Heute war ich bei der Lesung von Ludwig Lahers neuen Roman „Einleben“ und bin, was den Blogeintrag betrifft, ein wenig ratlos, wie ich sie besprechen soll? Das Buch vielleicht nicht so genau, falls ich es doch zum Rezensieren bekomme.
Also mit Ludwig Laher beginnen, den 1955 geborenen oberösterreichischen Schriftsteller, den ich schon lange kenne. Wahrscheinlich habe ich ihn bei den Generalversammlungen der IG Autoren kennengelernt, aber auch die der GAV wären möglich, engagiert er sich ja in beiden Bereichen und nimmt immer wieder an Sitzungen und Tagungen teil, über die er bei den Versammlungen berichtet.
Er war einmal Lehrer, ab 1998 freier Schriftsteller, habe ich mir aufgeschrieben. Er hat auch den kulturpolitischen Arbeitskreis in Salzburg organisiert und sehr viele Bücher geschrieben. Eines über „Mozarts Sohn“, da kann ich mich an eine Lesung in der alten Schmiede erinnern. Bei „Herzfleischentartung“, geht es um ein SS Arbeitserziehhungslager in St. Pantaleon, das ist der Ort, wo auch Ludwig Laher wohnt.
„Und nehmen was kommt“, ist die Geschichte einer ostslowakischen Romafamilie, da war ich 2007, bei der Lesung in der alten Schmiede, ich habe gerade „Und trotzdem“ geschrieben und da ist meine Helga, die Donau hinunter durch die Slowakei geradelt und jetzt „Einleben“, die Geschichte eines Kindes mit Down Syndrom und seiner Mutter Johanna.
Ich kann mich noch an etwas anderes erinnern, nämlich, daß Ludwig Laher im Herbst bei dem Konstantin Kaiser Symposium in der alte Schmiede vorgetragen hat und mir in der Pause erzählte, daß er früher weg muß, weil er aus „Einleben“, bei der österreichischen Down Syndrom Tagung liest und als ich da nachgegooglet habe, war es nicht weit zu den Büchern von Menschen mit Down Syndrom, zu Michaela König und dem Ohrenschmaus….
Die Gesellschaft für Literatur war nicht besonders gut besucht, gestern hat Ludwig Laher gemeint, hätte er in Garsten achtzig Zuhörer gehabt, aber Wien ist anders.
Evelyn Holloway war aber da, Norbert Leser und noch einige andere Interessierte und Manfred Müller hat sehr schön eingeleitet und von einer Trilogie gesprochen, in der es um Menschen geht, die es im Leben nicht sehr leicht haben.
„Einleben“ ist der zweite Teil, „Nehmen was kommt“, der erste, am dritten scheint Ludwig Laher gerade zu arbeiten, das Thema wurde nicht verraten.
Manfred Müller hat von einer gründlichen Recherchearbeit gesprochen und von der Kunst Ludwig Lahers mit der er das Journalistische mit dem Literarischen zu verbinden weiß und immer sehr brisante Themen aufgreift. Und das „Einleben“ mit Down Syndrom ist ja ein brisantes Thema, wird es bald keine Menschen mehr damit geben, kommen ja 90% der Betroffenen nicht mehr auf die Welt, weil wir eine so gute Diagnostik haben und Höchstgerichtsurteile, nach denen der Mensch als Schadensfall beurteilt wird und die Ärzte, wenn sie nicht genug beraten haben, zu Unterhaltszahlungen verpflichtet werden, so daß man sich, wie Ludwig Laher beschreibt, schon sehr verstecken muß, um den Ultraschall und anderen Untersuchungsmethoden zu entkommen. So hätte das Buch auch „Kopf im Nacken“ heißen sollen, aber dann war ihm das „Einleben“ zwischen Mutter und Tochter doch wichtiger.
Manfred Müller hat nach der Recherchearbeit gefragt und Ludwig Laher erzählte, daß er in seiner weiteren Umgebung zwei Familien mit Down-Kindern kennt, die hat er besucht und sich Geschichten über sie erzählen lassen. Später ist er auch in Selbsthilfegruppen gegangen und hat den Frühförderinnen bei ihrer Arbeit zugeschaut.
So besteht das Buch aus sehr vielen Geschichten, die er erlebte oder erzählt bekommen hat. Es springt im Stil von den Erlebnissen Steffis zu Johannas Schwangerschaft zurück und erzählt auch von jenem Arzt, der dem Down Syndrom seinen Namen gab.
Eine behutsame Mutter Kind Beziehung wird beschrieben, bei der man viel über das Down Syndrom, das einmal Mongoloidismus geheißen hat und das Leben dieser Kinder erfährt.
In der Diskussion kam die Frage, wieweit das Buch anders geworden wäre, wenn es ein Betroffener geschrieben hätte. So hat Anna Waltraud Mitgutsch in der „Ausgrenzung“, einen Roman über ihren autistischen Sohn geschrieben. Eine Frage, die interessant, aber nicht sehr leicht zu beantwortet ist und mir sind nach den schönen Schilderungen der tierliebenden Steffi, die die Hunde im Lieblingscafe ihrer Mutter mit Keksen füttert, aber auch die Traurigkeit der Oma erkennt, die einmal in der Woche ihren Enkel aus dem Kindergarten holt, einige eigene Erlebnisse mit Down Kindern eingefallen. Es sind meist sehr starke Bilder, die im Gedächtnis bleiben, weil wir ja in einer Welt der Ausgrenzung und der Abschottung leben und normalerweise nicht viel mit Menschen mit Down Syndrom in Berührung kommen, so daß wir solche Bücher brauchen, was irgendwie sehr schade ist.
Mal sehen, ob ich Gelegenheit bekomme, das Buch ausführlicher zu besprechen. Es lohnt sich sicher es zu lesen und so bleibe ich neugierig, will ich ja auch, wenn ich mit dem Korrigieren fertig bin, über dieses Thema schreiben.
2010-01-21
Ludwig Laher in der Gesellschaft für Literatur
2010-01-20
Bibliothek ungelesener Bücher
Die Bibliothek ungelesener Bücher wurde 1997 von Julius Deutschbauer im Museumsquartier gegründet, seit 2000 ist sie nomadisch unterwegs. Kunsthalle Wien, Sigmund Freud Museum, Residenzgalerie, Kunsthalle Baselland, Universität Klagenfurt usw und jetzt in der AK Arbeiterbibliothek, so stand es bei Christiane Zintzen zu lesen. Von Ilse Kilic und Fritz Widhalm habe ich kürzlich ein Einladungsmail bekommen und so habe ich den zweiten Abend des Medien-Krieg-Kunst-Symposiums des Elfriede Jelinek Forschungszentrum ausgelassen und bin in die Arbeiterkammerbibliothek gestapft.
