Literaturgefluester

2011-02-18

Das Werk der Marianne Fritz

Filed under: Uncategorized — jancak @ 11:59

Einblicke in „Naturgemäß III“ oder in das komplizierte Werk der 2007 verstorbenen Marianne Fritz in der Alten Schmiede und es begann mit einem Film von „Michael Pilz, der 2008 die Wohnung der Autorin mit seiner Kamera umrundet hat. Vorher hat der Fritzpunkt, das heißt Anne Marten und Fred Büchel, sowie der Lebensgefährte der Autorin, in der leeren Wohnung alles hergeräumt, es gibt zwei Tonspuren der Autorin aus dem Romanprojekt „Dessen Sprache die du nicht verstehst“ und während Marianne Fritz mit Punkt und Komma von Gott und seinen Erfüllungsgehilfen spricht, sieht man die Bücherberge, den Blick aus dem Fenster, einmal ein Stofftier mit einem roten Röckchen und eine Kanne mit Kaffee in der ansonsten sehr nüchternen Altbauwohnung. Und die 1947 geborene Autorin hat sich, wie Kurt Neumann in seiner Einleitung betonte und auch im Internet zu lesen ist, von der Öffentlichkeit offenbar genauso zurückgezogen, wie Elfriede Jelinek und nur für ihr Werk gelebt.
1977 gab es noch eine Lesung in der Alten Schmiede gemeinsam mit der Zeitschrift Löwenmaul, 1979 war Marianne Fritz Stipendiatin der Stadt Wien und ist zur Lesung nicht mehr erschienen. Dafür sind 1878 bei S. Fischer „Die Schwerkraft der Verhältnisse“ und 1980 „Das Kind der Gewalt und die Sterne der Romani“ herausgekommen, beide Bücher habe ich in Harland stehen.
Dann kam die Arbeit an dem Romanmonument „Dessen Sprache du nicht verstehst“, da ist Marianne Fritz schon zu Surhkamp gewechselt und ein Symposium zu Marianne Fritz zu dem Klaus Kastberger einen Materialband bei Sonderzahl „Nullgeschichte, die trotzdem war“ herausgegeben hat, das wie sich Kurt Neumann empörte, 1995 beim Österreich-Schwerpunkt in Frankfurt das Einzige war, was von Marianne Fritz erhältlich war. „Dessen Sprache du nicht verstehst“ gehört genauso wie „Naturgemäß I-III“ zu dem sogenannten Festungsprojekt in dem literarisch die Geschichte der ersten und zweiten Republick aufgearbeitet wird.
„Naturgemäß I“ und „Naturgemäß II“, jeweils mehrere tausend Seiten und je fünf Bänden in großen Schubern sind ebenfalls noch bei Suhrkamp erschienen, bei „Naturgemäß III“ hat sich der Verlag geweigert, was Kurt Neumann ebenfalls empörte, so daß er aufrief sich bei Suhrkamp zu beschweren und der sogenannte Fritzpunkt, Anne Merten und Fred Büchel, die sich seit 2002 mit dem Werk Marianne Fritzs beschäftigen und es immer wieder aufführen, lasen aus den zehn Seiten, die Marianne Fritz 2006 für ein Staatsstipendium eingereicht hat.
Klaus Kastberger, der sich wie Wendelin Schmid-Dengler sehr intensiv mit dem Werk auseinandergesetzt hat, hielt den Einführungsvortrag „Die Geschichte der Knochen“, wo er mit Werkausschnitten und Projektionen, das umfangreiche Werk erklärte.
Die alte Schmiede war sehr gut besucht. Ich habe wie erwähnt, die beiden ersten Bücher der Autorin gelesen, bei den Veranstaltungen des Fritzpunkts bin ich nie gewesen, so daß ich jetzt erst in das Hauptwerk der Marianne Fritz eingeführt worden bin, die eine sehr besessene Arbeiterin gewesen sein muß und ein großes Textarchiv besessen hat. Eine literarische Einzelkäpferin mit einem sehr komplizierten ineinandergeschachtelten Werk, von dem sich Klaus Kastberger sehr bemühte, es verständlich zu machen.
2007 ist Marianne Fritz an einer seltenen Blutkrankheit gestorben und das neue Werk wird es bei den Einsparbemühungen und der Mainstreamtaktik der Verlage wohl so bald nicht zu lesen geben, obwohl Marianne Fritz sowohl ihre Einzelkämpfer als auch ihr Publikum hat.

2011-02-17

Literarische Soiree

Filed under: Uncategorized — jancak @ 12:11

Ich bin ja eine, die am Morgen als erstes das Radio aufdreht und da gibt es in „Guten Morgen Österreich“ immer ein paar Veranstaltungstips, meistens zu Konzerten, am Montag wurde aber ein Besuch in der Alten Schmiede zur Präsentation des neuen Buchs von Günter Wels, das ist ein Pseudonym für Günter Kaindlsdorfer empfohlen, ich bin aber nicht hin, weil ich das „Antwerpener Testament“ gelesen habe und am Mittwoch wurde der Besuch der „Literarischen Soiree“ im Radio-Kultur-Cafe empfohlen.
Da hatte ich zwar auch nicht vor hinzugehen, wußte aber, daß da Gerlinde Tamerl einmal diskutierte, die ich ja treffen wollte, also dachte ich, schaue ich im „Heimspiel“ nach, was am Programm steht. Stand aber nichts außer Günter Kaindldorfers Namen und dem Satz, den schon die Moderatorin sagte, daß die Leser aus den „Diskussionen der Literaturkritiker beglückende Informationen ziehen können“.
Also habe ich beim Ö1 Service angerufen, wo sie mir empfahlen, ab sechzehn Uhr im Radiokulturhaus nachzufragen oder es bei den Gastronomen im Kulturcafe zu versuchen. Zum Glück kam ich auf die Idee nach der Mailadresse von Günter Kaindlsdorfer zu fragen und der antwortete mir auch freundlich, daß Thomas Glavinics neuer Roman „Lisa“, Zsuzsa Banks „Die hellen Tage“, Tobias Wolffs „Unsere Geschichte beginnt“ besprochen werden und Anna Kim, Evelyne Polt-Heinzl und Cornelius Hell diskutieren.
Ich machte meine Diagnostik und hatte vor, da ich nur diese hatte, mit meinem Notizbuch ein bißchen durch die Stadt zu gehen, aber seit Dienstagabend gehen mir die vielen Bücher in meinem Badezimmer im Kopf herum und da es bei den Bücherblogs eine Challence über die hundert Bücher, die man 2011 lesen will gibt, hatte ich am Dienstag in der Alten Schmiede schon mit der Erstellung der Liste angefangen. Also habe ich damit weitergemacht und da dort das „Das Leben der Wünsche“ an zweiundvierzigster Stelle steht und ich Cornelius Hell ohnehin etwas zu „Blaubarts Kinder“ fragen wollte, bin ich statt die „Schwestern der Angst“ weiterzulesen, in die Argentinierstraße gegangen.
Es ging gleich los mit dem amüsanten Gruselroman des Jahres von Thomas Glavinic. Das den die Literaturexperten nicht so toll fanden, war vorauszusehen, obwohl ihn Anna Kim lustig gefunden hat und als Internetkritik interpretierte. Dieser quasselnde Ich-Erzähler Tom, der da seine unfundierten Meinungen über Gott und die Welt in die Gegend blökt, scheint dem Helden aus „Wie man leben soll“ sehr ähnlich zu sein und ich dachte, Thomas Glavinic ist dafür berühmt, daß er jeden seiner Romane in einem anderen Stil verfaßt. Das war vielleicht einmal, denn dieses Szenarium scheint dem des „Kameramörders“ zu gleichen und vielen der Glavinic-Helden passiert etwas, was sie in Endzeitstimmung bringt, da wacht einer auf und ist auf einmal allein in der Welt oder Daniel Kehlmann steht ganz oben auf der Beststellerliste, während der Hypochonder von „Das bin doch ich“, viel weiter unten ist. So interpretierte es, glaube ich, Evelyn Polt-Heinzl und Günter Kaindlsdorfer meinte, Thomas Glavinic hat viel von sich selbst erzählt, Evelyn Polt-Heinzl brachte den Vergleich mit „Leutnant Gustl“ und Cornelius Hell meinte, er hätte viel weniger, als Anna Kim gelacht, aber einige Wortschöpfungen waren sehr orignell, nur schade, daß die dann Evelyn Polt-Heinzl schon seit den Achtzigerjahren kannte.
Dann kam das neue Buch von Zsusza Bank und das wurde, glaube ich, am Sonntag im Ex Libris besprochen, nur sind wir mittendrin mit dem Auto in Wien angekommen, so daß ich nicht alles hören konnte. Zsusza Bank scheint aber eine sehr poetische Autorin zu sein, eine Sprachspielerin der schönen Worten und hat eine Geschichte von drei Kindern der Sechzigerjahre in Deutschland geschrieben, die den Sprachgewaltigen auch nicht sehr gefallen hat. Die politische Realität der Achtundsechziger fehlte und die Veränderung vom Kinder-Ich in die Erwachsenenwelt, stattdessen wird endlos von Klatschmohn und tiefen Weiten geschrieben, wenn man das Buch gekürzt hätte, wäre vielleicht etwas daraus geworden, aber das wurde auch beim Glavinic vorgeschlagen.
Der Erzählband des 1945 geborenen Amerikaners Tobias Wolff wurde dagegen als Geheimtip angekündigt, Anna Kim haben die Erzählungen aber nicht so sehr gefallen, sie lobte dafür die Form, die ersten Geschichten schildern Anfänge, die letzten den Schluß. Die Geschichten sind vielleicht zu konventionell oder auch nicht, denn irgendwie scheint man durch sie in ein unbekanntes Amerika geführt zu werden. In einer geht ein Mann mit dem Hund seiner verstorbenen Frau spazieren, obwohl er Hunde gar nicht mag, in einer anderen wird eine Lehrerin zum Vorstellungsgespräch in ein College eingeladen, obwohl sie die Stelle nicht bekommt, in der dritten wird ein Paar vom Sex und der Gewalt der Nachbarn gestört, sie fragen aber doch nicht nach, sondern schauen sich lieber einen Fernsehfilm an.
Die Expertenrunde, war dann doch nicht so begeistert, wie der Vorspann scheinen ließ und Günter Kaindlsdorfer schloß kryptisch, daß ihm der letzte Erzählband John Udikes, besser gefallen hat.
Am Schluß wurden noch drei Bücher verlost, da ich die Antworten nicht als Erste herausschreien konnte, habe ich jetzt noch kein Buch auf Platz zweiundsiebzig, was ja fast ein Glück ist, um Torberg zu zitieren.
Dafür habe ich Cornelius Hell nach dem Buch von Renata Serelyte gefragt, da haben mich ja die Kapiteleinteilungen verwirrt und die Auskunft bekommen, daß sie doch einen Sinn machten, nämlich den vier Erzählstimmen zuzuordnen wären, wenn das noch so arrangiert gewesen wäre, daß man das erkennen hätte können, hätte ich mir beim Lesen leichter getan. Ich bin aber froh, es erfahren zu haben, so hat sich der Abend gelohnt.
Bei den literarischen Soireen war ich schon lange nicht, es ist auch ein wenig komisch, daß man eine Stunde still sitzen und sich anhören muß, was die Experten zu den Büchern meinen, beim Lesezirkel in der Hauptbücherei hat man mitdiskutieren könnnen, aber den gibt es nicht mehr.

