Archiv für die Kategorie 'Adventkalender'

Adventkalender – Heilige Nacht von Ludwig Thoma

Mittwoch, 24. Dezember 2008

Georg Schober liest Ludwig Thoma – Heilige Nacht

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Musik: Song Flight, Man without Reason
Dauer: 2:16
Dateigröße: 1.05MB

Ludwig Thoma – Heilige Nacht

So ward der Herr Jesus geboren
Im Stall bei der kalten Nacht.
Die Armen, die haben gefroren,
Den Reichen war’s warm gemacht.

Sein Vater ist Schreiner gewesen,
Die Mutter war eine Magd.
Sie haben kein Geld nicht besessen,
Sie haben sich wohl geplagt.

Kein Wirt hat ins Haus sie genommen;
Sie waren von Herzen froh,
Daß sie noch in Stall sind gekommen.
Sie legten das Kind auf Stroh.

Die Engel, die haben gesungen,
Daß wohl ein Wunder geschehn.
Da kamen die Hirten gesprungen
Und haben es angesehn.

Die Hirten, die will es erbarmen,
Wie elend das Kindlein sei.
Es ist eine G’schicht'‘für die Armen,
Kein Reicher war nicht dabei.

Ludwig Thoma (1867-1921)

Nähere Infos:

Wikipedia – Ludwig Thoma
Ludwig Thoma: Sekundärliteratur
Gutenberg – Ludwig Thomas Werke

Adventkalender – Vor Weihnachten 1914 von Rainer Maria Rilke

Dienstag, 23. Dezember 2008

Da kommst du nun, du altes zahmes Fest,
und willst, an mein einstiges Herz gepreßt,
getröstet sein. Ich soll dir sagen: du
bist immer noch die Seligkeit von einst,
und ich bin wieder dunkles Kind und tu‘
die stillen Augen auf, in die du scheinst.
Gewiß, gewiß. Doch damals, da ichs war
und Du mich schön erschrecktest, wenn die Türen
aufsprangen – und dein wunderbar
nicht länger zu verhaltendes Verführen
sich stürzte über mich wie die Gefahr
reißender Freuden: damals selbst, empfand
ich damals dich? Um jeden Gegenstand
nach dem ich griff, war schein von deinem Scheine,
doch plötzlich ward aus ihm und meiner Hand
ein neues Ding, das bange, fast gemeine
Ding, das besitzen heißt. Und ich erschrak.
Oh wie doch alle, eh ich es berührte,
so rein und leicht in meinem Anschaun lag.
Und Wenn es auch zum Eigentum verführte,
noch war es keins. Noch haftete ihm nicht
mein Handeln an; mein Mißverstehn; mein Wollen,
es soll etwas sein, was es nicht war.
Noch war es klar
und klärte mein Gesicht.
Noch viel es nicht, noch kam es nicht ins Rollen,
noch war es nicht das Ding, das widerspricht.
Da stand ich zögernd vor dem wundervollen
Un-Eigentum…

Rainer Maria Rilke (1875 – 1926)

Weiterführende Infos:
rilke.de – Rainer Maria Rilke-Gedichte und mehr
Wikipedia – Rainer Maria Rilke
Vorleser.net – Rainer Maria Rilke

Adventkalender – Der Baum in der Wüste von Franz Graf von Pocci

Montag, 22. Dezember 2008

Georg Schober liest Franz von Pocci – Der Baum in der Wüste

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Musik: General Union, Basse Dance
Dauer: 2.29
Dateigröße: 1.14MB

Franz von Pocci – Der Baum in der Wüste

Als Maria mit dem Kinde,
Nach Ägypten auf der Flucht,
Von des Tages Wandrung müde,
in dem Schatten Ruhe sucht,

Da sie zu des heil’gen Kindleins
Labung bang nach Früchten spät:
Schaut sie endlich in der Wüste
einen Baum, der einsam steht.