Es hat um siebzehn Uhr begonnen. Lsen und handarbeiten im Zirkel zum thema „faul“ stand auf dem Programm und als ich in die AK-Arbeiterkammerbibliothek gekommen bin, waren Ilse Kilic, Fritz Widhalm, Julius Deutschbauer und einige andere schon da.
Ilse Kilic häkelte an einem rosa Schweinchen und forderte mich zum Handarbeiten auf, aber ich bin keine Handarbeiterin, zumindestens nicht mit Wolle und mit Stricknadeln und so fragte ich die Frau von der Arbeiterkammer nach dem Karl Stubenvoll, das ist der Freund vom Alfred mit dem er immer nach Patagonien oder sonstwohin fährt und der ist Bibliothekar in der Arbeiterkammer, war aber um siebzehn Uhr schon fort.
Nach einer halben Stunde begann das Programm mit einer Rundumlesung zum Thema „faul“, ein paar Frauen strickten, ein paar andere hatten Texte vorbereitet. Es gab welche von Erich Kästner, Wilhelm Busch und anderen. Ich bekam ein Buch mit Sprichworten von H.C. Artmann in die Hand gedrückt, weil ich mich erkundigt hatte, warum der „Don Quijote“ vorgelesen wurde, denn da ging es auch um Sprichwörter und eines davon handelte von Faulheit.
Es gab Wein und Vollkornbrot und in der Pause erschienen die Autoren, nämlich Gabriele Petricek, Hermann J. Hendrich, Christian Katt und Ilse Kilic und Fritz Widhalm lasen vierzig Minuten aus ihrem Verwicklungsroman Teil VI, da ging es um das Atterseeschwimmen, die Radkarawane, Ilse Kilics Krebserkrankung und einigen Vorsorgeuntersuchungen von Fritz Widhalm respektive der Jana und dem Natz, wie die Protagonisten des fiktiven und realen Verwicklungsromans heißen. Einen Teil davon habe ich ja gelesen, es ist sehr interessant und so hat es Ilse Kilic auch angekündigt.
Dann kamen zwei Interviews zu ungelesenen Büchchern nämlich eines mit dem Hausarzt von Julius Deutschbauer, der Thomas Bernhards „Holzfällen“ oder „Holzfäller“ auswählte und es war sehr lustig zu erfahren, was er alles zu diesem Buch nicht wußte, das ich gelseen habe, als ich noch Assistentin in der Sprachamblanz, an der II HNO Klinik war und der DDr. Bigenzahn kannte, glaube ich, den Komponisten Lampersberg und, daß eine der Protagonistinnen Jeannie Ebner war, bei der das künstlerische Abendessen im Ohrensessel stattfand, habe ich, damals noch nicht gewußt. Die zweite Interviewpartnerin war Reene Gadsden von der Schule für Dichtung.
Danach habe ich Julius Deutschbauer „Die Radiosonate“ übergeben und gesagt, daß ich auch einmal lesen möchte, mal sehen was daraus wird. Ich habe bei meinen Anbahnungsversuchen ja nie besonders viel Glück, obwohl das Honorar von der Frauenlesung in der Galerie Heinrich vom November gekommen ist und Christoph Kepplinger hat die Einladung für die Eugenie Kain Gedenklesung am Samstag, den 30. 1. um 17 Uhr im Völkerkundemuseum, in der Laudongasse 15, im Gartensaal, geschickt.
Da werden in Gedenken an Eugenie Kain Ruth Aspöck, Judith Gruber-Rizy, Elfriede Haslehner, Eva Jancak, Ursula Knoll, Hilde Langthaler, Carina Nekolny, Lale Rodgarkia-Dara, Hilde Schmölzer und Simone Schönett lesen.
Ich lade alle sehr herzlich dazu ein und am Samstag den 23. 1. gibts den Katzenfasching des ersten Wiener Lesetehaters im Gasthaus Sittl und da hat mich Susanne Schneider informiert, werde ich von 20.14. – 20.23 aus meiner „Kätzin Murana“ lesen. Auch da lade ich herzlich ein und El Awadalla hat mich zu einem Protestaufruf gegen die Kündigung Silvia Bartls aufgerufen, weil das Literaturhaus in finanziellen Schwierigkeiten ist, da habe ich selbstverständlich unterschrieben.
Und ein Jahrbuch über die AK-Bibliothek beziehungsweise ihren Umbau gibt es auch.
2010-01-19
Medien-Krieg-Kunst
„Wir sind wieder vor dem Fernseher gesessen“, während der Irakkrieg lief….
„Berichterstattung über Krieg war immer ein wichtiges Mittel zur Verbreitung von Information aber auch der Propaganda und der Manipulation“, deshalb veranstaltete das Elfriede Jelinek- Forschungszentrum am 19. und 20. Jänner ein zweitägiges Symposium im Rahmen der Reihe „Totalitarismus-Fundamentalismus-Kapitalismus.“
Der erste Abend fand im ORF Kulturcafe mit einem Gespräch zu Elfriede Jelineks feministischer Medienkritik in „Bambiland“ und „Babel“ mit Katharina Pewny und Eva Kreisky statt.
Vorher wurde ein Interview mit Christoph Schlingensief gezeigt, in dem er bezweifelte, ob es eine feministische Medienkritik geben könne.
Dazu kann ich nicht viel sagen, denn ich habe weder „Bambiland“ noch „Babel“ gesehen, da ich kaum ins Theater gehe, sondern eher eine Jelinek Romanleserin bin.
Aber im Jahr 2003, als der Krieg im Irak ausgebrochen ist, bin ich im Rahmen des Ö1 Quiz zweimal mit dem Zug erster Klasse nach Graz gefahren und in der Zeitschrift „News“, die ich dabei bekam, waren, wie ich mich erinnere, Ausschnitte aus „Bambiland“ enthalten.
Ich habe bei der Diskussion also nicht viel mitbekommen, nur die Frage, ob es notwendig und wichtig ist, bei der Überschüttung vom Kriegsbildmaterial den Fenseher abzuschalten?
Eine Frage, die ich auch nicht beantworten kann, da ich keine Fernseherin bin und dachte, das Abdrehen ist es auch nicht, man müßte Gewalt und Krieg verhindern, aber wie geht das, bitte schön?