2011-02-16

Hundert Bücher

Filed under: Uncategorized — jancak @ 14:33

Ich bin ja keine besondere Freundin der Challenges der Bücher-Blogger und das Literaturgeflüster ist auch nicht der übliche Bücherblog, obwohl mich Bücher ja sehr interessieren und ich auch ein Faible für Bücherlisten habe, bzw. einen großen Vorrat an noch zu lesenden Büchern, die ich bewältigen will.
Daß die meist sehr jungen Bücherblogger sich gern selbstgewählten Aufgaben stellen, habe ich aber mitbekommen und das Projekt 31 Bücher in 31 Tagen, das letzte Mai in vielen Blogs herumgeisterte und von den meisten auch vorzeitig beendet wurde, hat mich zu einem gleichnamigen Artikel veranlaßt, in dem ich aber nur geschrieben habe, daß ich da nicht mitmachen werde.
Trotzdem haben sowohl die offenen Bücherschränke, als auch Leselustfrust, als die noch viel gelesen hat, meine Lesequote sehr gesteigert und der Bücherturm im Badezimmer ist jetzt auch besonders hoch.
Sechzehn Bücher habe ich dieses Jahr schon gelesen, elf im Jänner, im Februar bis jetzt fünf und wenn das so bleibt, könnten es bis Jahresende hundert werden. Neunzig waren es ja schon im letzten Jahr und da bin ich bei Charlousie auf eine Challenge gestoßen, die mich aus diesen Grund interessiert, da ich mich ja immer wieder dabei ertappe nachzudenken, in welcher Reihenfolge ich meinen SUB auflesen werde. Neue Bücher bringen in diese Planung zwar regelmäßige Schwierigkeiten, aber mir selbst und meinen Lesern eine Liste der hundert Bücher aufzustellen, die ich 2011 lesen will, ganz egal, ob und wie ich das dann schaffe und wie ich im Laufe des Jahres umdisponieren werde, ist eine Verlockung, der ich diesen Nachmittag einen Extraartikel widmen will, bevor ich am Abend zur literarischen Soiree in Radio Kultur Cafe gehen werde, meine Leser können beobachten, wie gut ich die Vorlage erfülle oder ob ich schließlich was ganz anderes lese.

1. Jurij Brezan „Die grüne Eidechse“
2. Karl Olsberg „Das System“
3. E.Y. Meyer „Eine entfernte Ähnlichkeit“
4. Hanns-Josef Ortheil „Hecke“
5. Roddy Doyle „Das Frittenmobil“
6. Jurek Becker „Jakob der Lügner“
7. Renata Serelyte „Blaubarts Kinder“
8. Sophie Kinsella „Prada, Pumps und Babypuder“
9. Batya Gur „Denn am Sabbat sollst du ruhen“
10.Dorothee Elmiger „Einladung an die Waghalsigen“
11. Dai Sijie „Balzac und die kleine chinesische Schneiderin“
12.Peter Henisch „Morrisons Versteck
13.Angela Leinen „Wie man den Bachmannpreis gewinnt“
14.Michael Scharang „Komödie des Alterns“
15.Gustav Ernst „Beste Beziehungen“
16.Evelyn Grill „Das Antwerpener Testament“
17. Lydia Mischkulnig“Schwestern der Angst“
18. Angelika Reitzer „unter uns“
19. Ludwig Laher „Verfahren“
20. William Kotzwinkle „Hot Jazz Trio“
21. Johanna Tschautscher „Jeanne d Arc beendet den heiligen Krieg“
22. Sebastian Fitzek „Die Therapie“
23. Boris Chersonskij „Familienarchiv“
24. Ludwig Roman Fleischer „Aus der Schule“
25. Sigfrid Maron „Schmelzwasser“
26. Alfred Paul Schmid „Fünf Finger im Wind“
27. Fabian Burstein „Statusmeldung“
28.Dirk Stermann „sechs österreicher unter den ersten fünf“
29. E.A. Richter „Das leere Kuvert“
30. Nicole Engbers „Hexen hexen heimlich“
31. Heinrich Steinfest „Der Mann, der den Flug der Kugel kreuzte“
32. Louis Begley „Lügen in Zeiten des Krieges“
33. Martina Paura „love sheriffs“
34. Wilhelm Genazino „Mittelmäßiges Heimweh“
35. Ingrid Noll „Die Apothekerin“
36. Harry Mulisch „Augenstern“
37. Gaby Hauptmann „Fünf-Sterne-Kerle inklusive“
38. Katharina Hacker „Die Habenichtse“
39. Rolf und Alexandra Becker „Gestatten mein Name ist Cox“
40. Sibylle Berg „Gold“
41. Ildiko von Kurthy „Mondscheintarif“
42.Thomas Glavinic „Das Leben der Wünsche“
43. Linda Barnes „Carlotta steigt ein“
44. Gustav Ernst „Frühling in der Via Condotti“
45. Tina Grube „Männer sind wie Schokolade“
46. Arno Geiger „Alles über Sally“
47. Ingrid Noll „Der Hahn ist tot“
48. Edda Helmke „Pepsi im Waschsalon“
49. Sara Paretsky „Tödliche Therapie“
50. Hannelore Valencak „Vorhof der Wirklichkeit“
51. Hera Lind „Das Weibernest“
52. Henning Mankell „Die Rückkehr des Tanzlehrers“
53. Paulo Coelho „Elf Minuten“
54. Philip Kerr „Das Wittgenstein-Programm“
55. Evelyn Grill „Winterquartier“
56. Polina Daschkowa „Die leichten Schritte des Wahnsinns“
57. Arno Schmidt „KAFF auch Mare Crisium“
58. Sasa Stanisic „Wie der Soldat das Grammofon repariert“
59. Alois Hotschnig „Leonardos Hände“
60. Clemens Meyer „Die Nacht, die Lichter“
61. Heiner Link „Frl.Ursula“
62. Ray Bradbury „Friedhof für Verrückte“
63. Lily Sauter „Ruhe auf der Flucht“
64. Benjamin v. Stuckrad-Barre „Soloalbum“
65. Erica Pedretti „Valerie oder Das unerzogene Auge“
66. Christoph Hein „Von allem Anfang an“
67. Frank McCourth „Die Asche meiner Mutter“
68. Elisabeth Gürt „Was jetzt Cornelia?“
69. Annemarie Selinko „Heute heiratet mein Mann“
70. Eva Bakos „Ein wunderbarer Wüstling“
71. Sven Regener „Herr Lehmann“
72. Bruno Schulz „Die Zimtläden“
73. Michaela Falkner „Du blutest, du blutest“
74. Max von der Grün „Stellenweise Glatteis“
75. Hans Lebert, Podium Portrait 50
76. Orhan Pamuk „Das stille Haus“
77. Paula Fox „Der kälteste Winter“
78. Märta Tikkanen „Persönliche Fragen“
79. Ralf Rothmann „Der Windfisch“
80. J.M.G. Le Clezio „Die Wüste“
81. Thomas Hettche „Ludwig muß sterben“
82. Ilona Lütkemeyer „Mit achtzig Seiten um die Welt“
83. Rudolf Lasselsberger „Tanz in den Mai“
84. Wolfgang Herrndorf „In Plüschgewittern“
85. Anna Gavalda „Zusammen ist man weniger allein“
86. Thomas Wollinger „Die Archäologin“
87. Reinhard Kaiser-Mühlecker „Wiedersehen in Fiumcino“
88. Kurt Klinger „Podium Portrait 12“
89. Josef Burg „Ein Stück trockenes Brot“
90. Peter Handke „Wunschloses Unglück und andere Prosatexte“
91. Ernst Fischer „Das Fanal“
92. Harald Schmidt „Mulatten in gelben Sesseln“
93. Philip Roth „Exil Ghost“
94. Birgit Vanderbeke „Sweet sixteen“
95. Judith Hermann „Sommerhaus,später“
96. Seher Cakir „Zitronenkuchen für die sechsundfünfzigste Frau“
97. Gerrit Wustmann „Beyoglu blues“
98. Joseph Zoderer „Die Farben der Grausamkeit“
99.Iris Grädler (Hg) „Sommer am Meer und anderswo“
100. Grzegorz Kielawski „So wie du kann jeder aussehen“