Seine Zweige schwer belastet
Sind mit Früchten reich geschmückt,
Was die liebevolle Mutter
Ob des Kindleins hoch entzückt.

Wie sie sich dem Baume nahet,
Von den Früchten pflücken will,
sieht sie, dass zu hoch sie hangen,
Und sie weint betrübet still.

Doch des Baumes schlanke Zweige
Neigen nun zur Erde sich,
Gleich als ob sie freundlich sprächen:
Heilige Maria, brich!

Brich die Früchte, die wir bieten
Dir und dem geliebten Kind,
Dem wir, gleichwie des Erschaffnen
Alle, untertänig sind.

Und Maria brach die Früchte
Und pries Gottes Allmacht laut,
Niederkniend voll der Demut,
Als das Wunder sie geschaut.

Franz Graf von Pocci (1807 – 1876)

Nähere Infos:
Franz Graf von Pocci
Franz Graf von Pocci: Schattenbilder mit Versen – von der Universitätsbibliothek Braunschweig digitalisiert und ins Netz gestellt.
Auf dieser Site finden Sie Beispiele für das zeichnerische Werk von Pocci.

Adventkalender – Schenken von Joachim Ringelnatz – Jubla von Petra Öllinger

Sonntag, 21. Dezember 2008

Georg Schober liest Joachim Ringelnatz – Schenken

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Musik: Basse Dance von General Union
Dauer: 1:40
Dateigröße: 790KB

Joachim Ringelnatz – Schenken

Schenke gross oder klein,
Aber immer gediegen.
Wenn die Bedachten
Die Gaben wiegen,
Sei dein Gewissen rein.
Schenke herzlich und frei.
Schenke dabei
Was in dir wohnt
An Meinung, Geschmack und Humor,
So dass die eigene Freude zuvor
Dich reichlich belohnt.
Schenke mit Geist ohne List.
Sei eingedenk,
Dass dein Geschenk
Du selber bist.

Joachim Ringelnatz (1883 – 1934)

Weiterführende Infos:
Ringelnatz – Net
Rignelnatzstiftung
Ringelnazverein

Petra Öllinger liest Petra Öllinger – Jubla

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Musik: Dope Head Blues von Victoria Spivey
Dauer: 4:45
Dateigröße: 2.18MB

Petra Öllinger – Jubla

„Auch Christbäume wollen Abwechslung. Dein Christbaum gibt gerne etwas dafür her.“
Ich sitze vor Jubla und lese ihm diese Zeilen aus einem Möbelhaus-Katalog vor, wo Schränke, Betten, Tische, Regale und Hauspatschen Namen tragen.
„Hörst du?“, frage ich Jubla, „Dein Christbaum gibt gerne etwas dafür her.“
Jubla ignoriert meine Worte. Stumm steht er da und wartet. Weglaufen kann er ja nicht. Aber Jubla kann etwas anderes. Er kann meine Weihnachtsbaum-Dekorationsversuche sabotieren. Und das tut er auch – jedes Jahr.
Jedes Jahr sträubt er sich, wenn ich ihn mit Glaskugeln, Windringerl und Strohsternen behängen will. „Schau, es ist doch nur für drei Tage, dann darfst du wieder hinaus.“ Jubla läßt sich nicht erweichen. Da läßt er lieber alle Äste hängen, sodaß die mühsam arrangierten Christbaumhaken wieder runterrutschen. Sogar meine Versuche, den Schmuck mit luftigen Bändern auf Jubla zu drapieren, scheitern. Er verliert augenblicklich genau an den geschmückten Stellen seine Nadeln. Hörte ich nicht sofort auf mit dem Dekorieren, er würde wie ein räudiger Hund aussehen.

Die beiden einzigen Utensilien, die Jubla akzeptiert, sind Engelshaar und ein Zwerg. Das Engelshaar darf ich ihm vorsichtig auf seinen Ästen drapieren. Vorsichtig muß ich auch sein, damit keines dieser Löckchen versehentlich in meinen Ärmel hineinkriecht oder sich in meinem Nacken verteilt. Juckreiz und Bläschenausschlag sind die Folgen, jedes Jahr, da kann ich noch so vorsichtig sein.

