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Startseite > Bücher > Fantasy > Oldigor Verlag > Tanja Bern > DER SILBERNE FLÜGEL > Leseproben > Leseprobe 3

Leseprobe 3

DER SILBERNE FLÜGEL

Tanja Bern
Roman / Fantasy

Oldigor Verlag

Taschenbuch, 230 Seiten

Mar. 2014, 13.90 EUR
Bestellen: Jetzt bestellen / auch als eBook erhältlich

Die Kälte schnitt wie Eissplitter in die Haut, so scharf fegte ihnen der Wind entgegen. Elias stützte Keija und führte ihn zu dem Transportschlitten, den er zusammen mit Fredrik am Straßenrand postiert hatte. Der Engel zitterte vor Kälte und schlang die Arme um sich.
In Höhe von Färglös lag zurzeit kein Schnee. Elias wusste aber, dass es in den höheren Regionen noch anders aussah. Er hob die Plane des Schlittens an und zog warme Kleidung für sie hervor. Rasch half er Keija in einen Schneeanzug.
Mit Herzklopfen schaute Elias die Straße hinauf. Die Station blieb still. Er schlüpfte in seine Skikleidung und reichte Keija sein zweites Paar Handschuhe, setzte ihm eine Mütze auf. Keijas hüftlanges helles Haar quoll darunter hervor.
„Kannst du mit deinem Bein laufen?“
Keija begegnete seinem Blick. „Das Bein ist nicht das Problem“, sagte er heiser.
Elias hatte mitverfolgt, wie Keijas Verletzungen geheilt waren. Der Bruch im Bein sowie die Wunden waren unnatürlich schnell genesen, viel schneller als bei einem Menschen. Hätte man Keija nicht so hart angefasst, wären seine Rippen wahrscheinlich völlig zusammengewachsen, wenn man von einer gewissen Empfindlichkeit absah.
„Warte!“ Elias streifte sich seine Handschuhe ab und griff unter die Plane. Er holte seine Arzttasche hervor und verabreichte Keija ein Schmerzmittel. „Es wird gleich besser werden.“ Elias nahm liebevoll das Gesicht des Engels in seine Hände. „Wenn es nicht mehr geht, sag es mir! Ich werde dich mit dem Schlitten ziehen.“
Ängstlich sah Keija in die Dunkelheit. „Wie weit müssen wir gehen?“
Besorgt zog Elias die Augenbrauen zusammen. „Es ist ein weiter Weg.“
In einer unbewussten Geste fuhr Keijas Hand zu seiner Brust, beinahe körperlich konnte Elias seine Angst spüren. Das Gesicht des Engels drückte so klar seine Emotionen aus, dass Elias ihn an beide Schultern fasste. „Wir werden es schaffen! Hab keine Angst. Zur Not ziehe ich dich mit dem Schlitten über die ganze Hochebene!“
Zaghaft hob Keija die Hand und strich über seine Wange. Elias ließ es geschehen, rührte sich für einen Augenblick nicht. Dann löste er sich sanft. „Komm …“
Elias verstaute wieder alles unter der Plane, nahm den Griff des Schlittens und zog ihn ein Stück über die Straße. Die abnehmbaren Räder surrten leise auf der asphaltierten Strecke. Nach kurzer Zeit näherten sie sich den Fjällbirken, die Keija vom Fenster aus gesehen hatte. Die Bäume wirkten in der Dunkelheit wie Schatten im Mondlicht. Elias verließ den Weg und führte sie eine Steigung hinauf, zog den Schlitten über Geröll und Gestein.
Keija folgte Elias mit gesenktem Kopf, um dem eisigen Wind zu entgehen. Dreimal stolperte er und konnte sich nur mühsam auffangen. Voller Sorge beobachtete Elias, dass er mittlerweile humpelte. Er wartete auf Keija und schlang einen Arm um seine Taille, um ihn zu stützen. So schleppten sie sich vorwärts, bis sie nach einer Stunde eines der höheren Fjällplateaus erreichten.
Die ersten Schneewehen lagen vor ihnen. Elias zog den Schlitten noch ein paar Meter weiter, dann kappte er die Räder und befestigte sie unter der Plane.
Keija rang nach Atem und konnte sich kaum aufrecht halten.
Elias trat nah zu ihm, strich ihm eine Strähne seines schimmernden Haares aus dem Gesicht und steckte es unter die Mütze. „Wird es gehen, Keija? Wir müssen noch ein ganzes Stück weiter.“
„Es … wird gehen“, antwortete er leise.
„Tapferer Engel“, flüsterte Elias ihm zu.
Nach einer halben Stunde durch den mittlerweile tiefen Schnee brach Keija zusammen. Rasch befestigte Elias den Schlitten mit einem Seil an einem Felsen, damit er nicht abrutschte, und war mit zwei Schritten bei ihm. Er drehte Keija herum, klopfte dem Engel sachte auf die Wange. Er blieb bewusstlos.
„Nein, nein, nein! Keija!“ Elias atmete tief durch, um sich zu beruhigen, überprüfte rasch Keijas Puls. Der Engel schien vor Erschöpfung und Schmerz ohnmächtig geworden zu sein. Wann hatte Keija das letzte Mal gegessen?
Er lief zurück zum Schlitten, schob die Sachen auf eine Seite und befestigte sie mit den Spannseilen. Vorsichtig hievte er Keija hoch und brachte ihn zu dem Transportschlitten, legte ihn auf das Gefährt. Er spannte eines der elastischen Seile vorsichtig um seine schmale Gestalt, sodass er bei dem Aufstieg nicht herunterrutschte. Elias packte den Schlittengriff und zog den Engel mühsam über den Schnee der Skanden-Pässe. Sie mussten weiter und einen Unterschlupf finden, sonst würde Keija erfrieren.
Dunkle Wolken zogen auf und verdeckten die Sterne. Flocken rieselten zur Erde. Elias blickte hinauf und runzelte die Stirn. „Du machst es uns nicht leicht!“, murmelte er zum Himmel. „Mann, hilf uns! Er ist dein Engel!“
Das Schneetreiben nahm zu. Graupel wehte ihm so heftig ins Gesicht, dass es sich anfühlte, als würden kleine Steine auf seine Haut treffen. Elias deckte Keija mit der Plane zu und achtete darauf, dass zur Seite hin noch genug Luft durchkam. Der Engel war mittlerweile eiskalt und atmete immer flacher.
Oh bitte, Keija, halte durch!
Elias stapfte durch den Schnee. Mittlerweile konnte er das Gefährt mit dem zusätzlichen Gewicht kaum noch aufwärts ziehen. Seine Kräfte versagten. Er sank auf die Knie und rang nach Atem. Seine Glieder schmerzten und die Kälte kroch ihm in die verschwitzte Kleidung. Elias spürte, wie sein Kreislauf absackte.
„Hilf uns doch“, rief er verzweifelt in den tobenden Sturm. „Nur ein kleines Bisschen …“
Ein seltsames Gefühl überfiel Elias und er hörte eine Stimme tief in sich: ›Schau nach oben!‹ Überrascht blickte er auf und sah einen Lichtpunkt in den Bergen aufglimmen. Elias drehte sich nach Keija um. Der Engel lag halb tot auf dem Schlitten. Wer hatte mit ihm gesprochen?
Ihm war es egal. Er würde diesem Licht folgen. Eine andere Hoffnung gab es nicht.
Elias schob die Plane wieder über seinen Freund und stieg mit letzter Kraftreserve weiter hinauf. Die allerletzte Hürde kroch er auf allen Vieren, den Schlitten mit dem Seil an sich festgebunden.
Das kleine Licht verglomm und vor ihm tauchte eine Höhle auf.