Jetzt ist der achtzehnte Dezember und ich habe gerade das letzte Buch nämlich Thomas Wollingers „Die Archäologin“ verlinkt und zu diesem Zeitpunkt schon 108 Bücher gelesen. Bis zum Ende des Jahres kommen wahrscheinlich noch drei bis fünf Bücher dazu. Soviel, wie ich noch nie in einem Jahr gelesen habe und dank der vielen Bücherschränke, die es auf einmal gibt, war das gar nicht schwer. Ich habe die Bücher im Gegensatz zum vorigen Jahr ziemlich linear hinuntergelesen, bzw. die Rezensionsexemplare, die es noch immer gibt, auch wenn das, wahrscheinlich durch die entsprechenden Bücherblogdiskussionen, wirklich etwas schwerer wird, vorgezogen und natürlich im Sommer die Harlandbücher, die weiter unten angefügt ist. Als ich von der Sommerfrische zurückgekommen bin, war die Liste bis auf Platz hundert gefüllt, so daß ich zweite Liste angelegt habe, bei der ich auch bleiben werde. Also weiter alle meine Bücher verlinken und ich habe auch ein System geplant, das ich ab nächsten Jahr ausprobieren will. Nämlich die Jahresliste bis auf Platz sechzig mit den SUBs auffüllen und dann jede Woche, wenn es eines gibt, ein neues Buch dazuschreiben, so daß ich wieder auf hundertzehn bis hunderzwanzig Jahresbücher komme, was zu schaffen ist.
Die Hundert Bücher Challenges ist also ein Erfolg geworden und hat den Zweck erfüllt eine Übersicht über meine Bücher zu bekommen und auf keines zu vergessen und wenn ich es noch schaffen sollte, im nächsten Jahr wirklich nur ein bis zwei Bücher pro Woche dazu zu bekommen, kann ich die Bücher auch so einigermaßen lesen.

Die Liebe als Labyrinth verwickelter Identitäten

Filed under: Uncategorized — jancak @ 12:44

Die 1964 geborene und seit 1983 in Paris lebende Übersetzerin und Schriftstellerin Anne Weber, die 2005 beim Bachmannpreis gewonnen hat, hat einen Liebesroman geschrieben „Luft und Liebe“, 2010 bei Suhrkamp erschienen, auf Französisch heißt er „Tous mes voeux“ und stellte ihn am Dienstag in der Alten Schmiede vor. Petra Messner hat eingeleitet und davon erzählt, daß der Roman ein Verwirrspiel verschiedener Identitäten und Perspektiven ist. Erzählt er doch die Geschichte einer in Paris lebenden Schriftstellerin zu einem französischen Adelligen und deren Scheitern.
Weil man in der Person der Schriftstellerin autobiographische Tendenzen vermuten könnte, hat Anne Weber gleich damit gespielt und fängt den Roman damit an, daß die Schriftstellerin, die die Geschichte ihrer Freundin Lea erzählen will, das Manuskript in den Mistkübel schmeißt und dann noch einmal in der Ich-Perspektive beginnt, die Lea bleibt aber nicht im Mistkübel liegen, sondern nimmt Kontakt zu der Ich-Erzählerin auf und beginnt sich in die Geschichte einzumischen. Vielleicht weil man eine Liebesgeschichte heute nicht mehr so einfach und linear erzählen kann, weil es sonst kitschig wirkt, vielleicht weil man als Erzählerin, auch die Distanz benötigt, um von seinen Gefühlen zu sprechen. Es passt jedenfalls ganz gut zu dem Schreibseminar, zu dem sich das Literaturgeflüster in letzter Zeit entwickelt hat und die Frage, wieviel Ich ist wirklich, ist ja auch eine, die mich regelmäßig beschäftigt.
Anne Weber tut das sehr souverän und damit noch nicht genug, gibt es auch noch die Märchenprinzessin, die dem Ritter auf sein schönes Schloß folgt und der ist in seine Dulcinea so verliebt, daß er alles für sie macht, auf sie wartet und auch sein Sperma in ein Reagenzglas kippt und das Kinderzimmer einrichtet, denn die Märchenprinzessin ist schon ein bißchen angewuzzelt, nämlich zweiundvierzig und will ein Kind, das klappt aber nicht gleich und die große Liebe scheitert auch oder erweist sich als Illusion, so daß es zu einer gewesenen Märchenprinzessin kommt, die sich schließlich als Rächerin entwickelt.
So weit die Stellen, aus denen Anne Weber las, in der Diskussion fragte eine Dame, woran die Liebe scheiterte, sie würde sich das Buch zwar kaufen, aber das würde sie schon gern vorher wissen. Alle lachten und Anne Weber erklärte, daß sie das der Dame zwar ins Ohr flüstern würde, aber nicht öffentlich verraten.
Dann kam es zu einer Diskussion mit Kurt Neumann über den Erzählfaden, ob zuerst die Idee oder die Handlung da gewesen wäre. Kurt Neumann erstellte darüber eine Theorie, die die Autorin nicht ganz teilte und erzählte ein bißchen was über ihr neues Buch, das in März erscheinen wird. Das heißt „August“ und im Untertitel „ein bürgerliches Puppentrauerspiel“, weil es von Goethes Sohn August handelt und das hat sich so ergeben, weil die Autorin während des Schreibens erkannte, daß sie keine Biografie schreiben wollte und das Puppenspiel würde auch zu Weimar passen, wie Anne Weber meinte.
Eine andere Dame fragte nach den Übersetzungen, die ersten Bücher verfasste Anne Weber nämlich zuerst auf Französisch, dann auf Deutsch, jetzt macht sie das umgekehrt. Sie übersetzt auch nicht wortwörtlich, sondern nimmt sich schon ein wenig die Freiheit heraus, mehr zu verändern, was sie zum Beispiel bei einem Genazino nicht tun würde.
Anne Weber hat, wie ich Wikepedia entnehme schon sehr viel übersetzt, auch da hat sie zuerst von Deutsch auf Französisch begonnen, jetzt übersetzt sie nur mehr in die Muttersprache, wie das üblich ist und zwischen ihren Romanen nimmt sie sich Zeit zum Übersetzen.
Und noch etwas war sehr interessant, nämlich Anne Webers Einleitung, sagte sie doch, als sie sich für die Einladung bedankte, daß sie schon länger nicht mehr in der Alten Schmiede gelesen hat und die hat sich inzwischen ja verändert und jetzt, wo sie in der Werkstatt liest, wird ihr die Diskrepanz zu dem, daß sie als Autorin nicht wirklich oder nur mit dem Kopf arbeitet, deutlich bewußt.
Da habe ich mir gedacht, daß für mich die Alte Schmiede schon so ein Museum ist, daß ich mir gar nicht mehr vorstellen kann, daß da wirklich einmal Schmiede gearbeitet haben, obwohl das ja noch gar nicht solange her ist, daß ich mich eigentlich daran erinnern könnte.
Vom Publikum habe ich nur den Sascha gekannt, der Anne Weber eifrig fotografierte.