Auf Jublas Wipfel darf ich dann den Zwerg aus Tannenzapfen und mit roter Filzmütze platzieren. Manchmal habe ich das Gefühl, daß auch der Zwerg allergisch auf Engelshaar reagiert. Hin und wieder höre ich während der Weihnachtsfeiertage ein zartes Niesen vom Wipfel …

Also, meine Christbaumdekoration besteht seit 13 Jahren aus einem Zwerg und Engelslocken, die beim Zwerg und bei mir eine allergische Reaktion auslösen. Seit 13 Jahren fragen mich auch liebe Verwandte: „Warum schmückst du den Baum nicht mit den goldenen Kugeln, die ich dir letztes Jahr geschenkt habe?“ „Sag mal, sieht dieser Baum nicht schon etwas schäbig aus?“ „Mit dem Dekorieren hast du’s nicht so, gell?“
Seit 13 Jahre lächle ich höflich und verschwinde rasch in der Küche, um Häppchen, Kekse oder Punsch zu holen. Wie sollte ich meinen Verwandten auch erklären, daß meine Gartentanne es haßt, für den weihnachtlichen Anlaß geschmückt zu werden. Wie sollte ich ihnen erklären, daß ich es einfach nicht übers Herz bringe, dem Baum einmal richtig an die Nadeln zu gehen, weil er sich jedes Jahr zu Weihnachten immer sooo ziert.

Spätestens am 27. Dezember schleppe ich Jubla zurück in den Garten, damit er sich nach all den Strapazen erholen kann an der frischen Luft. Er blüht richtig auf und ich glaube schon beobachtet zu haben, daß ihm an den kahlen Stellen, an denen er bei meinen Dekoversuchen die Nadeln verloren hat, über Nacht welche nachgewachsen sind. Sei es ihm gegönnt.

Und daß ihm hin und wieder ein Vogel ins Geäst kackt, gönne ich ihm auch.

Adventkalender – Weihnachten von Josef von Eichendorff

Samstag, 20. Dezember 2008

Georg Schober liest Josef von Eichendorff – Weihnacht

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Musik: Frédéric Chopin, Nocturne No. 2 in E-Flat-Dur, Op. 55, interpretiert von Donald Betts
Dauer: 2:04
Dateigröße: 978KB

Josef von Eichendorff – Weihnacht

Markt und Straßen stehn verlassen,
still erleuchtet jedes Haus
sinnend geh ich durch die Gassen,
alles sieht so festlich aus.

An den Fenstern haben Frauen
buntes Spielzeug fromm geschmückt,
Tausend Kindlein stehn und schauen,
sind so wundervoll beglückt.

Und ich wandre aus den Mauern
bis hinaus ins weite Feld,
hehres Glänzen, heil’ges Schauern!
Wie so weit und still die Welt!

Sterne hoch die Kreise schlingen,
aus des Schnees Einsamkeit
steigt’s wie wunderbares Singen -
O du gnadenreiche Zeit!

Joseph von Eichendorff (1788 – 1857)

Näher Infos:
Eichendorff – Biographie
Literaturnetz – Linksammlung Eichendorff
Eichendorff-Motive auf Postkarten

Adventkalender – Die heiligen drei Könige von Klabund

Freitag, 19. Dezember 2008

Wir sind die drei Weisen aus dem Morgenland,
Die Sonne, die hat uns so schwarz gebrannt.
Unsere Haut ist schwarz, unsere Seel ist klar,
Doch unser Hemd ist besch… ganz und gar.
Kyrieeleis.

Der erste, der trägt eine lederne Hos‘,
Der zweite ist gar am A… bloß,
Der dritte hat einen spitzigen Hut,
Auf dem ein Stern sich drehen tut.
Kyrieeleis.

