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Markus Köhle: Hanno brennt.

Roman.
Wien: Milena Verlag, 2012.
188 Seiten; brosch.; Euro 17,90.
ISBN 978-3-85286-219-4.

Autor
Leseprobe
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Die Story fängt harmlos wie eine herzliche Liebesgeschichte an: Der 31-jährige Hanno lernt auf einer Privat-Party die 25-jährige Annabell kennen. Beide sind betrunken. Als der „Lebenskünstler“ Hanno improvisiert und sich als Autor von Tier-Gedichten ausgibt, will Annabell prompt eins seiner Gedichte hören. Hanno verschwindet daraufhin nach Hause und dichtet schnell ein Wellensittichgedicht. Als er zurückkommt, ist Annabell schon weg. Nur einen Zettel mit ihrer Homepage hat sie hinterlassen.

So der unspektakuläre Beginn des neuen Romans „Hanno brennt“ von Markus Köhle. Das Buch ist im Wiener Milena Verlag erschienen. Der gebürtige Tiroler ist Redakteur bei der Literaturzeitschrift DUM, dienstältester Poetry Slammer, tritt regelmäßig mit der Lesebühne „Dogma.Chronik.Arschtritt“ auf und hat bisher zehn Bücher veröffentlicht, zuletzt „Dorfdefektmutanten“ (Rezension).

Zurück zum Plot: Hanno brennt vor Liebe, schaut Annabells Homepage an und schreibt ihr eine E-Mail, doch es dauert noch eine Weile, bis sie sich wiedersehen …
Mittlerweile finden Hanno und sein Mitbewohner Karl die Idee, Tiertexte anzubieten, wunderbar. Sie machen Reklame in einem Künstlerportal im Internet und in einer Konditorei, wo sie eine kleine „Aufführung“ inszenieren. Doch leider glaubt ihnen das keiner. Am wenigsten Frau Kommerzialrat Pochsteiner. Diese hat trotzdem ein Herz für die zwei und engagiert sie für Gartenarbeiten in ihrer Villa. Erfolgreicher ist die Internet-Anzeige: Ein vermeintlicher Sodomit hat sich gemeldet und will ein Sexgedicht über/mit seinen/m Spitz haben. Hanno liefert das gewünschte Gedicht. Allerdings stellt sich der Auftrag als Falle heraus ...

Einige Tage später werden alle, die auf diesem Internet-Forum angemeldet sind, am frühen Morgen von der Polizei festgenommen. Beschuldigung: Bildung einer kriminellen Vereinigung bzw. Organisation nach §278 und §278a des Österreichischen Strafgesetzbuches. Dabei sind auch Aktionen gemeint, die die Künstler schnell und spontan regelmäßig veranstaltet haben – eine Art Künstler-Flashmob. So kommen Hanno, Karl, Annabell und andere in U-Haft und werden teils für mehrere Wochen festgehalten. Nach ihrer Freilassung bilden sie in der Villa von Pochsteiner – auch die Frau Kommerzialrat wurde für ein paar Tage verhaftet – einen Widerstand gegen die „Unrechtsparagraphen“. Hanno brennt – aber jetzt vor Wut.

Diese überraschende Wendung am Schluss des Buches kommt wie ein Donnerschlag. Plötzlich und unvermittelt bekommt der Text eine höchst brisante politische Dimension. Köhles Überraschung gelingt, nicht nur aus dramaturgischen Gründen, sondern auch weil die Anwendung der §278 und §278a unvermittelt einen jeden betreffen kann. Und erinnert – darauf macht der Autor im Anhang aufmerksam – an die Tierbefreiungsbewegung 2008, der 2010 unter diesen Paragraphen der Prozess gemacht worden ist.
Köhle prangert folgerichtig die im letzten Jahrzehnt verschärften Paragraphen an. Sie stellen jeden Bürger unter Generalverdacht, machen jede Person zum/r Kriminellen. Der Autor veranschaulicht mit einigem Witz, wie einfach es ist, in die Fänge der Polizei zu geraten – gerade wenn man unschuldig ist.
Dieser Text überzeugt auch aus ästhetischen Gründen. Denn Köhle versteht es virtuos, sich verschiedener Genres zu bedienen: Erzählung, Gedicht, Slam Poetry, Zeitungsartikel, Powerpoint-Sprech, tabellarische Bürokratiesprache, Protokollstil u.a. Langweilig wird einem nicht – auch weil der Autor durch seinen lakonischen Witz besticht.

Markus Köhle, Jahrgang 1975, ist mit diesem Roman ein veritables Kunststück gelungen. Und er erteilt all jenen eine Abfuhr, die glauben, dass Literatur nicht politisch zu sein hat. Köhle beweist genau das Gegenteil.
Fazit: Köhles „Hanno brennt“ lässt garantiert niemanden kalt – weder Gegner noch Befürworter!

Angelo Algieri
2. Mai 2012

Originalbeitrag

Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

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