Dann kam, wie er sich selbst bezeichnete, der Opa der Medienwelt, nämlich Bazon Brock, Professor der neuronalen Ästhetik, hielt einen Vortrag über „Bilderkriege“ und ich verstand wieder nichts. Soviel ich mich auch bemühte, blieb nicht mehr hängen, als, daß der Konsument selber schuld ist, wieviel er sieht und nicht der Pornofilmer, sondern der Pornoseher bestraft werden muß. Dann habe ich noch etwas von „wildgewordenen Zicken“ aufgeschrieben und die Hypothese, daß der Feminismus in den Fünfzigerjahren entstanden ist, weil die Männer im Krieg geblieben sind und etwas von der Zwangsmusikberieselung der Flugzeugbenützer und Restaurantbesucher. Da hab ich wieder Glück, weil ich seit nine elfen nicht mehr fliege und in den Restaurants, die ich besuche, wird man nicht sehr berieselt.
Was hat das aber mit der Jelinek zu tun?, dachte ich in der Pause ratlos, in der ich mich mit einer Feministin unterhielt und sie fragte, ob sie das verstanden hätte und dem Gespräch zwischen Helga Köcher und Eva Brenner lauschte.
Dann ging es weiter mit der Diskussion über „Die Rolle der Medien im Irakkrieg“ zwischen Bazon Brock, Katharina Nötzold vom Arab Media Centre und Friedrich Orter vom ORF, den ich als Nichtfernseherin auch nicht kannte, hier fiel mir wieder Bazon Brocks Zynismus unangenehm auf. Denn es stimmt ja nicht, daß alle Amerikaner blöd und alle Österreicher Analphabeten sind. Das klingt vielleicht lustig, zeigt aber höchstens Hilflosigkeit und ist auch manipulativ zu verstehen.
So schüttelte auch eine Frau den Kopf und sagte „So ein Scheiß!“ und eine andere erkundigte sich, ob diese Art von Rhetorik nicht mißverstanden werden könnte?
Es gab aber keinen Tumult im Publikum, obwohl durchaus redegewandte Feministinnen anwesend waren. Ich dachte mir, ich sags dem Herrn persönlich, daß mir sein Zynismus nicht gefällt, worauf er antwortete, ich solle seine Bücher lesen.
Tu ich wahrscheinlich nicht, ich habe aber nachgegooglet und verstehe jetzt ein bißchen besser, denn Jürgen Johannes Hermann Brock hat das Aktions-teaching erfunden, ein Konzept das künstlerische Programmatiken und Agitprop vereint, um sie für die Rezipientenschulung nutzbar zu machen und bei Wikipedia gibt es ein Zitat von ihm, das auf einen Berliner Hinterhof ausgestellt ist.
„Der Tod muß abgeschafft werde, diese Schweinerei muß aufhören, wer ein Wort des Trostes spricht, ist ein Verräter!“
Aber Kriege lassen sich auch mit Agitprop nicht verhindern, wie ich mit Christoph Kepplinger diskutierte, den ich, wie Pia Janke fragte, warum sie einen so wortgewaltigen Agitator, aber viel leisere Feministinnenstimmen eingeladen haben, ob das im Sinn von Elfriede Jelinek ist?
Die Diskussion war aber schon interessant, die Dame, die den Kopf schüttelte, hat sich nämlich zu Wort gemeldet und von jubelnden Irakern gesprochen, als die Amerikaner ihre Inszenierung ab- und Saddam Hussein aus dem Loch zogen, worauf eine andere von der Würde des Menschen sprach, die man auch Saddam Hussein und Nicolai Ceausescu zugestehen sollte und da haben mich die Hinrichtungen auch gestört.
Ich habe also viel gelernt, auch wenn die Hilflosigkeit bleibt, bei Bazon Brock vielleicht, in dem er sich in Agiprop und Zynismus rettet, bei mir, in dem ich zwar nur Ö1 höre, aber auch nicht viel gegen die Kriege der Welt ausrichten kann und morgen geht es weiter „Gegen die babylonische Bilderflut mit literarischden Projektionen vom Irakkrieg“.
Ich habe mich aber, da es morgen die Bibliothek der ungelesenen Bücher mit einer Lesung von Ilse Kilic und Fritz Widhalm gibt, entschlossen dort hinzugehen und werde davon berichten.
2010-01-18
Geschichten aus dem Kürnbergwald
Der Debutroman „geschichten aus dem kürnbergwald, gekürzt“, des 1985 in Linz geborenen Christoph Eric Hack, zeichnet laut der Enzyklopädie PlusPedia, eine böswillige Satire der Jugend im frühen einundzwanzigsten Jahrhundert. Hacks immer wiederkehrende Motive sind sexuelle Ausschweifungen, Gewaltexzesse und soziale Verrohung, was laut Hack, die drei Säulen der Gesellschaft sind.
Das macht neugierig und so habe ich dieses Buch aus dem Resistenz Weihnachtspackerl als erstes gelesen. Es sind zwei Geschichten, die erste heißt „Die Besuche des alten Doktors“, die zweite „Im Namen des Vaters“.
Gekürzt habe ich irgendwo gelesen, hat der Verleger das umfassendere Werk. Vorher gibt es noch in einem Prolog Begriffserklärungen aus denen man erfährt, daß der „Kürnberger Wald“ ein Naherholungsgebiet westlich von Linz ist und Leonding, in dem die Geschichten spielen, eine Stadt im oberösterreichischen Zentralraum. Dann gibts noch Erklärungen zu Orgie, Swinger ect und verschiedene Hinweise, das Leondinger Menschen, wie alle anderen sind, man das Buch nicht essen soll und es für Kinder nicht geeignet ist…
Dann geht es los mit der Geschichte von der Hausfrau mit den drei Töchtern Jessica, Marie und Nicole, die sich ihre hundert bis hundertfünfzig Euro am Tag durch Herrenbesuche verdient und das Spermahandtuch extra wäscht. Zu der kommt der alte Gynäkologe mit dem vielen Geld, der fett und einsam ist und macht mit ihr und ihren Töchtern einen Deal. Er will sie zuerst für Geld untersuchen, später verspricht er dem Mädchen eine Menge Geld, das am längsten Jungfrau bleibt, dann wird die Mutter ermordet, der Doktor adoptiert die Töchter als Enkelkinder, sie vertreiben sich ihre Zeit mit den oben zitierten Gewaltexzessen und beschließen den Doktor tot zu vögeln, um sein Geld zu erben, nur leider hat er dieses in Fünfhunderterscheinen von der Bank behoben und einem gewissen Kevin geschenkt, den er vorher mit der Mutter ficken ließ.