Szenentrenner


Naheyl griff so weit ein, wie es möglich war. Er versuchte unbemerkt dem Schlitten die Schwere zu nehmen, sandte Keija Wärme, schickte Elias Kraft. Doch ihm waren Grenzen gesetzt und vor dem Hilferuf seines Schützlings hatte er kaum etwas tun können. Nun ging es um Leben und Tod und er gab ihm ein Zeichen, sonst würden beide hier erfrieren. Es gab Regeln, doch in diesem Augenblick setzte sich Naheyl darüber hinweg, schickte ein Licht, das ihm den Weg weisen sollte. Der Schutzgeist hoffte, dass Elias verstand. Mehr konnte er nicht tun.
Eine Gestalt mit wehendem Gewand erschien neben Naheyl, legte die Hand auf seine Schulter. Der Engel wandte sich schuldbewusst zu ihm um.
„Herr, es …“
„Nein, nein, Naheyl, es ist gut. Elias darf jetzt noch nicht sterben …“
Der Schutzgeist sah den Bewahrer der Engel bekümmert an. Dann wandte er den Blick erneut zu seinem Schützling. Als er sah, dass Elias begriffen hatte und zu der Höhle lief, fiel die Anspannung von ihm ab. Er wandte sich wieder zu seinem Herrn, doch dieser war fort. Naheyl war wieder mit Elias und Keija allein.

