“La jeune fille et la mort” meets “Punk Pygmalion”
Musik hat es geraume Zeit hier nicht gegeben, deshalb heute der zweite Satz des Streichquartetts von Franz Schubert: “Der Tod und das Mädchen”. Erst kürzlich machte ich die Erfahrung, dass junge Frauen sogar sterben können, die es gar nicht gegeben hat. Ob es Schuberts Mädchen gab, war immer schon völlig unwichtig, denn die beiden “Hauptdarsteller” des Streichquartetts stehen als mythische Figuren im Raum. Der Tod mag schmerzlich und endgültig sein, aber gegen Mythen ist auch er machtlos. Der Versuch, etwas einzuschläfern, was nicht einzuschläfern ist, wird scheitern. Im Grunde funktioniert unser Kopf mit seinen Assoziationen ähnlich wie die Hyperlinks im Web. Mythen lassen sich verbinden. Ich will nicht verschweigen, woher meine Verbindung kam. Im Blog “Gleisbauarbeiten” warte ich gespannt auf den Abschluss des Brief- und Blogromans “Punk Pygmalion”, in dem es in Briefwechseln um zwei Jugendfreundinnen der achtziger Jahre geht und um ihr Verhältnis sowohl zueinander, als auch zu einem männlichen Punk, der manchmal mit ungestümer Gewalt versucht, sich sein eigenes, ideales Mädchenbild zu schaffen, wie schon Ovids Pygmalion. Dort wurde heute auf eine Urfassung verwiesen, in der vom “Tod und das Mädchen” die Rede war. Nun sitze ich hier und verbinde in einer Art Kultur-Clash dies mit der gestern gesehenen Dokumentation “The Doors, when you´re strange”, die sehr zu empfehlen ist. Wenn er nicht schon tot in Paris liegen würde, hätte vielleicht auch Jim Morrison alias Mr. Mojo Risin eine Art Abziehfolie für den “Punk Pygmalion” abgeben können. Bei diesem spannenden Blogroman, dem ich wünschen würde gedruckt zu werden, denke ich, dass die beiden Frauen Alter Egos eines einzelnen Ichs darstellen könnten. Wenn der Roman abgeschlossen ist, werde ich ihn hier besprechen, wann auch immer.
Das freut mich so sehr, in Ihnen einen aufmerksamen Leser dieses auch für mich „treibenden“ (an- treibend, aber auch triftenden) Projekt zu wissen. „Der letzte Brief“ wird den Roman nicht beschließen. Sie trifft ja Lars am Wochenende (diesem!) in Berlin. Es wird eine kürzeres Kapitel zu Lars geben. Und vielleicht noch einmal Emmi, die aus ihrem Versteck/ihrem Nichts spricht. Wie aus einer Spirale soll das Vergangene noch einmal in einer anderen Form auftauchen. — Aber die Pläne von Menschen und Mäusen, gerade bei diesem Romanversuch ist immer alles ganz anders gekommen, als ich es geplant hatte…
Ganz herzliche Grüße
M.
Liebe MelusineB,
ich hatte ein wenig Bedenken, Sie würden mir den Vergleich mit Jim Morrison vielleicht übel nehmen, denn ein Achtziger-Jahre-Punk konnte er nicht mehr werden, aber in der unbändigen Lebenskraft, dem „Strange-Sein“, Drogen und Musik, das erschien mir wie eine Parallele. Was das „Treibende und Triftende“ betrifft, bin ich gerade davon angetan. Der ganze Roman entwickelt und verändert sich mit der Sicht der Ich-Erzählerin während ihres Schreibens, die Entwicklung findet also nicht nur in den Figuren statt, sondern verlagert sich auch auf die Erzählerin, die das Geschriebene wieder auf sich wirken lässt. Zuerst dachte ich, warum nicht nur Briefe wie bei Choderlos de Laclos, aber später fand ich gerade das Kommentieren der Ich-Erzählerin, ihren teilweise „unsicheren“ Standpunkt reizvoll. Ich sehe auch eine gewisse Verwandtschaft zu den „Fenstern der Sainte Chapelle„, weniger von der Thematik als in der Form des online begleitenden Erzählens. Die Google-Doc-Fassung begreife ich da wie eine festere Überarbeitung und ich hätte zumindest überhaupt nichts gegen eine dann endgültige Fassung, die man auch drucken könnte. Aber zuerst einmal hoffe ich auf die Phantasie der Autorin, doch bei der muss man sich bestimmt auf keine Enttäuschung gefasst machen.
Herzliche Grüsse zurück
D.