Literaturgefluester

2010-07-12

Froschfest und Schwitzkasten

Filed under: Uncategorized — jancak @ 23:55

Heute wars am Karlsplatz literarisch, ging es doch um den von dem Canadier John Cook, 1978 gedrehten Film „Schwitzkasten“ nach der Romanvorlage „Das Froschfest“, von Helmut Zenker, die, wie Gustav Ernst, der im Vorprogramm auftrat aus dem Roman las und etwas über den Film erzählte, parallel entstanden ist.
Gustav Ernst hat nämlich in dem Film mitgespielt, gemeinsam mit Helmut Zenker je einen Polizisten, die die Hauptfigur Hermann Holub verhaften. Er hat auch sonst schon in drei Filmen einen Polizisten gespielt, hat er verraten und das ist eine klasse Sache, denn dann wird man von wirklichen Polizisten gegrüßt, wenn man in Uniform über die Straße geht. Der Canadier John Cook, der wie Helmut Zenker auch schon verstorben ist, hat den Blick auf Wien von außen auf den Film gebracht, der wie Gustav Ernst meinte, dem Film sehr gut tat.
Ansonsten scheinen Buch und Film sehr verschieden zu sein. Die Hauptdarsteller haben verschiedene Namen, Gustav Ernst hat aus dem Buch auch einige Stellen vorgelesen, die im Film nicht vorkommen und es gibt auch noch eine andere Buchvorlage, nämlich die 1974 erschienene Ezählung „Für einen wie dich“, gemeinsam mit Friedemann Bayer und dieser Friedemann Bayer scheint die Vorlage für Buch und Film zu sein. Nämlich der Paradeprolet, den sich die realistischen Schreiber der Siebzigerjahre für ihre Romanvorlagen wünschten und den sie auch gehörig ausnützten, um ihm aufs Maul zu schauen und natürlich umgekehrt. Geht es ja, glaube ich, auch in Peter Henischs „Der Mai ist vorbei“, um einen Proleten, der in die Dichter WG zieht und die Dichter mit seiner schwierigen Persönlichkeit überfordert. In dem Buch geht es auch um Psychiatrieerfahrungen und vorgetäuschte Selbstmordversuche. Im Film nicht, da schmeißt ein junger Mann seine Arbeit im Stadtgartenamt hin, wird daraufhin von seinen Eltern aus der Wohnung geworfen, gerät in eine Schlägerei, kommt zu einer Vorstrafe und geht zu seiner Freundin zurück, vor der er vorher flüchtete, die inzwischen von ihrem Chef schwanger ist, am Schluß heiraten sie und sitzen mit ihren beiden Trauzeugen allein am Standesamt.
Helmut Zenker und Gustav Ernst treten, wie erwähnt, als Polizisten auf und ein sehr schlanker Franz Schuh spielt den Dichter aus dem sozialistischen Gemeindebau, der dem Volk aufs Maul schauen will und den Helden zuerst auffordert, doch ruhig seine Freundin zu vögeln und das dann doch nicht will.
1978 habe ich studiert und sowohl meine ersten Steinhofbesuche, als auch Literaturerfahrungen gemacht, Gustav Ernst und Franz Schuh habe ich, glaube ich, noch nicht sehr gekannt, höchstens als Redakteure der Zeitschrift „Wespennest“. Den Roman „Einsame Klasse“ habe ich aber gelesen und 1980 hatte ich, glaube ich, die Literaturecklesung in der alten Schmiede, da waren Gustav Ernst und Marie Therese Kerschbaumer eingeladen zu meinen Texten was zu sagen und ich habe aus einer inzwischen verschollenen Erzählung gelesen, die ich geschrieben habe, als ich wahrscheinlich 1979, mit meiner damaligen Freundin Elfi in ihre Klagenfuter Wohnung gefahren bin. Ein paar Jahre später bin ich mit meiner anderen Freundin Monika Jensen, die voriges Jahr gestorben ist, in ihre Salzburger Wohnung gefahren. Wir haben autogestoppt und am Rückweg hat uns Helmut Zenker mitgenommen. Ich habe ihn erkannt und er hat uns erzählt, daß jetzt Lukas Resetatits den Kottan spielen wird.
2003 ist Helmut Zenker überraschend gestorben. Vorher haben wir einmal gemeinsam am Volksstimmefest gelesen und am Karlsplatz waren, wie immer sehr viele junge Leute, die 1978 noch nicht geboren waren.
Heute ist der realistische Wespennest Redakteur der Siebzigerjahre Gustav Ernst Lehrer bei der Leondinger Akademie für Literatur und dem Hochschullehrgang für Sprachkunst und hat gemeinsam mit Robert Schindel die Sprachkünstlerin Andrea Winkler für den nächsten Priessnitzpreis vorgeschlagen.

1 Kommentar »

  1. Friedemann Bayer war ein Jugendfreund von Peter Henisch, den er im Sommer, auf der Hohen Wand, wo er mit der „kleinen Oma“ die Ferien verbrachte und ihn kennen gelernt hatte.
    Nachdem die beiden keinen Kontakt mehr hatten, Peter Henisch aber seine ersten Erfolge erleben durfte, schrieb ihm Friedemann nach seinem ersten Selbstmordversuch einen Brief und kreuzte in unserer ehelichen Wohnung auf.
    Alkohol und Valium machten ihm schon damals zu schaffen. Sein Vater war aus dem Krieg nicht zurück gekommen. Mutter und Großmutter zogen die beiden Buben, Friedemann und seinen Bruder auf. Er hatte großes, musisches Interesse,
    was von der Mutter nicht akzeptiert wurde. Daher musste er im Hotel De France Kellner lernen.
    Friedemann versuchte auszubrechen, nahm Unterricht in einer Schauspielschule.
    Aufgrund seiner Alkoholexzesse fand er schließlich nur Arbeit beim Stadtgartenamt. Dort war er aber ein scharfer Beobachter.
    Seine Aussagen, wie: „Mei Hund is a Epileptika und a Epileptika bin i!“,
    machten die Runde, oder: „Oam samma, weil ma deppat san, deppat samma, wäu ma oam san!“ Oder: Med eich, med eich kaumma, med eich kaumma jo kan Kriag mea gwinna, wäu, wäu es, wäu es sads jo kane Männa mehr!“
    Manchmal war er auch Aktmodell an der Akademie für Angewandte Kunst.
    Schließlich landete er in der Gruppe Mühl.
    Ein letztes Mal hatten wir mit ihm Kontakt, als er nach einem Giftschrankeinbruch in alten AKH angab, in unserer ehelichen Wohnung gemeldet zu leben, was nicht stimmte. Einige Zeit später war er aufgrund seines Drogenkonsums tot. Er war im Grund ein sensibler und künstlerisch begabter Mann.

    Kommentar von Sonja Henisch — 2010-10-26 @ 16:53 | Antworten


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