2011-02-15

Das Antwerpener Testament

Filed under: Uncategorized — jancak @ 11:52

„Das Antwerpener Testament“ von Evelyn Grill ist kein Roman über das Alter, wie ich zuerst dachte, sondern eine Familiengeschichte, die zum größten Teil in den Fünfzigerjahren und an der englischen Seafront spielt, so daß ich ihr den Charme von Rosamunde Pilcher zuschreiben würde, obwohl ich von der britischen Bestsellerlady noch nichts gelesen habe.
Der Klappentext spricht von einem großen Gemälde und da ist der Gedanke an das Rijksmuseum nicht weit, spielt Amsterdam in dem Buch ja auch eine Rolle.
Ein ziemlich globaler Familienroman also, der 1942 in Garsten OÖ geborenen Evelyn Grill, die wenn ich das jetzt richtig wiedergebe, in den späten Siebzigern von Elfriede Haslehner für den Wiener Frauenverlag entdeckt wurde. Ihr Roman „Rahmenhandlungen“ wurde dort verlegt und den habe ich in Fortsetzungen in der sozialistischen „Frau“ gelesen, die meine Mutter abonniert hatte.
Inzwischen ist Evelyn Grill literarisch aufgestiegen, verlegt bei Suhrkamp, Residenz etc und lebt mit ihrem Mann, der, glaube ich, ein Literaturwissenschaftler ist, in Freiburg im Breisgau und das kommt in dem Buch, um wieder zu dem Roman zurückzukommen, ebenfalls vor und der beginnt 1983 an der Worthing Seafront, wo Henriette Stanley an einem stürmischen Märztag begraben wird.
Am Grab der strengen Katholikin stehen ihr epileptischer Sohn Harry, die Tochter Ann mit ihrem deutschen Ehemann und den drei Kindern, der Hausarzt Dr. Crack, die Putzfrau Molly und die meist der upper Class angehörigen Schülerinnen mit bläulich oder rosa gefärbten Löckchen und fein gepuderten Gesichtern, der ehemaligen Französischprivatlehrerin, dann taucht noch Miss Stanley, die jüngere Schwester von Henriettes verstorbenen Ehemanns auf, bleibt am Grab stehen und verschwindet ohne sich zu bekreuzigen und das Begräbnis wird von dem alten Cannonicus Crew gehalten, der öfter vom Teufel spricht.
Aber auch Henriette Stanley hatte ihre Schwierigkeiten, litt an Parkinson und war in ihren letzten Lebenjahren an den Rollstuhl gefesselt, wo sie von einer Sozialarbeiterin, der Putzfrau Molly und dem epileptischen armen Henry betreut wurde. Sie war auch, die aus einer sehr angesehenen Antwerpener Reederfamilie stammte, mit ihrem Leben nicht zufrieden. Hat sie doch ihr Bruder Frans, der Patriarch der Familie, der, wie die streng katholische Familie meinte, in ständiger Sünde mit seiner Maitrresse und Haushälterin Mejuffer Vorsterman lebte, in die Ehe mit den englischen Reedersohn Alan gezwungen, der laut Henriette schuld am Tod ihres dritten Kindes Kitty war und auch sonst ein Gambler und ein Gauner, so daß Henriette mit ihren zwei älteren Kindern wieder nach Antwerpen zurückging und denen ständig vorhielt, daß es nur ihr zu verdanken war, daß sie nicht verhungerten.
Später kehrt Henriette mit den Kindern doch in das Haus an der Seafront zurück, lebt von Französischstunden und verlangt von Harry und von Ann, daß sie sich nie verheiraten, was beiden nicht sehr gut bekommt. Hat sich doch Harry, der Chemie studiert, in Schottland in Hillary verliebt und als er sie zu Weihnachten der Familie vorstellt und sie von der Mutter ignoriert wird, löst das seine Krankheit aus, die ihn nie wieder verlassen wird. Ann hat sich inzwischen in Deutschland in Ulrich verliebt und will das ihrer Mutter beichten, geht aber nicht, daß sie einen Deutschen heiratet, denn die Deutschen haben ja, wie wir aus der Geschichte wissen, großes Unheil über Belgien gebracht.
Ann und Ulrich heiraten trotzdem und es ist auch eine sehr seltsame Ehe, die sie führen werden, der älteste Sohn David ist genauso krank, wie Harry, behindert und lebensunfähig, während es Ulrich wegen seiner verfrühten Ehe nie zu der wissenschaftlichen Karriere brachte, die er eigentlich machen sollte.
Erzählt wird der Roman in acht Kaptiel, das erste spielt 1983 an der Seafront, dann geht es in die Fünfzigerjahre zurück, wo das Schicksal Anns und Ulrichs erzählt wird. Zwei Kapitel werden aus der Sicht Lillys, einer in New York lebenden Cousine Ulrichs geschildert. Dann gibt es noch ein Kapitel, das in Antwerpen spielt und von dem Testament berichtet, das dem Buch den Namen gibt, wurde Henriette doch angeblich von dem Patriarchen enterbt, weil Ann einen Deutschen heiraten mußte. Eines spielt 1975 und schildert das Leben des meist getrennt lebenden Paars Ulrich und Ann mit dem behinderten erstgeborenen Kind. Am Schluß geht es nach Worthing zurück, da dorthin die inzwischen an Krebs erkrankte Ann reiste, um den kranken Bruder in einem Nursingheim unterzubringen und das Haus zu verkaufen, was ihr aber nicht sehr gut bekommt, so daß das Buch mit einem neuerlichen Begräbnis endet.
Evelyn Grill erzählt dieses etwas altmodische Familienpanorama mit feiner Sorgfalt. Die Teeszenen mit den Scones, Muffins und den winzigen Sandwiches, wo dem alten Cannonicus, die Whipped cream an der Nase hängen bleibt, während Harry in seinen Absencen in dem Salon mit dem Chippendale Glasschrank aus Mahagoni, dem schwarzen Steinway-Flügel und dem sicher schon ein wenig abgenützen reinleinenen Damasttischtüchern, herumgeistert, sind köstlich geschildert, hin und wieder taucht ein englisches Wort in dem Text auf, so murmelt der alte Pfarrer „jolly good“, zwischen seiner Predigt, von der Whipped cream, an die mich noch gut erinnern kann, als ich vor dreißig Jahren in England war, wurde schon geschrieben.
Evelyn Grill beschreibt die Themen, die mich interessieren, so habe ich das Suhrkamp-Buch „Winterquartier“, in dem es um eine alleinstehende, gehbehinderte Änderungsscheiderin geht, das ich einmal bei Buchlandung in einem Sonderangebot kaufte, noch ungelesen von mir. Aus dem ebenfalls bei Residenz erschienenen Roman „Der Sammler“, der mit dem Otto-Stoessl-Preis ausgezeichnet wurde, habe ich einer Lesung bei „Rund um die Burg“ gehört. „Ins Ohr“ habe ich von von Elfriede Haslehner geschenkt bekommen, das Buch einer Klientin empfohlen und war, als ich es gelesen habe, über die fast Bernhardsche Schimpfmanier erstaunt.
Evelyn Grill scheint also über eine große Stilvielfalt zu verfügen.

