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Masken der Sinnlichkeit
Der Weg zu ihrer neuen Herrin erwies sich als weit einfacher als erwartet. Keine fünf Schritte von ihrer Kammer entfernt traf sie auf die wohl immer großartig gelaunte Michelle. Obwohl die kleine Französin schwer mit feinsäuberlich zusammengelegter Wäsche beladen war, wurde Vanadis herzlich begrüßt. Michelles Herzlichkeit verscheuchte jeden Rest von Furcht, mit dem die seltsamen Träume der vergangenen Nacht noch immer an ihr klebten. Dann nahm sich das Mädchen mit den widerspenstigen blonden Haaren die Zeit, ihrer neuen Freundin den Weg zu Madame Bianchi zu weisen. Die Baroness hatte dafür Sorge getragen, dass das Bett ihrer Zofe nur durch zwei Treppen, ein kurzes Flurstück und ein Vestibül von ihr getrennt war. Vanadis würde das Gemach ihrer Herrin kaum verfehlen können.
Der kurze Weg war für Vanadis aber nicht gleichbedeutend mit einer schnellen Ankunft. Die erste Treppe sprang sie noch wie eine junge Gazelle mit der gebotenen Eile herab. Das kurze Flurstück gehörte jedoch zu einem Korridor, der offenbar für den Fürsten persönlich errichtet worden war. Nicht einmal in ihren kühnsten Träumen hätte sich Vanadis eine solche Pracht vorstellen können. Die kuppelförmige Decke war ein einziges Gemälde. Kräftiges Rot, Blau und Gelb machten das Motiv Blumen und fliegende Engel zur Nebensache. Ein Erker beherbergte einen Marmorbrunnen, auf dem sich detailgetreu gestaltete Statuen lange nicht mehr verehrter Götter niedergelassen hatten. Für die Beleuchtung waren vielarmige silberne Kerzenhalter vorgesehen, die auf dekadenten Minibalkonen standen, die ihrerseits direkt an der Wand befestigt waren. Außer dem Deckenbild gab es keine Gemälde; dennoch war keine Fingerbreit des Flurs unverziert.
Mit staunend geöffnetem Mund blieb Vanadis stehen, um die Kunstfertigkeit zu bewundern. Fasziniert ließ sie die Fingerkuppen über das filigrane Goldrelief gleiten, das die gesamte Wand wie eine wild wuchernde Ranke überzog. Es bildete Blätter und organische Linien, die wie ein Rätsel Formen der Natur andeuteten, ohne ihr Geheimnis tatsächlich preiszugeben. Es war Vanadis völlig unmöglich, sich von dem Anblick loszureißen. Sie sah sich wie eine Balletttänzerin diese Ranken entlangtanzen. Anmutig und schwerelos wirbelte sie das zarte Werk entlang und fühlte, wie fein ziselierter Stein unter ihren Füßen lebendig wurde, um sie schließlich immer weiter hinaufzuheben. Irgendwann würde sie die Wolkendecke durchstoßen und unter diesem unglaublichen Himmel aus Rosa und Weiß weitertanzen. Sie hörte den Applaus der beiden Statuen, die ihren Tanz in atemloser Begeisterung verfolgten. Die alten Götter boten ihr Ambrosia aus ihrem Weinschlauch an, aber ...
Der Knall einer wenige Meter entfernt auffliegenden Tür riss Vanadis aus ihrem Tagtraum. Ohne es zu merken, hatte sie beinahe die Treppenhalle erreicht. Sie musste nur noch ein Stockwerk überwinden, um zu ihrer Herrin zu gelangen. Im Augenblick verschwendete sie aber keinen Gedanken an Madame Bianchi.
Ein Dienstmädchen, kaum älter als sie selbst, war auf den Flur getreten. Der Schimmer ihres blauschwarzen Haares und die hohen Wangenknochen verliehen ihr ein sehr edles Aussehen. Der Augenkontakt währte nur einen Herzschlag lang, dann rannte sie in kopfloser Flucht davon. Ihre blauen, von Panik geweiteten Augen würden Vanadis noch lange verfolgen.
So einfach kommst du nicht davon! Die Männerstimme drang aus dem Raum, den das Mädchen gerade verlassen hatte und war von weinseliger Fröhlichkeit getragen. Du hast mich schmutzig gemacht, flötete sie beinahe. Zwei Lakaien im Livree stürzten in ihren weißen Perücken auf den Flur und setzten dem jungen Mädchen nach.
Soll ich mich vielleicht für Liza entschuldigen?, bot eine weibliche Stimme an. Auch sie schien aus dem für Vanadis verborgenen Raum zu kommen. Auf ölige Weise unterwürfig klang sie und setzte sich wie ein Parasit in den Ohren der Zuhörer ab.
