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Ausschnitt aus AMELIE von Desirée und Frank Hoese

SAD ROSES
SAD ROSES

Alisha Bionda (Hrsg.)
Anthologie / Phantastische Erzählungen

Fabylon

ARS LITTERAE: Band 4
Broschiert, 204 Seiten
ISBN: 978-392707144-5

Okt. 2009, 14.90 EUR
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In den frühen neunziger Jahren führte mich ein Auftrag nach Norddeutschland. Ich hatte bereits fünf Stunden Fahrt hinter mir, die letzte davon auf schlecht in Schuss gehaltenen, gewundenen Fahrbahnen, die die einzigen Vorposten der Zivilisation in einem der letzten europäischen Urwälder zu sein schienen. Ich wollte noch vor Einbruch der Dunkelheit wieder in Frankfurt sein. Für den Fall, dass es länger dauerte, hatte ich das Nötigste für eine Übernachtung mitgenommen, doch ich hoffte auf einen raschen Abschluss.
Die menschenleere Landschaft begann bereits an meinen Nerven zu zerren. Zwischen Koniferen und mannshohen Hecken, in deren Zweigen Herbstlaub hing, hätte ich das rostfleckige Blechschild fast übersehen. Es verkündete, dass sich ein Ort namens Kaisersruh sechshundert Meter rechts davon befand. Ich bog auf einen schmalen Fahrweg ein, rissig und voller Schlaglöcher, und landete auf einer Allee, über der die Äste mächtiger Eichen ein bogenförmiges Dach bildeten. Wenig später fuhr ich durch ein schmiedeeisernes Tor, dessen Flügel weit offen standen, auf einen Vorplatz, der ebenso wenig gepflegt worden war wie der Rest des ehemals herrschaftlichen Anwesens. In den Rabatten hatten sicher vor langer Zeit herrliche Blumen geblüht. Inzwischen sprossen Grashalme aus dem Kies des Vorplatzes, und an den Rändern des Pfades türmte sich Laub. Ein gepflasterter Weg führte hinter das Haus zu einem flachen Anbau, möglicherweise einer Garage. Ich parkte vor einer breiten Freitreppe und stieg aus. Weit und breit war niemand zu sehen.

Die Klingel bestand aus einem in die Wand eingelassenen Ring, an dem man ziehen musste – was ich tat. Aus dem Innern des Hauses war ein melodiöser Gong zu hören.
Die Person, die dieTür öffnete, wirkte so erbarmungswürdig wie der Besitz selbst. Es war eine hagere Frau, die die Siebzig vor langer Zeit überschritten haben musste. Ihre Kleidung war von langjährigem Gebrauch abgewetzt. Sie trug wattierte Pantoffeln und eine zweireihige Perlenkette. Als sie sprach, schienen ihre Zähne zu groß für ihren Mund, als sei die Frau im Laufe der Jahre zu einer kleineren Version ihrer selbst geschrumpft.
„Sicher sind Sie Herr Horvath“, sagte sie. „Mein Hausmädchen kommt nur zweimal in der Woche. Es hätte Sie sonst empfangen.“
Sie trat beiseite, um mich vorbei zu lassen. Meine Schritte hallten auf geädertem Marmor. Das Innere des Hauses war penibel gepflegt. Gemälde in schweren vergoldeten Gipsrahmen schmückten die Wände. Ein schwacher Duft von Rosen hing im Raum, vage und fern, als seien sie bereits vor Wochen zwischen diesen Wänden verblüht. Ich hängte meinen Mantel an die Garderobe und folgte der alten Dame in einen Salon, der durch eine Glastür mit Jugendstilmotiven mit einem Wintergarten verbunden war. Die Stirnwand des Raumes schmückte ein lebensgroßes Gemälde. Es war eine heitere impressionistische Arbeit, die ein junges Mädchen auf einer Schaukel in einem Rosengarten zeigte. Sie hielt mit der linken Hand ihren Strohhut fest, als befürchtete sie, dass er ihr vom Kopf geweht würde, und blickte den Betrachter lachend an.
„Gefällt es Ihnen?“
„Ich verstehe nicht viel von Kunst“, gestand ich.
„Der Akademieprofessor Hans Birger hat es 1929 gemalt“, sagte sie. „Er war in jenem Jahr bei meinem Vater zu Besuch.“
„Jemand aus Ihrer Familie?“
„Meine Schwester Heiderose.“
Wir nahmen an einem Teetisch Platz. Ich hatte damit gerechnet, die vierzehn Jahre alte Alarmanlage auf den neuesten Stand bringen zu müssen, und wollte ihr unsere Notrufsysteme für Senioren vorstellen.
Doch sie hatte etwas anderes im Sinn. „Der rückwärtige Teil des Anwesens ist sehr schlecht gesichert. Es gibt dort eigentlich nichts zu holen. Aber ich möchte kein Risiko eingehen.“
„Könnte ich mir das Areal ansehen?“
„Natürlich.“ Sie stand auf. „Ich wollte es Ihnen ohnehin zeigen.“

Szenentrenner


Hinter dem Haus führte ein mit Blättern und herabgefallenen Zweigen übersäter Kiesweg durch ein Wäldchen. Löwenzahn und Wegerich wucherten an seiner steinernen Einfassung, und überall standen Gras und wilder Hafer kniehoch. Das Laub wölbte sich so dicht über dem Weg, dass ich an manchen Stellen den Kopf einziehen musste, um nicht mit den Haaren im Blattwerk hängenzubleiben.
„Unsere Familie lebt hier seit fast dreihundert Jahren“, erklärte meine Gastgeberin, die ihre Pantoffeln gegen Gummistiefel ausgetauscht hatte. „Das Herrenhaus ist natürlich nicht so alt. Traugott Biederstaedt zu Limmau, der Leibarzt des Herzogs Albrecht, hat dort drüben den ersten Familiensitz gebaut – 1720. Aber der ist im neunzehnten Jahrhundert bis auf die Grundmauern abgebrannt. Wir gehen dort nicht mehr hin. Mein Urgroßvater hat dann an einer anderen Stelle das Herrenhaus errichten lassen. Jeder Quadratmeter Boden hier ist mit der Geschichte unserer Familie getränkt.“
„Davon bin ich überzeugt. Ist es das? Dort vorn?“
Die alte Dame blieb schwer atmend stehen, die Hände in die Seiten gestützt. „Ja. Das ist der Familienfriedhof. Dort liegen sie alle.“ Sie stapfte weiter. Ich folgte ihr.
Dort liegen sie alle. Was für eine seltsame Bemerkung.

Szenentrenner

Gaby Hylla
Gaby Hylla
© http://www.gabyhylla-3d.de

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