2011-02-14

Leseergebnisse

Filed under: Uncategorized — jancak @ 09:48

Die letzten Tage habe ich mich ausgiebig mit meinen Büchern beschäftigt und da gibt es ja sehr viele. Den 1990 bei der Edition Wortbrücke herausgekommenen Roman „Hierarchien oder Kampf der Geräusche“ zum Beispiel und dann meine dreiundzwanzig Digitaldruckbücher, wie ich sie gerne nenne, mit denen ich seit 2000 unverdrossen gegen die Ströme schwimme und das auch erstaunlicherweise gut zusammenbringe. Zwar bekomme ich von den Lesern gelegentlich die mangelnde Qualitätskeule und die Rechtschreibfehler um die Ohren geschwungen.
Vor einer neuen Arbeit damit in die Badewanne zu steigen, tue ich ganz gern und das bringt auch immer wieder überraschende Erkenntnisse. So kann ich mich erinnern, das vor ein paar Jahren mit den „Hierarchien“ getan zu haben und da habe ich, da das Buch ja in einem Kleinstverlag erschienen, ein paar Rezensionen und die gaben Einblick in die Rezensionslandschaft, die sich seit damals wahrscheinlich gar nicht so verändert hat.
Ein paar Gute gibts da nämlich, die in völlig unbekannten Büchereizeitschriften erschienen sind, dann ein paar gelangweilte Zeilen eines Falter-Redakteurs, auf dessen Schreibtisch das von Jack Unterweger ausgesandte Buch gelandet ist und die Keule von Peter Zumpf in Literatur in Österreich, der das Buch derart herunter machte, obwohl ich, als ich es vorher seiner Edition angeboten hatte, den Eindruck hatte, daß er nicht so uninteressiert ist.
Nun ja, das sind gruppendynamischen Effekte und nicht so ernst zu nehmen. Trotzdem dachte ich, als ich das Buch vor ein paar Jahren in die Badewanne nahm, „Das ist einer meiner ersten Romane, 1989 geschrieben, schauen wir, wieviel sich inzwischen verändert hat!“ und dann war ich erstaunt, was ich darin gefunden hatte. Die Spuren waren gelegt, könnte man sagen, vielleicht noch nicht so routiniert, wie nach Digibuch zehn oder elf, aber interessant oder auch nicht, denn das könnte man auch gegen mich auslegen und „Viel besser bist du nicht geworden!“, sagen und so ging es mir auch dieses Mal, denn da hatte ich in der Harlander Badewanne zwei Aha Erlebnisse, um gleich mit den „Hierarchien“ zu beginnen, hat sich da mein Eindruck verfestigt, denn so schlecht ist dieses „Anfängerbuch“ nicht. Es ist sogar ein bißchen surreal mit den beiden Zwillingsschwestern, die sich dann als wohnungslos entpuppen.
„Canettiesk“ habe ich es genannt und es ist in der Gegenwart geschrieben, was 1990 würde ich jetzt einmal sagen, der gängige Stil war, wo man bezüglich des narrativen Schreibens ja noch etwas mißtrauisch war. Trotzdem würde ich die „Hierarchien“ nicht so abtun und dann habe ich seither ja wirklich viel geschrieben. Zwei Erzählbände und viele Romane und Erzählungen, die das prekäre Leben in Wien mehr oder weniger realistisch schildern. Denn da habe ich ja meine Ideen bzw. Macken, gehe ich ja sehr oft von einer sozial schwachen Ich-Erzählerin aus, die sicher ihre autobiografischen Züge hat, manchmal schreibt und meistens versucht ohne Geld zu leben und manchmal, das ist auch so eine Macke versucht, den Großen dieses Landes, die oft reale Vorbilder haben, ein wenig unter die Arme zu greifen. Da bin ich mir selber gegenüber auch sehr mißtrauisch und denke manchmal „Nicht schon wieder“. Am Samstag habe ich den „Wiener Stadtroman“ aber sehr interessiert gelesen und gedacht, daß mir die Schilderung eines Tags in Wien von acht Uhr früh bis Mitternacht eigentlich recht gut gelungen ist und ich auch ein paar interessante Typen drinnen habe. Robert Eglhofer hat in seiner Rezension zwar die mangelnde philosophische Tiefe beklagt und ich bin auch tatsächlich von James Joyce und seinem 16. Juni ausgegangen, auch wenn es bei mir am 9. November spielt und da war nicht nur die Reichskristallnacht, sondern auch mein Geburtstag.
Ähnlich geht es mir mit der kleineren Erzählung „Die Zusteigerin oder die Reise nach Odessa“, 2005 erschienen, da scheint mir die Zusammenstellung des prekären Wiener Lebens auch gelungen und da findet man auch die Werbefahrten wieder, die ich so gern mache und die ist dann auch übersteigert, denn zweimal zwei Tage nach Odessa deshalb zu fahren, ist der Wirklichkeit sehr weit entrückt. Die Anselma hatte dort aber etwas zu tun und die Titelfotos stammen von meiner Lemberg-Reise, die vielleicht ähnlich verrückt war, die habe ich aber mit dem akademischen Reisebüro unternommen und relativ viel dafür bezahlt.
Die anderen Bücher habe ich dagegen eher durchblättert, die Themen wiederholen sich natürlich, sehr oft spielen depressive Frauen eine Rolle und es konmmen auch häufig sehr alte Frauen und Männer vor. Der hundertste Geburtstag wird bei mir sehr gern gefeiert und die Verknüpfungen der verschiendenen Personen und Ebenen mag einmal mehr und einmal weniger gelungen sein.
Über das erfolglose Schreiben schreibe ich auch sehr viel und da gibt es auch einige Plagiatsgeschichten, wie beispielsweise im „Wilden Rosenwuchs“, die dann ein paar Jahre später von der Wirklichkeit perfekt eingeholt wurden, damals hatte ich mir das so ausgedacht.
Also insgesamt sehr viel, was sich in den fast vierzig Jahren, in denen ich schon literarisch schreibe, angesammelt hat. Da bin ich aber nicht allein, dem Peter Henisch und der Barbara Frischmuth geht es ähnlich, die haben auch ihre Themen und sehr viele Bücher. Der Unterschied zu mir ist, daß es bei mir noch sehr viel zu entdecken gibt, schreibe ich durch meine Digitalverlegung ja jenseits der Öffentlichkeit.
Ein paar Rezensionen gibt es und die Leseproben unter www.jancak.at. Ich habe auch meine Stammleser und da ich die Bücher ja gern als Präsent mitbringe, gibt es schon ein paar Personen, die sehr viel von mir gelesen haben.
Das habe ich in den letzten Tagen auch getan und war danach ein bißchen ratlos gewesen bezüglich der Frage, wie soll ich da jetzt weiterschreiben, es gibt doch schon so viel?
Nach der „Radiosonate“ vor zwei Jahren, die ja mit über dreihundert Seiten mein dickstes Buch ist, hatte ich auch den Eindruck ausgeschrieben zu sein und habe das, obwohl die „Sophie Hungers“ ja gut angenommen wurde, immer noch ein bißchen.
Soll ich die Katharina Hahnenpichler da wirklich nach Linz fahren lassen und das Ganze mit einem Begräbnis beginnen lassen, wo der neue Roman von Evelyn Grill, das ebenso tut?, habe ich mich gestern Abend gefragt und war eher demotiviert.
Inzwischen habe ich wieder ein paar neue Ideen, so könnte die Katharina ja wirklich gemütlich die Landstraße entlangfahren und um eine weitere depressive Heldin, die ihre alten Bücher liest, zu vermeiden, könnte die Lisbeth ihrer Schwester e-mails oder SMS, schicken. Und für den Notfall, könnte ich den neuen Roman überhaupt nur flüstern und via Blogbericht entstehen lassen, wie ich das ja in den letzten Wochen schon begonnen habe.
Das wäre dann was wirklich Neues, das Copyright bleibt natürlich bei mir und da würde man das mit dem Ausgeschriebensein nicht so merken.
Das Nächste ist dann das Kopf ausleeren, die fünfundzwanzig schon geschriebenen Bücher, die „Absturzgefahr“ gibt es ja auch, versuchen dort herauszubringen, das ließe sich mit einem Tag Straßenbahnfahren vielleicht so machen oder mit den Büchern der anderen und da bin ich schon bei den Frühjahrsneuerscheinungen, die es auch in großer Menge gibt.
Da habe ich ja schon eine Leseliste, aber von Linda Stift, von der in den Kommentaren bezüglich des Bachmannpreisbuchs soviel die Rede war, ist inzwischen „Kein einziger Tag“ erschienen und da habe ich, glaube ich, schon ein Stück in der Gesellschaft der Literatur gehört. Das könnte ich also auch zu besprechen versuchen, es haben aber auch Arno Geiger und Thomas Glavinic neue Bücher und deren letzte, haben es noch nicht einmal in mein Badezimmer geschafft, obwohl sie Alfreds bibliophile WU-Kollegin längst abverkauft hat und von der könnte ich mir wünschen, daß sie die beiden Unterweger Bücher liest und in einem Jahr auf ihre Flohmarktliste tut, bis dahin habe ich vielleicht meine Leseliste geschafft…
Das wären schon wieder ein paar Ideen für die Lisbeth Hahnenpichler und, daß es den anderen, was das Beachtetwerden auch nicht viel besser, als mir geht, weiß ich schon. Gibt es ja die, die einmal beim Bachmannpreis gelesen haben und inzwischen auch bei Bod oder im Eigenverlag verlegen und dann gibt es noch den Wespennestmitgründer E.A. Richter, der das Literaturgeflüster freundlicherweise entdeckte und der hat mir jetzt die Links geschickt, wo er täglich seine Texte der letzten Jahre stellt, die ich gerne weitergebe, hier und hier.

