Die Mona

Die Mona, dachte ich, dieses Miststück, saß in meinem Stuhl, starrte auf den Bildschirm, denn da war ein Text zurück gekommen, vom Verlag, vom Verleger direkt, der hatte mir eine Mail übersandt, mit einem eingeflochtenen Hinweis seiner Mitarbeiterin Mona, die Mona, dachte ich, wer ist denn überhaupt die Mona, zumindest kennt sie der Verleger, er scheint ihr zu vertrauen, was mein Misstrauen weckt, denn die Mona, die hat ewig und drei Tage etwas an meinen Texten auszusetzen, die schreibt über den Inhalt, nicht über den Text, am Inhalt hatte sie sich vergangen, und so jemanden soll ich jetzt also ernst nehmen, denke ich, die Mona hat sich über den Inhalt erregt, da käme eine sonderbare Moral zum Tragen, die Geschichte sei platt wie ein ausgelaufener Turnschuh, schreibt die Mona, die ich mir nun vorstelle, wie sie da sitzt und sich Gehässigkeiten ausdenkt, nur was so eine bei einem Verlag verloren hat, das erschließt sich mir einfach nicht, das will mir nicht in den Kopf, also schreibe ich dem Verleger zurück, schreibe, das ist Unsinn, auf den will ich mich gar nicht einlassen, und wenn Leute wie die Mona meine Texte zukünftig kommentieren, dann will ich lieber gar keine Texte mehr schreiben oder auch gar keinen Verlag mehr, das schreibe ich dem Verleger in die Mail, denen werde ich es schon zeigen, denke ich, überlese die Mail vom Verleger noch einmal, überlese die Sätze von der Mona noch einmal, die Worte, die mir allmählich vor den Augen verschwimmen, bis nur noch ein Brei aus Zeichen übrig bleibt, Abdrücke, die ich gar nicht mehr deuten kann, die hat doch gar nichts geschrieben, denke ich, lösche die Mail vom Verleger, denke, die Mail habe ich einfach nicht bekommen, ich kenne keine Mona, den Verleger schon, ich werde dem Verleger eine neue Mail schreiben, in der ich zum Ausdruck bringe, was für ein famoser Mensch die Mona sei, was für eine begnadete Kritikerin, ohne die seien wir Autoren ärmer dran, nicht nur ärmer, wir seien ohne eine solche „literarische Inspektorin“ regelrecht verloren, die hätte dem Kafka den Landvermesser ausgeredet und dem Mann den Doktor Faustus, dem Nabokov die Lolita, und überhaupt wären deren Romane dann kürzer geworden, schreib ich dem Verleger in die Mail, ich überlese sie noch einmal, ja, die gibt Sinn, die sende ich ab, da wird sich der Verleger freuen, nur Mona wahrscheinlich nicht, die wird sagen, die Mail ist zu lang und von einer fragwürdigen Moral, ja, das wird sie sagen, die Mona.

(Erschienen bei Die Veranda)

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3 Antworten zu Die Mona

  1. irisnebel schreibt:

    genau das selbe in gruen haben wir hinter uns. mitunter sitzen da praktikanten, frisch nach der schule, mitten in der ausbildung. eine frechheit. kritteln an inhalten, die sie ganz und gar nicht verstehen/ noch nicht verstehen koennen.
    und das, was lektorat bedeutet, verstehn sie nicht die bohne. man muss sich zur wehr setzen. unverstaendlich, was verlage denen fuer eine autoritaet/ macht einraeumen. die betreuenden fachfrauen/lektorinnen lassen die einfach machen, lesen womoeglich nicht mal durch, was da rausgeht… oder schlimmer noch: die freuen sich ueber den argumentations-/schlachtabtausch und koennen, wenns schief geht, sich entspannt zuruecklehnen, weil es der praktikant verzapft hat.

  2. guidorohm schreibt:

    Darauf einen Wein!

  3. irisnebel schreibt:

    jo, prost!
    der geht heut ziemlich schnell ins blut und vertreibt die grippe erstaunlich gut. 😉

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