Die beiden Lakaien warfen sich unterdessen fast gleichzeitig auf die Fliehende und rissen ihre zierliche Beute zu Boden. Das Mädchen, dessen Namen offenbar Liza lautete, gab noch immer keinen Laut von sich, wehrte sich aber verzweifelt. Doch die Lakaien verrichteten diese Art von Dienst offensichtlich nicht das erste Mal. Vanadis traute ihren Augen kaum, als einer der beiden dem jungen Mädchen ein Knie auf den Rücken setzte. Mit einem harten Ruck drehten die Männer ihrem Opfer die schlanken Handgelenke auf den Rücken und zerrten sie mitleidlos auf die Beine. Das Mädchen konnte nur ein leises Wimmern von sich geben. Vanadis war von der stumpfen Brutalität wie versteinert. Als sie in einem der beiden Schergen Leonhard erkannte, begann sie fast an ihrem Verstand zu zweifeln.
Sehr schön, sehr schön ... Der Eigentümer der weinseligen Stimme trat jetzt ebenfalls in Vanadis Blickfeld. Unsicher hielt sich der kleine Mann am Türrahmen fest. Seine unförmige Gestalt war in ein Gewand gehüllt, dessen Gegenwert Vanadis Vater in seinem ganzen Leben nicht verdienen konnte. Allein die mit Blumenranken verzierten Beinkleider mussten mehr als ihr elterlicher Hof wert sein. Der Rock jedoch bestand vollständig aus schimmernder weißer Seide mit goldenen Knöpfen und Aufschlägen. Eine Sammlung protziger Orden lag auf dem voluminösen Bauch auf und verlor hierdurch erheblich an Würde. Wirklich abstoßend waren jedoch die dicken Schweißperlen, die unter seiner verrutschten Perücke hervortraten. Beinahe konnte man den Alkohol in ihnen schimmern sehen. Na looos, lallte er und klatschte in die Hände. Ausziehen; ganz! Als das gefangene Dienstmädchen aufschluchzte und ihre Gegenwehr verstärkte, fügte er mit debilem Kichern hinzu: Das Flittchen soll ja wenigstens ein bisschen den Eindruck haben, bestraft zu werden!
Im Rückblick würde sich Vanadis immer wieder vorwerfen, nicht eingegriffen zu haben. Doch die Unwirklichkeit der Situation machte es ihr unmöglich, einen klaren Gedanken zu fassen. Es war, als träume sie und könne nicht aufwachen. Wie versteinert musste sie mit ansehen, was dem armen Mädchen angetan wurde.
Aber mein Graf, seht doch nur, wie mager sie ist. Ich kann mich bestimmt besser entschuldigen als die dumme Liza. Erneut wurde Vanadis Weltbild auf den Kopf gestellt, als sie die Besitzerin der öligen weiblichen Stimme erkannte. Die brutale Theodora bot sich diesem fetten alten Lüstling freiwillig an. Jetzt war Vanadis sicher, dass sie die Vorgänge der gestrigen Nacht geträumt haben musste. Die Theodora von gestern hätte sich niemals für irgendwen geopfert.
Doch der unförmige Adlige legte dem Mädchen, das ihn um fast einen Kopf überragte, nur eine fleischige Hand auf den Bauch und schob sie beiläufig beiseite. Er sah sie nicht einmal an. Mit glühenden Augen ergötzte er sich daran, wie dem wimmernden jungen Mädchen die Kleider vom Leib gerissen wurden. Theodoras ausufernder Hass war jedoch kaum zu übersehen. Doch galt dieser nicht dem Grafen, sondern Liza, deren junger Körper dem fetten Adligen offenbar so viel besser gefiel.
Die beiden Schergen hatten ihr Werk in wenigen Augenblicken und mit erschütternder Rohheit beendet. Mit der Selbstverständlichkeit, mit der ein Mundschenk jungen Wein präsentieren würde, boten die beiden ihrem Herrn das verzweifelte Mädchen dar. Doch der Graf war über das Stadium reinen Gaffens hinaus. Gieriger Geifer und Alkohol liefen ihm als dünnes Rinnsal aus dem Mund, über das Kinn und fielen ihm als dickflüssige Tropfen auf den Bauch. Von seiner debilen Heiterkeit war nichts übrig geblieben. Auf seine fahrige Geste hin beugten die beiden Männer ihr wimmerndes Opfer so rabiat über das Geländer, dass es auf Zehenspitzen stehen musste. Einen Augenblick glaubte Vanadis, dass die Lakaien das Mädchen hinunterstürzen wollten. Sie selbst hätte dies vorgezogen.
Vanadis war nie aufgeklärt worden und wusste nicht genau, was zwischen Männern und Frauen vorging. Doch plötzlich war ihr absolut klar, dass sie selbst nicht hätte weiterleben können, wenn sie in dieser erniedrigenden Art ausgestellt worden wäre. Schon das Zusehen war absolut unerträglich für sie. Mit aller Gewalt kämpfte sie gegen die eisige Lähmung an, die sie so fest im Griff hielt. Sie musste Liza irgendwie helfen! Sie musste einfach! Doch sie war nicht einmal in der Lage, die Augen zu schließen.
So ungelenk, dass seine Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt waren, begann der Graf mit der freien Hand, an seiner Hose herumzufingern. Schließlich ließ er den Wein fallen und machte sich mit beiden Händen ans Werk, dennoch gab das sündhaft teure Beinkleid erst nach, als Theodora ihm zur Hand ging.
