Literaturgefluester

2011-01-31

eigenSINN&SINNESwandel

Filed under: Uncategorized — jancak @ 23:06

Nach einer heftigen Diskussion mit JuSophie, ob überforderte Lehrer schon zwanzig Prozent Analphabetenkinder produzieren und man schreiben darf, daß sich die Mimi für gesund und normal hält, ihre Mutter, die Nachbarn etc, das aber anders sehen, einen dichten Praxistag und einer noch nicht gemachten Abrechnung, war ich wieder in der Alten Schmiede.
Friedrich Hahn moderierte die Textvorstellungen, als ich eintraf, hat schon Friederike Schwab, die 1941 in Graz geboren, GAV-Mitglied Malerin und Autorin ist, aus ihrem bei Leykam erschienenen Buch „Die Insel im Maismeer“ gelesen. Die Erklärung warum das Buch so heißt, habe ich versäumt, das Thema des Abends lautete eigenSINN&SINNESwandel und im Buch geht es um eine Frau um fünfzig, die aus ihrem Leben fällt. Friedrich Hahn hat es nach der Lesung ein Opus Magnum genannt, weil es eine ganze Epoche beschreibt. Die Szene von dem Großvater scheine ich versäumt zu haben, als ich ankam packte gerade eine Frau Sachen aus einem Auto in ein Zelt, dann ging es noch um eine Mutter mit Gehirntumor, die mit dem Rollstuhl aus einem Altersheim flüchten will und in der Nacht von Kindern besucht wird.
Danach folgte ein Schulroman, bzw. eine Novelle, des 1959 in Spittal an der Drau geborenen Klaus Ratschiller, der die letzten fünf Jahre als freier Schriftsteller und Philosoph lebte, jetzt aber wieder AHS-Lehrer ist. In dieser Zeit ist „Kollege M“, in der Edition Atelier erschienen. Er las eine Szene aus der Bibliothek, wo sich die Deutschlehrer einer Schule treffen, um ironisch den schulautonomen Kanon zu diskutieren, dabei führt ein junger Lehrer namens Flosse vor, wie er die Schüler mit auswendiggelernten Romanstellen aus „Mobby Dick“ überzeugten will, während der ältere Lehrer Michael Mitterecker, genannt MM, der inzwischen nur mehr Anzüge trägt, weil sich die Schülerinnen vor seinem Kropf grausten, über seine Mittelmäßigkeit philosophiert.
Dann kam wieder ein jüngerer mir bisher unbekannter Autor, nämlich der 1978 in Graz geborene Martin Kolozc, der 2003 den Kyrene Verlag gegründet hat, sein Buch „Lange Abende“ ist aber bei Skarabaeus erschienen und handelt von einem Aussteiger. Ein Nichtschwimmer ersteigert ein Boot, verläßt seine Freunde und zieht an einen See, dort befreundet er sich mit einem Kapitän, einer Frau und einer Katze, bringt sich aber, obwohl ihm eigentlich alles in seinem Leben gelingt, um. Martin Kolozs, der ebenfalls Philosophie studierte, begründete auf Friedrich Hahns Frage, daß er das deshalb tat, weil ihm das Leben, hier und dort nirgends befriedigte. Mich beeindruckte vor allem der Satz, daß die „Katze Moni eines Tages ohne etwas zu sagen einfach wegblieb“, da habe ich beim Autor nachgefragt, ob ich richtig gehört habe, worauf er begründete, daß dieser Christian eine sehr intensive Beziehung zu seiner Katze hatte.
Interessant habe ich gedacht, ein Satz den der Lektor offenbar nicht gestrichen und dem Autor das Buch auch nicht vor die Füße geschmissen hat, aber ungewöhnlich und infolgedessen einprägsam.
Das vierte Buch „Wer getragen wird, braucht keine Schuhe“, ist eindeutig das bekannteste, ist die 1976 in Innsbruck geborene Carolina Schutti ja für den Rauriser Debutpreis nominiert, der wie ich hörte, am 2.2. entschieden wird. Ich würde ja auf Dorothee Elmiger tippen, aber meine Schätzungen waren bis jetzt meistens falsch und von dem Buch habe ich schon in einer Ex-Libris Sendung und auf der Buch-Wien gehört. Es ist auch sehr poetisch und hat immer wieder ungewöhnlich dichte Sätze, wie „Wenn du einen schwarzen von einem weißen Faden nicht mehr unterscheiden kannst, dann treffen wir uns!
Die Hauptperson Anna trägt eine Schuld mit sich, offensichtlich hat sie als Kind die kleinere Schwester in den Swimmingpool geschmissen, sie verläßt jedenfalls mit achtzehn mit einer Tasche Kleider und ihren Stoffhasen das Haus, wo die Mutter einfach ein Gedeck weniger, zu dem nicht benützen (vierten) legt, fährt in die Stadt und betritt ein Lokal, das eine Serviererin sucht. Dort arbeitet sie zwei Jahre, bis sie Harald kennenlernt, sie scheint sich auch zu schneiden und versucht sich immer wieder umzubringen. Das Buch erzählte Carolina Schutti ist in drei Teilen und aus drei Perspektiven geschrieben, die die Handlung weitererzählen. Den ersten Teil erzählt Anna, den zweiten Harald, im dritten spricht Anna mit ihrer Schwester.
Carolina Schutti erzählte im interview, daß sie erst zu schreiben begann, als sie ihre Habil oder ihr Habilansuchen in den Mistkübel schmiß, jetzt wird sie beim Schreiben bleiben, sie trägt die Geschichte aber schon lang mit sich herum.
Als ich mich beim Büchertisch durch die Bücher schaute, kam Friedrich Hahn auf mich zu und erkundigte sich, ob ich wieder fleißig mitgeschrieben hätte?
Natürlich, antwortete ich. Ich schreibe immer mit und meistens auch sehr viel!

2 Kommentare »

  1. Zu Ihrem ersten Satz auf Ihrem Blog heute,
    möchte ich gerne die Realität unseres mailings vom 31.1. hineinstellen,
    und mich dann BEDANKEND für die neue Erfahrung, VERABSCHIEDEN:
    EJ:“Das was sie mit dem Umgang „krank- gesund-normal“ meinen, müßten wir
    > ausführlicher diskutieren. Denn ich habe, glaube ich, niemanden so
    > bezeichnet. Die Betroffenen sehen sich als gesund, das kommt bei ihren
    > Texten sehr genau heraus, die Gesellschaft, wie zum Beispiel der Bruder, sieht das anders“
    >
    > Liebe Eva Jancak! Ich habe jetzt weder Zeit noch Lust, alle Sätze herauszuschreiben in denen Ihre Protagonisten das Wort „gesund“ „normal“ „krank“ in den Mund nehmen.

    Wenn Sie das eine heftige Diskussion nennen???
    Vielleicht aus Ihrer eigenen Welt.
    Alles Gute.

    Kommentar von JuSophie — 2011-02-01 @ 14:29 | Antworten

  2. Genau, die Protagonisten und für mich wars heftig

    Kommentar von jancak — 2011-02-06 @ 17:28 | Antworten


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