Erzählt wird das offenbar von Martin H., der im zweiten Teil, im Monat Dezember an seinen Vater Briefe schreibt. Täglich einen und man erfährt viel dabei, nämlich, daß Martin, der in Leonding nach einigen Ansätzen maturierte, nach Graz studieren geht, es dort nur ein paar Wochen aushält, so daß er nach Leonding zurück und in die Wohnung der schönen Vanessa kehrt, mit der Gruppensex betreibt und Swingerclubs besucht. Den Vater scheint er nie gekannt zu haben, mit der Mutter gibt es die üblichen Ablösungsschwierigkeiten oder mehr. Denn die Mutter erfährt man in den Briefen ist eine Hexe, vor der er den Vater retten muß, so daß er sie in der Weihnachtsnacht, als sie ihn verführen will, mit einem Messer überfällt, ihr den Kopf abschneidet und ihn in Vanessas Wohnung trägt. Später erfährt man noch, daß auch der Vater schon gestorben ist und sich sein Kopf eingemauert in der neuen Garage des Nachbarn Hildebrandt befindet.
Martin H. zieht sich mit seinem Laptop in den Kürnbergwald zurück, schreibt dem Vater noch, daß er auch die Geschichte von dem alten Doktor erfunden hat und hängt sich, wie man im Anhang erfährt, an einem Baum auf. Vanessa gebärt im September darauf ein Kind, der Junkie Kevin ist schon im März eine Stiege hinuntergefallen und im Dezember des nächsten Jahres trifft ein Komet die Erde, schlägt am Leondinger Hauptplatz ein und den Bürgermeister auf den Kopf, was, wie wir schon vom Prolog wissen, wie alles andere natürlich frei erfunden ist.
Das gekürzte Buch enthält viele Satz- und Rechtschreibfehler, ist also nicht sehr gut lektoriert und trotzdem irgendwie interessant, wenn man über die vielen Gewalt- und Vögelszenen hinwegliest, denn die Nöte einer Jugend, die in einer Sozialsiedlung aufwächst, ist trotz aller Übertreibung nicht so schlecht beschrieben und die Geschichte von dem jungen Mann, der seiner Mutter in einer Psychose den Kopf abgeschnitten hat, hat es auch gegeben. Daß alte Ärzte trotz ihrem vielen Geld am Ende ihres Lebens einsam sind, kann ich mir vorstellen und auch, daß Hausfrauen sich ihr Geld durch Sex verdienen, gesoffen und gedealt wird auch und Gewaltorgien kommen leider ebenfalls immer wieder vor…
So weiß ich nicht recht, was ich zu dem Buch sagen soll. Vielleicht, daß es gut gewesen wäre, es noch mehr zu kürzen, weil die Leute, die einen Porno lesen wollen, sich vielleicht nicht so sehr für die sozialkritische Beschreibung einer oberösterreichischen Kleinstadt interessieren und umgekehrt.
Interessant ist auch die Biografie des jungen Autors. Er ist der Sohn eines Ringers, der 1986 bei einer Wandertour ums Leben gekommen ist. Nach dem Tod der Eltern steht bei PlusPedia, ist er bei den Großeltern in Leonding aufgewachsen, hat 2005 maturiert und studiert Geschichte an der Grazer Karl-Franzens-Universität.
Derzeit soll er an einem Gedichtband arbeiten, der ihn an den Rand des Wahnsinns und darüber hinaustreibt, mehr war über den Autor nicht zu erfahren, im Buch gibts ja keine biografischen Angaben.
2010-01-17
Vom Ute Bock Preis zum Geburtstagsfest
Die Wochenendaktivitäten waren nur ein bißchen literarisch, aber irgendwie wird bei mir alles zur Literatur.
So wurde am Freitag der Ute Bock-Preis für Zivilcourage an Elias Bierdl vergeben, der 2004, siebendunddreißig Flüchtlinge in Seenot rettete, deshalb der Schlepperei angeklagt wurde und mit vier Jahren Haft und vierhunderttausend Euro Geldstrafe bedroht wurde.
Weil ich jedes Monat fünf Euro an SOS Mitmensch spende, erhielt ich eine Einladung ins Haus der europäischen Union und befand mich einmal in etwas anderer Gesellschaft oder auch nicht wirklich.
Denn einige Bekannte habe ich beim Buffet schon getroffen. Zum Beispiel den Franz, den Studienkollegen vom Alfred, der bei der NÖ Landesregierung arbeitet und der mir gleich erzählte, wieviele Buffethaie hier wären.
Ich habe nur zwei Leute gesehen, die ich von literarischen Veranstaltungen kannte, ich gehe ja hauptsächlich zu solchen, dafür die Renate Sassmann von der Auge, mit deren Sohn Robert, die Anna ein Jahr in die freie Schule Hofmühlgasse gegangen ist und die mich auf die „Kampf um die Stadt-Führung“, nächsten Freitag im Künstlerhaus aufmerksam machte, den Max Koch und zwei grüne Politikerinnen.
Der Franz wußte ganze Lebensgeschichten zu erzählen und hat sich so darüber aufgeregt, daß ich drei petit four Stückchen einpackte, die am Heimweg ein bißchen zerquetscht wurden. Am Samstagmorgen sind wir nach Harland gefahren und am Nachmittag in ein St. Pöltner Gasthaus in einer Kellergasse, weil da der siebzigste Geburtstag von Alfreds ehemaligen Lehrer Peter Sladky mit der Wanderwochengruppe gefeiert wurde.
Mit großen Programm: den Fotos vom letzten Jahr, dem Karpfenfischen in Heidenreichstein, das war 2008 zeitgleich mit der Literatur in Nebel, der Alfred war da allerdings in Griechenland, so waren wir nicht dort und ich habe mich per Internet das erste Mal auf die Frankfurter Messe begeben, was bekanntlich ein sehr beeindruckendes Erlebnis war, der Frühlingswanderung in die Hundsheimer Bergen und der ins Dachsteingebiet vom August.
Es gab Musik, ein Geburtstagsständchen, eine Waldviertler Mohn-Heidelbeer-Torte und die Programmvorschau für dieses Jahr. Da soll es im Juni in den Böhmerwald gehen und ich habe ein Stückchen aus dem „Haus“ gelesen.
Denn die Wandergruppe ist ja literarisch inspirierend. Als ich 2004 an der „Reise nach Odessa“ gearbeitet habe, gabs auch ein Wanderwochenende und Regen, wir sind ins Stift Admont. Da hat mich die Führung zu einer beeindruckenden Szene inspiriert und beim „Haus“ hat mich zwar nicht die Hochschwabwanderung mit der Eröffnung des neuen Schiestlhaus inspiriert, aber das „Berg heil!“-Grüßen, das mich anfangs sehr irritierte, weil ich das nicht kannte und so gibt es im „Haus“ ein Kapitel das „Hochschwabblick“ heißt, das hat nichts mit der Wandergruppe zu tun, sondern mit der politischen Sozialisierung der Klara Gerstinger. Ich habe es gelesen und dem Peter Sladky das Buch mit Widmung überreicht, der mir daraufhin die Geschichte seiner jüdischen Verwandten erzählte.