2011-02-12

Literarische Gedanken

Filed under: Uncategorized — jancak @ 08:49

Mit meinen Schreibvorbereitungen bin ich diese Woche gut vorangekommen. So ist die Steuererklärung gemacht, die Fenster geputzt und die Notizen für das neue Projekt, ob das jetzt „Fünf, sechs Wünsche, nicht mehr“ oder anders heißen wird, sind angewachsen.
Da hat mir auch die Lektüre von Michael Scharangs „Kömödie des Alterns“, sehr geholfen, denn da steht drin, wie ich meine Protagonistinnen so führen kann, daß sich eine Geschichte daraus entwickelt.
Da denke ich jetzt, ich könnte mit der Fahrt zum Begräbnis der Mutter beginnen, das in Linz stattfindet und Katharina könnte sich dabei an Martha Binder erinnern und die Lisbeth Hahnenpichler könnte gar nicht am Begräbnis teilnehmen, sondern bei ihren Büchern bleiben, der Schwester aber mailen.
Zum Schreiben angefangen habe ich noch nicht, da halte ich mich an meinen Plan und blättere mich zuerst durch meine vierundzwanzig eigenen literarischen Bücher. Das habe ich gestern und vorgestern auch getan und war erst einmal erstaunt, wie viel ich schon geschrieben habe und was da alles enthalten ist.
Das Nächste wird dann sein, daß ich all das wieder vergesse, versuche meinen Kopf möglichst auszuleeren und wirklich von vorn beginne. Eine wirkliche Handlung habe ich auch noch nicht, nur den Vorsatz, die schon vorhandenen Gleise zu verlassen und das aus mir herausholen, was verborgen schlummert, also in meinem persönlichen Stil mit möglichst wenigen Fehlern, die kleinen leisen Geschichten dieses Lebens möglichst gut und auch ein bißchen abgehoben herüberbringen.
Dazu sollte ich mir Zeit lassen, viel mit dem Notizbuch spazierengehen, meine Träume aufschreiben und die Geschichten sich entwickeln lassen. Dazwischen steht dann noch das Lesen, beziehungsweise der Bücherberg in meinem Badezimmer, der bezüglich meinem Schreibvorhaben, das natürlich das Wichtigste ist, sowohl hinderlich als auch förderlich sein kann.
Förderlich, weil man daraus natürlich lernt und wenn ich mir nur aufschreibe, wie das zehn andere Autoren machen und dann zu meinem persönlichen Weg komme, ist schon viel gewonnen. Hinderlich weil ich jetzt auch ein paar Frühlingsneuerscheinungen bzw. Rezensionsexemplare liegen habe und die erfordern ihre Zeit, die mir beim Schreiben abgeht und wenn ich dann noch beim offenen Bücherschrank vorüberkomme. Dann gibt es noch die Idee mit dem Lesemarathon der Chik Lit Bücher, wenn der Alfred mit dem Karli nach Jerez fliegt…
Sind die gewünschten Rezensionsexemplare mit Ausnahme des Droschl-Buchs, wo das nicht möglich ist, doch gekommen und freuen mich und, daß ich den neuen Unterweger vorläufig nicht lesen kann, ist natürlich schade, aber auch nicht wirklich, denn eigentlich sollte ich mir ja eine Rezensionssperre und ein Verschwinden der Bücherschränke wünschen, tue ich aber, wie meine Leser höchstwahrscheinlich wissen, nicht, sondern freue mich, daß es demnächst den Dritten gibt, der im März eröffnet wird und wenn ich nach den Semesterferien wieder zu den AKH-Fortbildungen gehe, komme ich dort auch vorbei und der offene Bücherschrank in der Westbahnstraße/Zieglergasse feierte dieser Tage ebenso Geburtstag, wie jemand anderer, an dem auch nicht vorbeizukommen ist…
In diesem Sinne verweise ich auf meinen Artikel vom 12. Februar 2009 und das „Preisgeschimpfe“, wünsche Thomas Bernhard alles Gute zu seinem achtzigsten Geburtstag und erinnere mich an meine Betroffenheit vor zweiundzwanzig Jahren, als ich die fünfjährige Anna von der Kindergruppe in der Hofmühlgasse abholte, mit ihr nach St. Pölten pendelte und dort in dem heute nicht mehr existierenden Merkur an der Traisen einkaufen ging.
Als eifrige Ö1 Hörererin bin ich um die vielen Nachrufe, Erinnerungen und Sondersendungen natürlich nicht herumgekommen, denke mir inzwischen aber jedes Mal, wenn ich den Sprachgewaltigen im O-Ton höre, so schlimm ist es zum Glück nicht und ich glaube auch nicht daran, daß das die größte österreichische Literaturstimme ist, die auf ewig einzig und unerreicht bleiben wird, sondern finde es im Gegenteil eigentlich sehr schade, wenn junge Autoren immer noch in diesem Stil schreiben. Denn bei dieser gigantischen Wortzertrümmerung geht viel Leises verloren, denke ich, was ich sehr schade finde.
Denn es ist ja nicht alles fürchterlich, wenn auch sehr viel und man sollte auch anders schreiben können und das tun ja auch sehr viele. So habe ich inzwischen den neuen Gustav Ernst gelesen und jetzt die neue Evelyn Grill auf meiner Leseliste, bevor ich mich zwei „Oldies“ der vorigen Herbstproduktion, nämlich Lydia Mischkulnigs „Schwestern der Angst“ und dann endlich Angelika Reitzers „Unter uns“, das ja noch zu den von der Buch Wien mitgebrachten Büchern gehört, widmen werde, um meinen Lesern einen kleinen Einblick in meine Leseliste zu geben und noch ein neues Buch gibt es, das ich lesen werde, wenn ich die Buch-Wien-Altlasten hinter mich gebracht habe. Gibt es da ja den angeblich ersten Facebook-Roman, nämlich „Statusmeldung“ von Fabian Burstein, der sowohl im Falter, als auch im Leporello besprochen wurde und Alfred so sehr interessierte, daß er ihn mir schenkte und von Facebook ist es nicht weit zu den Büchernbloggern und da ist jetzt Evi von Zwillingsleiden dabei, eine Zusammenstellung der österreichischen Bloglandschaft zu liefern. Am 22. Februar wird sie das Literaturgeflüster vorstellen, gestern war Leselustfrust daran und so habe ich erfahren, daß es etwa zwanzig österreichische Bücherblogs gibt, von denen ich zum Teil noch nichts gehört habe und habe auf diese Weise endlich auch einmal die Blogs entdeckt, die zwischen den neuesten Fantasysromanen Nivea-Cremen besprechen, was nicht mein Stil ist, aber interessant. Wer also wissen will, wer in Österreich über Bücher bloggt, dem kann ich die Serie nur empfehlen und jetzt auf zum Selbststudium, bzw. zu einer Radfahrt an der Traisen, was sich wettermäßig dieses Wochenande ausgehen wird.