Der erste, der hat den Kopf voll Grind,
Der zweite ist ein unehlich‘ Kind.
Der dritte nicht Vater, nicht Mutter preist,
Ihn zeugte höchstselbst der heilige Geist.
Kyrieeleis.

Der erste hat einen Pfennig gespart,
Der zweite hat Läuse in seinem Bart,
Der dritte hat noch weniger als nichts,
Er steht im Strahl des göttlichen Lichts.
Kyrieeleis.

Wir sind die heiligen drei Könige,
Wir haben Wünsche nicht wenige.
Den ersten hungert, den zweiten dürst‘,
Der dritte wünscht sich gebratene Würst.
Kyrieeleis.

Ach, schenkt den armen drei Königen was.
Ein Schöpflöffel aus dem Heringsfass -
Verschimmelt Brot, verfaulter Fisch,
Da setzen sie sich noch fröhlich zu Tisch.
Kyrieeleis.

Wir singen einen süßen Gesang
Den Weibern auf der Ofenbank.
Wir lassen an einem jeglichen Ort
Einen kleinen heiligen König zum Andenken dort.
Kyrieeleis.

Wir geben euch unseren Segen drein,
Gemischt aus Kuhdreck und Rosmarein.
Wir danken für Schnaps, wir danken für Bier.
Anders Jahr um die Zeit sind wir wieder hier.
Kyrieeleis.

Klabund (1890-1928)

Adventkalender – Das Weihnachtsbäumlein von Christian Morgenstern

Donnerstag, 18. Dezember 2008

Es war einmal ein Tännelein
mit braunen Kuchenherzlein
und Glitzergold und Äpflein fein
und vielen bunten Kerzlein:
Das war am Weihnachtsfest so grün
als fing es eben an zu blühn.
Doch nach nicht gar zu langer Zeit,
da stands im Garten unten,
und seine ganze Herrlichkeit
war, ach, dahingeschwunden.
Die grünen Nadeln war‘n verdorrt,
die Herzlein und die Kerzlein fort.
Bis eines Tags der Gärtner kam,
den fror zu Haus im Dunkeln,
und es in seinen Ofen nahm -
Hei! Tat`s da sprühn und funkeln!
Und flammte jubelnd himmelwärts
in hundert Flämmlein an Gottes Herz.

Christian Morgenstern (1871-1914)

Weiterführende Infos:
Digitales-Christian-Morgenstern-Archiv
Deutsche Liebeslyrik – Christian Morgenstern

Adventkalender – Christabend von Hugo Salus

Mittwoch, 17. Dezember 2008

Christabend war’s. Ich träumte durch die Gassen,
vom Weihnachtsglanz mein Herz durchglüh‘n zu lassen.
Mein Herz war fromm, als ob durch jede Flocke
das Bluten einer wunden Seele stockt.

„Frieden auf Erden und den Menschen allen
Glückseligkeit und stilles Wohlgefallen!“
Da, wie ich ging, zerstörte meine Träume
ein Haufen unverkaufter Weihnachtsbäume.

Sie lagen auf dem Pflaster da, vergessen
und schneebedeckt, als wär ihr Grün vermessen,
als schämten sie sich ihrer hellen Farben,
die doch so gern, um heut zu leuchten, starben.

Gleich einer Gauklerschar, im Wald erfroren,
die tief im Schnee den Weg ins Dorf verloren,
so lagen sie und sah‘n aus ihrem Dunkel
rings in den Fenstern strahlendes Gefunkel.

Sie lagen da wie unerfülltes Sehnen,
erträumter Schimmer, ausgelöscht durch Tränen,
wie Leid, das wirr um die Erlösung betet,
wie Kinderjauchzen, das der Hunger tötet.

Sie lagen da, verschüchtert und verbittert,
vom Frost des Elends bis in Mark durchzittert,
den Glanz verfluchend, gleich Millionen Seelen,
in denen heut die Friedenslichter fehlen.

Hugo Salus (1866-1929)

Weiterführende Infos:
Bibliotheca Augustana – Hugo Salus