Würgender Ekel stieg in Vanadis hoch. Sie war dankbar, dass sie nicht genau sehen konnte, was das große Dienstmädchen unter kriecherischen Lobpreisungen aus der Hose des volltrunkenen Mannes hervorkramte. Sie schöpfte sogar ein wenig Hoffnung, als eine ältere Dame das Vestibül betrat. Die Frau schritt in ihrem ausladenden goldfarbenen Kleid mit der steifen Haltung einer Adligen daher, die ihr Leben lang ein Korsett getragen hatte. Ein roter Etagenrock, ein breiter Spitzenkragen und seltsam unpassenden rosa Satinschleifen gaben ihr ein leicht verrücktes Aussehen. Ihre hoch getürmte Perücke und kostbarer Schmuck wiesen sie jedoch als Persönlichkeit von einiger Autorität aus. Doch als sie zu dem schluchzenden Mädchen und den mitleidlosen Männern aufblickte, blieb die erwartete Empörung aus. Stattdessen hob sie interessiert die Augenbraue und kam die Stufen herauf. Keine zwei Meter entfernt blieb sie stehen und beäugte das Geschehen wie eine Eule durch ein langstieliges Augenglas. Die Männer schienen sich in keinerlei Hinsicht an ihrer Anwesenheit zu stören.
Der Graf hingegen kämpfte augenscheinlich mit einem anderen Problem. Tatkräftig von Theodora unterstützt, nestelte er zwischen seinen Beinen herum und wurde dabei immer wütender. Schließlich begann er regelrecht zu toben und schlug klatschend auf das Hinterteil des Mädchens ein, das ihm so wehrlos präsentiert wurde. Sie schrie, aber Vanadis konnte deutlich hören, dass sie den körperlichen Schmerz kaum spürte. Nach wenigen Schlägen war der Adlige so sehr außer Atem, dass er nicht weiter auf sein Opfer einprügeln konnte. Seine Schwäche schien seinen Zorn ins Unermessliche zu steigern. Mit hochrotem Kopf keuchte er einen Schwall kaum verständlicher, aber zweifellos wüster Beschimpfungen hervor, die seine hohe Geburt Lügen straften. Von Theodora gestützt rief er nach Wein und forderte seine Schergen dazu auf, endlich mit der Bestrafung anzufangen. Die eulenartige Beobachterin hob begierig die Augengläser, als die beiden jungen Männer mit Begeisterung die Hosen öffneten.
Während Leonhard mit blank gezogenem Schwanz das Mädchen am Nacken festhielt, packte sein Spießgeselle ihr Hinterteil um ohne viel Federlesens, in einem Ruck, in das arme Ding einzudringen. Ihre hohen Schreie kündeten davon, dass die körperlichen Schmerzen für sie nur eine untergeordnete Rolle spielten. Die Eule nutzte unterdessen die Gelegenheit, Leonhards Gemächt mit spitzen Fingern einer ausführlichen Untersuchung zu unterziehen. Er selbst oder seine Meinung hierzu schien für sie keine Rolle zu spielen. Leonhard nahm die Untersuchung mit dümmlichem Grinsen hin.
Da sie offensichtlich zufrieden war, zog sie die Handschuhe aus und drückte dem Lakaien ein großes Geldstück in die Hand. Dann nahm sie seinen Hoden in die Hand, während sie mit der anderen seinen Schaft streichelte. Noch immer regte sich bei ihm keinerlei Widerstand. Als der andere Scherge sein Werk endlich beendet hatte, ging sie sogar auf die Knie, um Leonhards Glied höchstpersönlich in das geschändete Mädchen einzuführen. Gleich darauf zog sie es wieder heraus, wischte es ab und roch daran. Angeekelt wischte sie ihren Fund an der Pobacke des Mädchens ab.
Als wäre der Eigentümer mit dieser Aufgabe überfordert, führte die Eule Leonhards Schwanz wieder ein und stellte sich hinter ihn. Während er das Mädchen schändete, zog sie seine Hose herunter und fingerte an ihm herum.
Es waren nicht die Schreie des Mädchens, der Irrsinn der Eule oder das Grunzen der Männer. Und auch die Bilder waren es nicht; Vanadis wandte den Blick ab und ersparte es sich, weiter zu verfolgen, was genau geschah. Es war nicht einmal Mitleid mit dem so schrecklich erniedrigten Mädchen. Nein, es war ein entsetzliches Gefühl, dass sie noch nie in ihrem Leben verspürt hatte: Verachtung. Verachtung von einer Intensität, die sogar Vanadis selbst erschreckte und jede andere Empfindung des sonst so verträumten Mädchens auslöschte. Nur der würgende Ekel blieb und schien von einer Welle der Verachtung in ebenfalls unerreichte Höhen getragen zu werden. Wie die Hände dutzender Ertrunkener drückte er ihr die Luft ab und zwang sie würgend auf die Knie.
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