Szenentrenner


Mit letzter Kraft schleppte sich Elias in die Höhle und zog den Schlitten so weit hinein, wie der Schnee reichte. Dann brach er keuchend zusammen. Draußen heulte der Wind und Graupel wehte bis in den Eingang. Mühsam raffte sich Elias auf und sah nach Keija, der sich kaum regte, dessen Lebenszeichen nur noch sehr schwach waren. Elias strich ihm über die kalte Wange.
„Halte durch. Bitte halte durch“, flüsterte er.
Mit vor Kälte klammen Fingern griff Elias unter die Plane des Schlittens und zog eine Taschenlampe hervor. Er klemmte die Leuchte in eine Felsspalte, denn ohne das Mondlicht würde es hinten in der Höhle stockfinster sein. Der Schein durchbrach die Dunkelheit wie ein Sonnenstrahl.
Elias lief zurück zum Höhleneingang. Das Schneetreiben war kaum zu durchdringen, es nahm ihm jegliche Sicht, doch ein Lächeln huschte über seine Züge.
Es bedeckt alle Spuren, erkannte er. Grant würde niemals herausfinden, welchen Weg sie genommen hatten.
Die Kälte durchdrang ihn bis auf die Knochen und Elias zog die Jacke enger um sich. Er warf Keija einen Blick zu und stapfte in den Schnee. So entkräftet er auch war, er musste den Eingang zur Höhle schützen. Er schnitt Sträucher ab und schleifte sie zu ihrer felsigen Unterkunft, verschloss die Öffnung mit dem Gestrüpp, um eine natürliche und möglichst dichte und windfeste Barriere vor der Kälte zu haben. Elias hoffte, dass der Schnee sich in den Sträuchern verfing und so den Einlass abdichten würde.
Seine Glieder fühlten sich wie Blei an. Aber es gab jetzt nichts Wichtigeres als Wärme, sonst würde Keija erfrieren. Mit steif gefrorenen Fingern schichtete er die mitgebrachten Hölzer für ein Feuer auf. Seine Hände verkrampften sich, sodass er die Scheite kaum fassen konnte. Er fischte aus seinem Rucksack ein Feuerzeug und zündete ein Stück Papier an, das er an das Holz hielt. Die Flammen loderten auf und warmes Licht breitete sich aus. Mühsam erhob er sich und schaltete die Taschenlampe aus, um die Batterien zu schonen.
Elias zog den Schutz des Schlittens zur Seite und zerrte die Schlafsäcke und Decken heraus. Er legte sie ineinander und breitete sie nahe dem Feuer aus. In seinem geschwächten Zustand brauchte er drei Anläufe, um Keija hochzuheben und auf das notdürftige Lager zu betten. Seine Hand glitt in Keijas Kleidung, um zu prüfen, ob sie von innen feucht war. Beruhigt atmete er auf. Der Engel fühlte sich viel zu kalt an, aber der Schneeanzug hatte ihn vor Nässe geschützt. Er zog die Reißverschlüsse der Schlafsäcke zu, hüllte sie fest in die Decken und zog Keija an sich.
Elias lehnte sich an die Felswand und sah den flackernden Schatten der Flammen zu. Seine Fingerspitzen lagen unablässig am Puls des Engels, als könne er dadurch verhindern, dass sich sein Zustand verschlechterte. Mehr konnte er hier an diesem Ort einfach nicht tun. Keija lag mit dem Kopf in seinem Schoß und war noch nicht bei Bewusstsein.
›Bitte stirb nicht‹, flehte Elias.

Crossvalley Smith
Crossvalley Smith
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