Es gab noch eine handgemachte Peter Sladky Puppe von der Doris, die auf einem Stück Dachstein steht, mit rotem Kapperl und Rucksack mit Firn-Bonbons, denn die pflegt er immer am Gipfel zu verteilen, ein T-Shirt und eine Karikatur von einem anderen ehemaligen Schüler, der in der NÖN zeichnet, zeigte er uns auch.
2010-01-15
Von den Gräsern zur Systemerrettung
Für den Mittwoch hat die Galerie Lindner anläßlich der Ausstellung „Gräser“ von Franz Gertsch zu einem Vortrag des Autors und Biologen Gregor Dietrich über „Gräser“ mit Fingerfood, Sushi und Maki eingeladen.
Jetzt geht es mir mit der Galerie Lindner ähnlich, wie mit dem Ritter Verlag, das allzu Experimentelle und Konkrete ist nicht ganz das Meine und ich sehe doch sehr schnell nur Farbtafeln an der Wand. Der höhere Sinn hat sich auch mir da noch nicht so erschlossen, wie ich vorige Woche beim Heimweg von der alten Schmiede mit der Kunsterzieherin Trude Kloiber diskutierte.
Die Sushi und die Maki waren aber sehr verlockend und so habe ich mir die blauen und die rosa Holzschnitte mit Interesse angesehen und über Gräser viel gelernt, nämlich, daß Dürer gar nicht so sehr nach der Natur gezeichnet hat und die Welt aus Gräsern und aus Bäumen besteht, die Sträucher sind erst viel höher angesiedelt.
Da ich schon länger nicht mehr in der Galerie Lindner war, habe ich auch nicht viele Besucher gekannt. Eine ehemalige Assistentin der alten Schmiede war aber da, die andere literarische Prominenz hat sich wahrscheinlich, wie Frau Travnicek zu vermelden wußte, bei der „Mauerschau“ und der Clemens J. Setz Premiere im Schauspielhaus befunden und am Donnerstag hatte ich zwar keine Premiere, aber meine zweite Lesung im reading!!!room. Wurde da ja die neue Volksstimmeanthologie „Wir retten ein System“ zum dritten Mal vorgestellt.
Es gab Wein, Kaffee, Rehrücken, Lebkuchen und Toblerone. Elfriede Haslehner, Lale Rodgarkia-Dara, Philip Hautmann und ich haben zuerst unsere Anthologietexte gelesen und da war für mich Philip Hautmanns Roman „Yorick“ besonders faszinierend. Denn der in der Anthologie enthaltende Abschnitt „Yoricks Expose über den Neoliberalismus“ war äußerst theoretisch. Einen so theoretischen Roman habe ich noch nie gehört. Nach der Pause wurde es etwas praktischer. Da las Philip Hautmann einen Abschnitt über Milliardäre und von einem ehemaligen Finanzminister mit einem nicht sehr guten Benehmen und meinte, daß man durchaus Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen erkennen könnte.
Der Roman ist noch ein Manuskript und besteht aus vier- bzw. achthundert Seiten. Philip Hautmann scheint, wie ich im Gespräch hörte, auch an die Selbstverlagsgründung bzw. an das Book on Demand Verfahren zu denken.
Roman Gutsch, der die Veranstaltung moderierte, erzählte von einer Subvention, die eine vierte Präsentation bzw. eine Eugenie Kain Gedenklesung, die ja einen Text in der Anthologie hat, am 30. Jänner nötig macht.
Da wird es ein etwas höheres Honorar, als die zehn Euro Aufwandsentschädigung geben und die sieben im Buch enthaltenen Autorinnen sind eingeladen, im Gedenken an Eugenie Kain ihre Texte vorzutragen.
Sehr erfreulich, ich werde darüber berichten. Als wir noch im Vorraum herumstanden und mit Lale Rodgarkia-Dara über ihre Erfahrungen mit dem St. Pöltner Festspielhaus plauderten, läutete Alfreds Handy. Es war Robert Egelhofer, dem das schöne Foto, das Alfred um den Silvester auf der Rudolfshöhe aufgenommen hat, nicht gefallen hat.
Für etcetera muß es schon etwas Literarischeres sein.
Da kam die Lesung gerade richtig und so hat Alfred das Lesungsfoto, das auch hier zu sehen ist, nach St. Pölten geschickt. Mal sehen, ob es ankommt und wie es gefällt?
Bezüglich Clemens J. Setz gibt es noch zu berichten, daß er unter 651 Einsendungen für den Wartholzer Literaturpreis in der Schloßgärtnerei Wartholz in Reichenau an der Rax ausgewählt wurde, der im Februar vergeben wird. Unter den anderen Finalisten befinden sich auch Christian Steinbacher und Katharina Tiwald.
2010-01-13
Reben
Gleich die nächste Besprechung in meinem Andrea Stift Schwerpunkt, denn „Klimmen“ habe ich ja schon gekannt.
Das 2007, bei Kitab erschienene „Reben“ ist eine Erzählung über Andrea Stifts Urgroßmutter, die sie nie kannte, da sie schon vor ihrer Geburt gestorben ist.
„Das ist ganz anders!“, hat mir Andrea Stift geantwortet, als ich ihr im Amerlinghaus erzählte, daß ich mit „Reben“ begonnen habe.
Ja, natürlich oder auch nein, denn das Gleiche dürfte wohl das sich Erzählenlassen über den Schreibegegenstand sein.
Hat Andrea Stift bei ihrer Lesung ja berichtet, sie hätte sich die Geschichten über das Leben in Wohngemeinschaften von Betoffenen erzählen lassen. Sie hat das bei „Reben“ offenbar mit ihrer Familie getan und so gibt es am Schluß ein Dankwort, wo man nachlesen kann, wer aller mit grandiosen Formulierungen über die kleine Anna, die starke Frau, die mit der Hundepeitsche herumgezogen ist, ihre Arbeiter ohrfeigte und die Schwiegertochter demütigte, beigetragen hat.