2011-02-11

Beste Beziehungen

Filed under: Uncategorized — jancak @ 15:42

„Grausamer als die Literatur ist nur die Wirklichkeit – Gustav Ernst erzählt weiter, wo andere längst schweigen“ steht auf der Rückseite des gerade erschienenen Romans „Beste Beziehungen“.
Ich würde meinen, Gustav Ernst erzählt vom Leben, beziehungsweise von dem, was wir im Fernsehen sehen, in den Zeitungen, wie „Heute“ und „Österreich“ lesen und er tut das sehr direkt mit einer eindeutigen Sprache und aus der Sicht dessen, der das Leben vielleicht auch von „unten“ kennt.
Es geht um Paare und deren Lebensformen, aber auch um einiges, das in Österreich zu Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts geschieht. Da wären einmal Lisa und Franz. Lisa ist eigentlich eine ungewöhnlich emanzipierte Frau, schaut sie doch, wenn sie mit der U-Bahn von ihrer Arbeit nach Hause fährt auf die Männer, denen sie dort begegnet und überlegt, welchen Eindruck sie auf sie macht. Vor allem aber ist sie mit ihrem Franz, einem Zauderer, der den Ehrgeiz hat, alle französischen Romane des neunzehnten Jahrhunderts zu lesen und im Rathaus irgendein Beamter ist, sehr unzufrieden und quasselt ihn ständig mit ihren Ansprüchen, daß er doch das und das tun oder nicht tun soll, die Ohren voll. Er soll seinen Chef zum Essen einladen, damit er befördert wird und sich im Nebenjob als Vermögensberater möglichst mit Büro im MilleniumTower selbständig machen, ein Haus bauen, in der Oper mit dem und dem ins Gespräch kommen, u.s.w.u.s.f.
Dann gibt es Jack, den Büroleiter eines christlichen Ministers und der ist ein Arschloch, wie wir ihn aus den Medien kennen, vögelt sowohl mit seinen Mitarbeiterinen, denen er dafür Beförderung verspricht und mit der Frau Außenminister, lädt den Polizeikommandaten in ein Nobelbordell und zum Austernschlürfen ein, damit der ihm bei den Akten eines Autounfalls, der ihm passierte, behilflich ist und verlangt von seinen Mitarbeitern, ihre Freunde, die Finanzberater bei den Frauen der roten Spitzenkanditaten sind, weil das Buch in der Zeit eines Wahlkampf spielt, zu bespitzeln und droht, wenn sie das verweigern, sie so fertigzumachen, daß sie sich nur noch wünschen aus dem Fenster zu springen.
Und von Hanno, der im selben Haus mit seiner Mutter und seinem Bruder wohnt, ist es auch nicht nett von seiner Frau zu verlangen, daß sie die die Anwesenheit seiner Freundin Franziska, im selben Bett und Badezimmer dulden soll, weil das in seiner Familie so üblich ist.
Dann gibt es den Lehrer Stöger, der Schwierigkeiten mit den Schenkeln seiner Schülerinnen hat, die sie aufreizend öffnen und schließen, während sie ihre Schularbeiten schreiben und mit steifen Penis und dem Klassenbuch, auf die Toilette rennt, als die Schülerin mit den weißen Kniestrümpfen und dem kurzen Röckchen nicht weiß, in welchen Jahrhundert Rilke lebte und welche Werke er geschrieben hat. Ausgerechnet er wird, noch dazu von seiner Frau gedrängt, der siebenjährige Nichte, die leider einen Dreier in Deutsch hat und infolgedessen einmal nicht ins Gymnasium wird gehen können, Nachhilfestunden zu geben, was genauso fatal endet, wie der Besuch Manuel Fs. bei seiner Ex-Lebensgefährtin Janine K,. bei der er nach einjähriger Trennung mit einer Bonbonniere auftaucht, von ihr auch mit Naturschnitzel bewirtet, aber als er im Bett nicht kann, so arg beschimpft wird, daß ihm nichts anderers zu tun überbleibt, als sie zu erwürgen….
In loser Reihenfolge werden Beziehungsszenen aneinandergereiht und miteinander verknüpft, um am Schluß in einem viel kürzeren zweiten Teil in einem Amoklauf zu enden, in dem noch einmal die meisten Personen zufällig aufeinander treffen oder im Radio von ihnen berichtet wird. Von der Verhaftung des Lehrers Stöger beispielsweise oder dem Ausgang der Wahl, bei der zwar die Sozialdemokraten gewinnen, Jack Preiser, der bisherige Büroleiter, aber neuer Familiensprecher wird und von seinen Zielen spricht Ehe und Familie zu stärken und der 1944 in Wien geborene Gustav Ernst, Schriftsteller und Drehbuchautor, Mitbegründer des „Wespennestes“ und Herausgeber der Zeitschrift „Kolik“, der viele Stücke, aber auch Romane wie „Einsame Klasse“, „Frühling in der Via Condotti“ „Helden der Kunst – Helden der Liebe“ geschrieben hat, hat uns wieder einmal sehr realistisch das heutige Österreich gezeigt.
Fast hätte ich ja befürchtet, wieder einen Roman über die Leiden des alternden Mannes mit dem Nachlassen seiner Libido und seiner Prostata zu lesen und wurde angenehm enttäuscht, denn ich bin ja eine Anhängerin des realistischen Schreibens, wenn ich aus meiner Frauensicht auch so starke Sexszenen weder schreiben kann, noch will und die Frauen mit Ausnahme vielleicht der Lisa, die aber auch eine dumme Tussi ist, sehr schwach und wehrlos geschildert werden.
Da ich Gustav Ernst, den ich schon lange kenne und immer wieder bei Lesungen im Literaturhaus oder anderen Veranstaltungen treffe, öfter damit nerve, daß ich ihn mit Robert Schindel für den Hans Weigel des heutigen Wiener Literaturbetriebs halte und er auch Dozent am Institut für Sprachkunst ist, werde ich ihn, wenn ich ihm wieder sehe, etwas zu seinen Dialogen fragen.
Der Roman ist ja hervorragend geschrieben, soweit ich das, als etwas verklemmte Frau beurteilen kann, die nicht diesen sexuellen Sprachschatz hat. Die F- und die Ö-Politiker, von denen wir gerade jetzt so viel in den Medien hören, werden treffend geschildert, auch die zwei Unterschicht Männer, die sich an ihren Frauen vergehen, bzw. die Kinder ihrer Freundinnen so lange schütteln, bis die ein Schleudertrauma entwickeln und sich dann bei ihren Anwälten und Richtern blöd herausreden, auch wenn ich bezweifle, daß ein Unterschichtmann eine solche Wortgewalt aufbringt und die Not des Lehrers, der mit seinen Schwächen ja vielleicht wirklich von seinen Schülerinnen etwas aufgegeilt und dann im Regen bzw. beim Pornofilm und der Strafanzeige stehengelassen wird, konnte ich auch gut nachvollziehen.
Jetzt weiß ich aber nicht, ob es wirklich realistisch ist, daß Janine K. ihren Ex mit Manuel F. anspricht, vermutlich nicht, würde ich denken, es wirkt dadurch aber sehr distanziert und passt in den Erzählton, der immer spannend ist, obwohl Gustav Ernst, wie ich nicht umhin kam, zu bemerken, in dem Roman, der zu einem großen Teil aus Dialogen besteht, sehr oft „sagte er“, verwendete, was man, wie ich aus den diversen Sprachratgebern weiß, nicht tun soll.
Aber sonst übertreibt er natürlich seine Charaktere, wie das der gute Schriftsteller tut und macht das Buch dadurch leicht lesbar und spannend, was zum Beispiel an der Figur des Lehrers, bei dem ich mich wahrscheinlich mit den Schilderungen der Schulstunden, begnügen würde, so richtig herauskommt.
Ein packender Roman, den ich nicht allzu sensiblen Gemütern, die Freude an einer deftigen Sprache und einer realistischen Schilderung des vieleicht nicht allzu Altäglichen haben, empfehlen kann und natürlich danke ich Haymon für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.

2011-02-10

Moidi Jokl-Exil und Film

Filed under: Uncategorized — jancak @ 22:29

Im Literaturhaus wurde im Rahmen der Exilbibliothek Anna Maria Jokl vorgestellt, die am 23. Jänner hundert Jahre geworden wäre und durch ihren 1938, im Exil in Prag geschriebenen, 1948 herausgekommenes und 2008 verfilmtes Kinderroman für fast alle Leute „Die Perlenmutterfarbe“ bekannt geworden ist.
Zum hundersten Geburtstag ist von Jennifer Tharr ein Buch herausgekommen „Aus sechs Leben“, weil die alte Dame sehr vielseitig gewesen ist. 1911 in Wien geboren, Moidi wurde sie von ihrem Tiroler Kindermädchen genannt, sie nannte sich aber auch als Drehbuchautorin so, denn 1927 ist die Familie nach Berlin übersiedelt, wo Anna Maria Jokl als Dramaturgin bei der UFA arbeitete, dann kamen die Nazis, so daß sie in ihrer Karriere als Experimentalfilmerin behindert wurde, 1933 ist trotzdem noch der Film „Tratsch“ herausgekommen, von dem es keine Kopie mehr gibt.
Jokl emigirierte nach Prag, wo sie den Kinderroman schrieb, der, wenn ich es recht verstanden hatte, von zwei verfeindeten Schulklassen handelt, an Hand derer der Aufstieg der Nationalsozialismus beschrieben wird, von dort ging es nach London. Nach 1945 studierte sie Psychoanalyse am C.G. Jung Institut in Zürich, das sie aber als sehr Antisemitisch erlebte, sie arbeitete trotzdem als Therapeutin und zog nach Ostberlin, wo die „Perlmutterfarbe“ verfilmt werden sollte, allerdings wurde sie aus der DDR ausgewiesen, so daß der Film erst 2008 entstand.
1965 zog sie nach Israel, wo sie 2001 starb und Jennifer Tharr aus ihrem Nachlaß das Buch zusammenstellte, das bei Suhrkamp erschienen ist und weil Anna Maria Jokl auch Filme machte und Hörspiele schrieb und die Exilbibbliothek eine Kooperation mit der Gesellschaft für Film und Medien hat, gab es ein Gespräch mit dem Falter-Filmredakteur Michael Omasta und einige Filmausschnitte zu sehen, wo die alte Dame aus ihrem Leben erzählt, bzw. aus der „Perlmutterfarbe“ liest.
Allerdings ist das meiste Originalmaterial verschwunden, wie Michael Omasta erklärte, von den Büchern gibt es die „Perlmutterfarbe“ zu kaufen, ein paar alte Bücher waren am Lesetisch ausgestellt, hat Anna Maria Jokl ja auch Lehrbücher für Kinder geschrieben, wie den Physikroman „Die wirklichen Wunder des Basilius Knox“
Eine interessante Autorin, die Ursula Seeber da vorstellte, auf die ich durch den Falter aufmerksam wurde. Die sechs Leben beziehen sich auf die Autorin, Psychotherapeutin, Journalistin, Hörspielautorin und Filmdramaturgin und vielleicht auch auf die Orte der Emigration.
Ich habe von der Autorin noch nie etwas gehört, obwohl der Name irgendwie bekannt erscheint. Das Literaturhaus war auch nicht sehr voll und die Veranstaltung sehr kurz, es gab noch ein Gläschen Wein zu trinken und ich habe mir mit dem Alfred noch einmal die Ausstellung „Die Schönheit des Vergehens“,des Büchner Preisträger Walter Kappacher angesehen, der ja auch sehr viele Bücher hat, die in den Vitrinen zu sehen sind.

