den Mantel half, und im selben Moment sah ich, wie meine Mutter sich umdrehte und einen Augenblick lang das weiße Seidenfutter aufglänzte. Ich wollte hinein und dazugehören. Ich hatte uns wiedererkannt, aber so wie man jemanden sogleich wieder vor die Tür setzte, warf mich die Geschichte raus, als hätte ich darin nichts zu suchen. Wohin nun mit dem überschüssigen Leben, das ich bis hierher geschleppt habe? Wo sollte ich meine Erinnerungen jetzt unterbringen? Sie hatten keinen Platz mehr. Ich wusste nicht, was ich in dieser Stadt noch verloren hatte. Ich war allein übriggeblieben. Ich war aus meiner Vergangenheit verstoßen. (Als sei mein Gedächtnis fort gewesen, um alle passenden Stunden zusammenzutragen, kam es nach langem Suchen aus der Vergangenheit zurück, mit allem beladen, was es finden konnte – wie ein Schuhhändler, der im Lager verschwunden war, mit Schachteln bis unter das Kinn in den Laden tritt –, bereitete mein Leben vor mir aus, aber mir passte davon nichts.)
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© 2010 Verlag Jung und Jung, Salzburg-Wien.