Die kleine Anna, die aus einer eher desolaten Familie aus der Untersteiermark stammte, 1886 wurde sie geboren, hat irgendwann einmal eine Klosterschule besucht und mit siebzehn in einem Gasthaus gekellnert, bis der Bürgermeister Stift dahergekommen ist und dem Fräulein Annerl den Zahnstocher aus dem Mund busserln wollte. Er hat ihr als Morgengabe einen Weingarten überreicht, daher kommt der Name „Reben“, „Klimmen“ kommt von einem russischen Weinstock, wie wir uns erinnern. Anna nimmt das Regiment in die Hand und hat sich fortan als Gnädige die Hand küssen lassen. Die Arbeiter waren angeblich glücklich von ihr geohrfeigt zu werden und das Rathaus, in dem die Familie wohnte, wurde in einen Unter- und einen Oberstock eingeteilt, unten lebte das Gesinde und die Schwiegertochter, oben legte die Gnädige die Patiencen, ließ aber die Enkelkinder neben sich schlafen und ihre Haare wurden grau, als sie den ersten Sohn beerdigte.
Sie überlebte alle drei und auch noch ihren Carl. War auch gut zu ihrem Gesinde, eine richtige Gnädige halt. So war das früher eben, streng, arbeitssam und fleißig. Depressionen gab es nicht, sind das ja Zeichen von Schwäche, nur den Wein, den man in sich hineingießt, aber der zählt zum steirischen Brauch. Die kleine strenge Anna mit dem guten Herzen war auch sehr trinkfest und hat alle einfallenden Soldaten unter den Tisch gesoffen, auch wenn ihr die brave Mitzi nur Lindenblütentee einschenkte.
Andrea Stift fährt mit einer frechen frischen Sprache, die mir schon bei „Klimmen“ aufgefallen ist, über das Urgroßmutterfamilienleben drüber und hat auch noch drei Perspektiven dabei.
Die Familiengeschichte nimmt dabei den breitesten Raum ein, wertfrei, frisch und liebevoll wird über die Schatten der Vergangenheit und die Leichen im Keller erzählt.
Dann gibt es ein paar Abschnitte aus dem Weinlehrbuch. „Im Frühling: das Binden, im Sommer: die Laubarbeiten, im Herbst: die Lese, der Winter und dann: die Presse“ und noch ein paar Abschnitte, die man als Schreibreflexionen bezeichnen könnte. Da wird knapp vom Vater berichtet, der Andrea durch das Urgroßmutterbuch begleitet und auch Schreibperspektiven kommen vor.
„Wo ist die Prämisse, der Plot, die Crimeline, ist es spannend? Gibt es eine Moral am Ende der Geschichte oder einen erhobenen Zeigefinger?“
Am Ende steht der Tod der Urgroßmutter, die Schulden und der Gang zu dem Presshaus am Grassnitzberg, das jetzt fremden Leuten gehört und ein verstaubtes Türschild mit den Initialen der Hauptakteurin, die auch die von Andrea Stift sind und die Frage, ob sich die unbekannte Urgroßmutter richtig beschreiben ließ, denn „das menschliche Gehirn pflückt sich seine Erinnerungen gern selbst zu einem bunten Sträußchen und die Wahrheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters“, steht auf der Buchrückseite und es war wirklich ein anderes Buch, wenn auch mit Ähnlichkeiten in der Sprachmelodie und möglicherweise vielen Informationen aus dem Leben einer steirischen Familie an der Grenze zu Slowenien.
2010-01-11
Andrea Stift bei den Wilden Worten
Heute habe ich Andrea Stift persönlich kennengelernt, nachdem ich schon über ein Jahr mit ihr eine Blog-Bekanntschaft betreibe und ihr Buch „Klimmen“ auch besprochen habe. Im Fühjahr haben wir ja Bücher miteinander getauscht. „Reben“, wo es um ihre Urgroßmutter geht, lag bis jetzt beim Badezimmerbücherstapel. Jetzt habe ich es zu lesen begonnen und werde es als nächstes rezensieren. Heute war sie Gast bei den Wilden Worten und hat auch „Von den Wohngemeinschaften“ gelesen und das war sehr spannend, denn die Wilden Worten waren diesmal anders. Nämlich eine Richard Weihs Soloveranstaltung, weil Michaela Opferkuh wegen beruflicher und häuslicher Dauerüberlastung nur mehr gelegentlich vorbeischauen wird, das hat sich schon, als ich im September gelesen habe, so angedeutet, damals war aber Franz Hütterer noch da, dem es gesundheitlich nicht so gut zu gehen scheint.
Zu Beginn gab es die Lesung aus „Klimmen“, die Andrea Stift damit eineitete, daß sie nie in einer WG gewohnt hat, sondern sich die Geschichten von Leuten mit WG-Erfahrungen erzählen hat lassen und das Beste in dem Buch verarbeitet hat. Dann gab es, auch das war neu, ein Gespräch. So hat es Richard Weihs angekündigt, eigentlich war es Monolog. Hat er ja aus seinen WG-Erfahrungen der Siebzigerjahre, die man damals noch Kommunen nannte, aus dem Vollen geschöpft und berichtet, er hätte mit den drei wildesten Feministinnen Wiens zusammengelebt und sie ausgehalten. Eine Zeitlang hat er auch mit dem „Blues Gustl“ gelebt und den offenbar nicht so gut ausgehalten, aber darüber geschrieben und aus dem Buch gelesen. Diesmal gab es keine Pause, sondern das Kappel für die Spenden und die Zetteln für die Wunschgedichte sind herumgegangen, während Richard Weihs schon die im Dezember gewünschten Gedichte verlesen hat.
Ich habe mir passend zum letzten Blogeintrag, ein Gedicht zum Thema „Rosengift“ gewünscht. Man sieht das Pressler-Buch hat nachgewirkt und weil es am Nachmittag eine Diskussion zum Thema „Gestorben wird nicht mehr nach von allein“ oder so, beim Radiodoktor gab, noch „Sterbehilfe“, „Palliativmedizin“ und „Wunschmedikation“ dazu gewünscht. Mal sehen was daraus wird. Die Gedichte werden ja gemailt und im Februar liest der Eugen Bartmer, den Richard Weihs als Wiener Original bezeichnete. Ansonsten haben die Originale heute gefehlt, bzw. haben sie sich nicht auf die freie Wildbahn getraut. Die gab es diesmal nicht, nur eine Frage von einem anwesenden Poeten an Andrea Stift, wie man einen Verlag findet und ob sie dafür bezahlt hätte? Das heikle Thema also und noch ein paar Einladungen zu Poetry Slam Veranstaltungen am Dienstag und am Donnerstag. Bei einer wird die El Awadalla mitmachen und der Jörg Zemmler, der ja bei den Fried Tagen den Text zu meinem Foto geschrieben hat. Das habe ich jetzt endlich im Zimmer aufgehängt. Da ich zwei Fotos hatte, gab es eine Vor- und eine Rückseite, jetzt sieht man zwar den falschen Text zum Foto, ist aber egal, ich bin ja immer gleich.