2011-02-09

Komödie des Alterns

Filed under: Uncategorized — jancak @ 15:08

„Michael Scharangs herzerfrischende „Komödie des Alterns“ ist ein Buch über drohende Verluste und Tröstungen, über Sprache und Musik, über Bescheidenheit und den Abschied von den großen Verheißungen“, schreibt Volker Hage, vom Spiegel, auf der Buchrückseite.
„Ein Meisterwerk“, hat Elfriede Jelinek hinzugefügt.
Worum geht es in dem 2010 bei Suhrkamp erschienenen Roman, der in einem Prolog, einen Epilog und zwölf Kapitel, die so schöne Namen tragen, wie „Der Sandsturm“, „Der Todfeind“, „Das Stahlwerk“, etc.
Es geht um zwei Männer um sechzig, die also eigentlich noch gar nicht alt sind, obwohl sie als solche geschildert werden. Um den ägyptischen Maschinenbauingenieur Zacharias Sarani und den österreichischen Schriftsteller Heinrich Freudensprung, die einst Freunde waren, aber jetzt einen derartigen Haß aufeinander haben, daß sie zu des Beginn des Buchs schon tagelang nichts gegessen und getrunken haben und solcherart geschwächt auf eine Extremsituation zusteuern.
Bei dem der Oberschicht angehörenden Ägypter ist das, daß er die Absicht hat, nachdem er den ehemaligen Freund vom Flughafen abgeholt hat, sich in die Wüste zurückzuziehen und von dort nicht mehr zurückzukommen, bei Freudensprung, der sich im Flugzeug, das ihm von New York nach Kairo bringt, seltsam gebärdet, die Vorstellung, seinen Ex-Freund nach oder vor der Begrüßung abzuknallen.
Die jeweiligen Kapitel werden abwechselnd aus der Sicht Saranis oder Freudensprungs erzählt. Sarani sitzt zuerst auf einer Bank am Flughafen, Freudensprung im Flugzeug, bis sie aufeinandertreffen, in dieser Zeit erfährt man viel aus dem Leben der beiden. Sarani, wie erwähnt ein Oberschichtägypter, dessen Vater den König beraten hat, der als junger Mann nach Graz kam, um Maschinenbau zu studieren und vorher im Kapfenberger Stahlwerk ein Praktikum machte, wo der Arbeitersohn Freudensprung, der hervorragend Geige spielt, ebenfalls in den Ferien arbeitet, die beiden freunden sich an, Freudensprung rettet Sarani mehrmals das Leben, sie machen Bergtouren auf den Hochschwab und in die hohen Tauern, später bauen sie in der Wüste eine Farm, Saranis Lebenswerk, auf Gemeinschaftsbasis auf. Es soll dort auch noch eine Akademie entstehen und daran begann der Konflikt, die zwei so narrisch machte, aufzuheizen. Aus Saranis Sicht hat ihn Freudessprung verraten, weil er sich weigerte, zu seinem Fest zu kommen, wo die beiden ihren sechzigsten Geburtstag feiern wollten, dann wirft er ihm noch vor, daß er seinen Sohn David, der die Akademie führen sollte, abspenstig machte. Der haßerfüllte Freudensprung ist vor allem davon betroffen, daß er, der mit sechzig, die fünfunddreißigjährige Lena kennenlernte, die mit ihm unbedingt den August 2000 oder 2001 in New York verleben wollte, sich dort in David verliebte, Freundensprung vermutet eine Intrige und schmiedet Rachepläne.
Irgendwann kommt das Flugzeug an, die beiden Männer erschießen sich nicht, Sarani läßt Freudensprung auch nicht stehen, sondern geht mit ihm in das Flughafen-VIP Restaurant, zu dem nur ausgesuchte Personen Zutritt haben. Dort fangen die beiden Ausgehungerten einmal zu essen an. Bei Ham and eggs, Hühnchen, Meeresplatte und Spaghetti kommen sie einander näher, nebenbei bekommt man einen Slapstickkurs des ägyptischen Spitzellebens. Gibt es da ja noch den Geschäftsmann Mustafa, der mit den beiden die Farm errichtete, aber mit den Geheimdiensten in Verbindung steht und einen Kellner, der sich während des Gelages als Doppelagent entpuppt. Am Schluß wird jemand erschoßen und der Geheimdienst, bzw. Karem, auch ein Farmmitarbeiter bringt die beiden in das Wüstenhaus, wo ebenfalls gekocht und getrunken wird und es schließlich zum Versagen und Verzichten bzw. zur Versöhnung kommt.
Serani hat noch eine österreichische Frau, die er sehr liebt, die sich aber während der Zeit von Seranis Krise nach Graz in ärztliche Behandlung begibt und, wie es scheint, die Absicht hat, dort zu bleiben, während Serani seinem Ex-Freund schon am Flughafen sagte, daß er eine Professur in die Schweiz bekommen hat. David und Lena kommen ebenfalls nach Ägypten und werden die Akademie aufbauen. Sie danken Freundensprung auch dafür, daß er sie, wenn auch ohne Absicht zusammenbrachte.
So klärt sich also alles, das junge Paar ist glücklich, Serani geht in die Schweiz und Freundensprung wird in dem Wüstenhaus bleiben „um diese Geschichte niederzuschreiben. Darauf stießen sie an.“
Soweit die „Komödie des Alters“, die von zwei Sechzigjährigen handelt, geschrieben vom 1941 in Kapfenberg geborenen Michael Scharang, der eine Dissertation über Musils „Mann ohne Eigenschaften“ geschrieben hat. Das tat auch Heinrich Freudensprung und die beiden Freunde philosophieren in dem Restaurant und dem Wüstenhaus darüber. Michael Scharang ist jedenfalls zehn Jahre älter als seine Helden, aber das Buch spielt, um 2000 und, daß Michael Scharang in dieser Zeit oder früher in Amerika war, würde ich auch vermuten, habe ich doch „Das jüngste Gericht des Michelangelo Spatz“ gelesen, das dort spielt. Ansonsten bin ich auf den Namen Scharang nach meiner Matura, als ich anfing mich für Literatur zu interessieren, über „Charly Traktor“ gestoßen, das ich nicht gelesen habe. Er ist ja damals mit Wolfgruber und Innerhofer für die neuen Realisten oder, wie das hieß, gestanden. In meinem Bücherkatalog stehen einige Bücher wie „Das Wunder Österreich“, „Der Lebemann“, „Auf nach Amerika“ und „Bleibt Peymann in Wien oder kommt der Kommunismus wieder“, an die ich mich nicht mehr erinnern kann. Scharang gilt jedenfalls als politischer Autor und hat, als wir vor zehn Jahren „schwarz-blau“ hatten, eine umstrittene kulturpolitische Rolle gespielt.
Das Buch habe ich von der Anna zum Geburtstag bekommen, die glaube ich, eher ein Fan von Schrarangs Tochter Elisabeth ist, die eine bekannte Filmemacherin und FM4 Moderatorin ist und ich habe die neuerliche Auseinandersetzung eines älter werdenden Autors mit dem Alter, die Michael Scharang ja hervorragend komisch und irrational schildert, sehr spannend gefunden, überhaupt, wo es jetzt in den Nachrichten so viel über Ägypten und den Aufstand der Massen gegen die Diktatur zu hören gibt. Auch wenn ich denke, daß Freudensprungs und Saranis Leiden ein wenig übertrieben geschildert wurden und die Welt nicht gleich untergeht, wenn ein Sechzigjähriger von einer Freundin, die eigentlich seine Tochter sein könnte, verlassen wird. Aber die intellektuellen Männer leiden, wie ich weiß, sehr daran, in diesem Sinne freue ich mich schon auf das nächste Buch meiner Leseliste und wieviel an dem Roman wahr und wieviel erfunden ist, läßt sich auch sehr schön diskutieren, habe ich auf der Wikipediaseite ja einige Übereinstimmungen gefunden.

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