Die El Awadalla haben wir noch beim Heimgehen bei der Kettenbrückengasse getroffen und heute gab es wieder einige sehr interessante Konkurrrenzveranstaltungen. Nämlich den Köhlmeier in der alten Schmiede und die Präsentation eines Buchs über oder von Helmut Eisendle im Literaturhaus. Es war aber auch ein literarischer Nachmittag. Ist mir doch während ich die „Heimsuchung“ korrigierte, eingefallen, daß ich den Haymon-Verlag anmailen und nach einem Rezensionsexemplar von Ludwig Lahers „Einleben“ fragen könnte, die mails sind aber zurückbekommen, so oft ich es auch versuchte. Jetzt habe ich den Brief in ein Kuvert gesteckt, mal sehen, ob es klappt. Ein bißchen denke ich ja schon, obwohl ich mit der „Heimsuchung“ noch nicht fertig bin, an meinen nächsten Text und da soll es, um ein Geschwisterpaar und um eine Frau mit Downsyndrom gehen und gestern habe ich ein mail von der Gabriele Petricek bekommen, die sich für die Mittleren angemeldet hat. Es gibt also schon Interessenten für eine Fortsetzungsveranstaltung, falls es das Amerlinghaus dann noch gibt und am 24. März, die Mittleren IV, wo Andrea Stift, die schon ihr neues Buch schreibt, lesen wird.
2010-01-10
Rosengift
Der 2004 erschienene Roman von Mirjam Pressler „Rosengift“, ist laut literaturkritik.de eine Enttäuschung und ich bin nach dem Lesen wieder mal ein bißchen ratlos, denn ein Krimi ist es nicht, auch wenn es, um eine Kriminalschriftstellerin geht und der Roman mit einem Kapitel aus „Rosengift“ von Lisa Bratt beginnt.
Da geht es um eine Nelly, die einen nach einem Schlaganfall frühpensionierten Mann zu Hause hat, der ihr auf die Nerven geht, so daß sie sich beim Gärtnern, die Giftarten ausdenkt, mit dem sie ihn hinüberdrehen will. Später wird sie nur noch die Rosengärtnerin genannt und der Roman beginnt sich in der Ich-Perspektive, der Lisa Bratt weiterzuentwickeln, die ihrem Geliebten schreibt, wie alles begonnen hat…
Lisa Bratt, die ältere, erfolgreiche Krimischriftstellerin, schreibt an der Rosengärtnerin und fährt eines Abends von einer Lesung nach Hause. Sie hat ein Glas Wein zuviel getrunken und kommt an einem Geschäft vorbei, wo ein Mann eine junge Frau zusammenschlägt. Sie hätte weiterfahren sollen, ist aber stehengeblieben und hat die junge Frau, Annabella, von der man später erfährt, daß sie eigentlich Ulrike heißt, aufgelesen und für ein paar Tage mit nach Hause genommen. Annabella ist achtzehn, sagt nicht viel, nur, daß ihre Mutter Säuferin war und daß sie, wenn sie nicht bleiben kann, wieder zurück zu Micky muß.
Sie fordert auch nicht viel, sondern zuckt immer nur die Achseln, ist aber trotzdem provokant und verführerisch und geht in der Wohnung im Unterhöschen spazieren. Lisa ist sehr schnell bereit ihr Geld zu geben, Kleider und auch Wurst zu kaufen, obwohl sie selber lieber Ziegenkäse ißt.
Lisa war zweimal verheiratet, hat auch einmal ein Kind abgetrieben und hatte eine saufende Mutter, die sich umbrachte, als sie zwölf oder vierzehn war, die sie immer ihr Restkind nannte, denn da gibt es eine tote Zwillingschwester, Lisas Alter Ego, die ihr immer dreinredet und die aggressive Stimme in ihrem Leben ist. Sie hat einen jüngeren Bruder und einen Vater, der die Mutter verließ, die Kinder aber später mit der Stiefmutter aufgezogen hat.
Es gibt auch eine Freundin mit einem schwierigen Mann und einer pubertierenden Tochter, aber die zieht sich zurück, während Annabella betrunken nach Hause kommt, Lisa Geld und Schmuck stiehlt. Aus irgendeinem Grund bringt es die selbstbewußte Lisa nicht zusammen, sie hinauszuschmeißen, sondern bietet ihr sogar an, ihre Freunde mitzubringen und erschrickt, als sie in diesen, den schlagenden Micky erkennt.
Bei einer Lesung lernt Lisa dann Johannes kennen, den Kerl, dem sie die ganze Geschichte schreibt. Annabella, nennt ihn so und Johannes bezeichnet sie als Luder, was die beiden nicht hindert, miteinander ins Bett zu steigen, als Lisa wieder einmal auf Lesereise ist.
Dazwischen geht die Arbeit an der Rosengärtnerin munter weiter, beziehungsweise verändert sie sich, bekommt das Ehepaar doch eine Tochter namens Anastasia zugewiesen und je mehr Lisa ihre passiven Wunder an Annabella erlebt, bekommt Anastasia aggressive Züge, so daß sie schließlich Nelly bei einem Bergausflug vom Gipfel stürzen wird, aber als Lisa soweit ist, das hinzuschreiben, erfährt sie von dem Betrug, verläßt Johannes und will ins Kino gehen.
Nur leider vergißt sie ihr Geld dabei und als sie es holen will, findet sie Annabella wiedermal betrunken und röchelnd vor und erkennt, daß sie den Notarzt holen sollte. Sie tut es nicht, sondern schaut ihr eine Weile beim Sterben zu, bevor sie die Nacht bei Johannes verbringt, um am nächsten Tag die Rettung und die Polizei zu holen.
Die Rosengärtnerin wird niemals fertig und die Beziehung zu Johannes ist auch vorbei, während Lisa anderes schreibt, aber immer an Annabella denkt.
Ganz schön amateurpsychologisch dieser Roman. Er läßt sich sehr schön deuten, sämtliche Abgründe von Schuld und Sühne einer Erfolgsautorin tun sich auf. Ich dachte mir die ganze Zeit, warum wirft sie Annabella nicht hinaus oder warum hat sie nur ihr Kind abgetrieben? Und wenn Nelly sich eine slowakische Pflegerin holt, braucht sie ihren Mann nicht umzubringen.
Leselust erwähnt lobend, daß man in dem Buch viel übers Schreiben erfährt, man kann es, wenn man will, als Schreiblernbuch lesen oder auch nicht, denn der Kiminalroman mißlingt der Heldin gründlich.
Je mehr sie sich in ihre Psychologie verstrickt, desto mehr wird er zum Psychogramm und die Geschichte vom Schatten der toten Zwillingsschwester ist auch sehr dick aufgetragen, während die Kommunikationsfähigkeiten der Erfolgsautorin erstaunlich unterbelichtet sind…
2004 wurde Mirjam Pressler mit dem deutschen Bücherpreis ausgezeichnet. Da war ich in Leipzig und habe mir im Fernsehen bei den Hundertmarks die Übertragung angesehen und den Namen der Autorin zum ersten Mal gehört, die 1940 geboren wurde, Übersetzerin aus dem Hebräischen und Niederländischen ist, viele Kinderbücher geschrieben hat und zuletzt den internationalen Buchpreis für „Nathan und seine Kinder“ bekommen hat, was eine Romanfassung für Kinder von Lessings „Nathan des Weisen“ ist. Da habe ich bei der Buch-Wien ein bißchen hineingehört und dieses Buch, das vom Büchertauschmarkt der Grünen stammt, ist flüßig und routiniert geschrieben und hat von allem etwas. Ein bißchen Romanschreibparodie, ein bißchen Amateurpsychologie, ein bißchen Krimihandlung, glatt und glänzend ist es auch , die Ratlosigkeit bleibt, aber vielleicht ist das Ganze surrealistisch zu interpretieren und die Annabella ein Traum…
2010-01-09
Buchbesprechung und Todesfall
Von Trude Kloiber mit der ich in die Schule gegangen bin und die gegenüber wohnt Evelyn Schlags, 2006 erschienener Roman „Architektur einer Liebe“, zum Geburtstag bekommen. Ich war vor ein paar Jahren auch bei der Lesung in der alten Schmiede und es ist, wie in der Beschreibung steht, die Geschichte einer Liebe in Zeiten des globalisierten Kulturbetriebs.
Jedenfalls ist Toria Monti, die berühmte fünfzigjährige Architektin, eine sehr beschäftigte Frau, Italienerin, deren Familie lange in Ägypten lebte, jetzt wohnt sie in Paris, reist aber ständig in der Welt herum, um zu ihren Ausschreibungen, Aufträgen, Vorträgen zu kommen und so kommt sie auch nach St. Petersburg, denn da will sie sich an der Ausschreibung des Neubaus des Mariinskij-Theaters beteiligen und begleitet die Architekturstudentin Natascha, der sie ein Stipendium verschaffte, zu ihrer Mutter, um dann allein in die Erimitage zu gehen und dort mit einem interessanten Fremden Blicke zu tauschen.
Der ist ein nicht so bekannter Wiener Archtekt namens Wolf Lewinter, der mit seinem Neffen ein kleines Architekturbüro betreibt und seinen zehnjährigen altklugen Sohn Christoph betreut mit dessen Mutter Franziska er nicht verheiratet ist. Es gibt eine Freundin namens Ilse und eine Mutter, während Toria Kontakt zu ihrer Mailänder Familie hält, z.B. ihren Bruder Filippo, der Arzt ist, anruft, wenn sie beim Joggen im Jardin de Luxenbourg ein halbes Tagpfauenauge verschluckt und von ihm wissen will, ob Schmetterlinge giftig sind?
Toria hat ebenfalls einen Liebhaber, leidet an Panikattacken und trifft Wolf in Philadelphia wieder, weil der dort an einem Kongreß für regionale Architekten teilnimmt, den sie eröffnen soll und die globalisierte Liebe beginnt.
Das Buch ist in zehn Kapiteln geschrieben, abwechselnd ist eines Toria, eines Wolf gewidmet und das Lesen ist ein bißchen anstrengend, denn es passiert sehr viel im Leben dieser beiden, die schon viel erlebt und viel zu tun haben.
Wolf ist mit Christoph beschäftigt und besucht mit seiner Mutter und Franziska, die Weihnachtsschulaufführung, während Toria mit ihrer Mutter in Mailand den Christbaum schmückt und dabei erfährt, daß sie gar nicht die Tochter des italienischen Arztes ist, der in Alexandria eine Praxis hatte, sondern eines Klavierlehrers, Sohn russischer Emigranten aus St. Petersburg, weil die Mutter nach der Geburt des Bruders eine Depression erlitt, für die die Ärzte damals noch kein Verständnis hatten, so reist Toria, die die Ausschreibung doch nicht gewonnen hat, mit ihren Bruder nach Alexandria, um ihres Vaters Grab zu suchen, auf den Spuren einer ägyptischen Feministin namens Dora Shafiq ist sie auch…
Sehr verwirrend und sehr theorielastig, das Entstehen einer großen Wochenendliebe zweier schon erfahrener Menschen. Evelyn Schlag scheint dafür viel recherchiert zu haben, steht in der Danksagung doch etwas von einem Reisestipendium nach St. Petersburg und nach Alexandria. Es ist der vierte oder fünfte Roman, der 1952 in Waidhofen an der Ybbs Geborenen. Ich interessiere mich für sie, seit ich das 1984 erschienene „Beim Hüter des Schattens“, gelesen habe.
„Die göttliche Ordnung der Begierde“, wofür sie 1998, den Otto Stoessl Preis bekam, habe ich auch gelesen. Sonst gibt es noch einige Gedichtbände und damit wechsle ich zum zweiten Thema dieses Artikels, der gar nicht vorgesehen war, hat mir Alfred doch, als ich noch mit dem Lesen beschäftigt war, erzählt, daß am Freitag Vormittag Eugenie Kain nach einer zweijährigen Krebserkrankung in Linz gestorben ist, was sehr betroffen macht, weil ich die 1960 geborene Tochter des oberösterreichischen Dichters Franz Kain schon lange kannte. Hat sie doch, wie ich, immer beim Volksstimmefest gelesen, war auch in der GAV und ist mit dem bei Otto Müller erschienenen Erzählband „Schneckenkönig“ ziemlich berühmt geworden.
Da war ich auch bei der Lesung in der alten Schmiede und habe hier darüber geschrieben und bei diesem Joseph Roth Projekt hätte sie auch mitmachen sollen. Ich habe sie bei der Lesung am Volksstimmefest wahrscheinlich das letzte Mal gesehen, da ich mich nicht mehr erinnern kann, ob sie im Oktober bei der GAV-GV war.
Ihr am Volksstimmefest gelesener Text „Randschriften“ in dem es um den Polizeieinsatz beim letzten Linzer Maiaufmarsch geht, ist in der Anthologie „Wir retten ein System enthalten“, die am Donnerstag 14. 1. 19.30 im reading!!!room in der Anzengrubergasse 19/1 vorgestellt werden wird.