Da scheine ich durch meine Neugier ob Buzzaldrin über den Bremer Literaturpreis bloggt, eine Diskussion über das Lesen ausgelöst zu haben.
Wie viel oder wenig soll man lesen? Gibt ein Limit oder eine Latte, bzw. ein Leistungssoll? Daran hat sich dann noch ein anderer Blog angeschlossen und ich nütze die Diskussion zu einem Blogeintrag, weil ich derzeit ja, da ich höchstwahrscheinlich noch das nächste halbe Jahr am „Nanowirimo“ bzw. am „Literaturgeflüster-Texte-Buch“ korrigiere, relativ wenig „eigene Artikel“ schreibe und dafür mehr Buchbesprechungen. Die Zahl der Veranstaltungen scheint auch zurückzugehen, habe ich ja, wahrscheinlich durch die krisenbedingten Einsparbemühungen bemerkt, daß da am Freitag nichts mehr stattfindet, aber da fahren wir ohnehin jede zweite Woche nach Harland und am Donnerstag habe ich Abendstunden und das Lesen bzw. die Zahl der Buchbesprechungen und da sind wir schon beim Thema, steigt.
Derzeit sind es drei bis vier diesbezügliche Artikel, die in der Woche erscheinen und ich habe ja eigentlich gar keinen Bücherblog, sondern ein literarisches Tagebuch, das Herr Blaha für die Ankündigung der „Schreibinteressen“ am 14. 2., sicherlich sehr übertrieben, „Das schreibende Gewissen der Gegenwart“, genannt hat.
Aber ich lese gerne und habe das eigentlich immer schon getan, das war mir, genau, wie das Schreiben und da behaupte ich ja immer, daß das an erster Stelle steht, immer sehr wichtig.
Ich kann mich erinnern, daß ich schon in der Volksschule am Wochenende Aufsätze für mich geschrieben habe und sie am Montag der Lehrerin zeigte, die mir dann die ersten Schreibtips gab, gelesen habe ich auch sehr viel und Bücher waren im Gemeindebau in Hernals auch immer da und da habe ich gelesen und gelesen und mich immer schon für Literatur interessiert.
Zuerst wahrscheinlich sehr brav und angepasst, so kann ich mich erinnern, in der Hauptschule in die städtische Bücherei am Elterleinplatz gegangen zu sein, um mir einen Krimi auszuborgen. Die strenge und wahrscheinlich sehr verstaubte Dame hat der circa Zwölfjährigen aber nur einen pro Woche zugebilligt. So ist eine ebenfalls verstaubte Grillparzer-Ausgabe zu mir gekommen, die ich nach ein paar Leseversuchen, wahrscheinlich genauso verstaubt, zurückgegeben habe.
Nach der Matura, in meiner Studentenzeit, habe ich viel gekauft und viel gelesen, den ganzen Adalbert Stifter, viel Thomas Mann, den „Mann ohne Eigentschaften“ in vierzehn Tagen im Sommer 1973 oder 1974 im Gartenhäuschen auf der Höhenstraße und natürlich nicht verstanden.
Doderers „Dämonen“, ein paar Jahre später und fasziniert davon, wenn auch immer noch ohne viel Verständnis der Zeitgeschichte. Den die haben wir in der Straßergasse trotz der enormen Leselisten der Frau Professor Friedl nicht mitbekommen und von H.C. Artmann, Peter Handke, Gert Jonke etc, habe ich damals nicht viel gewußt oder es hat mich auch nicht so interessiert.
Ich kann mich erinnern, daß ich in den frühen Siebzigerjahren, um mein eigenes Schreiben zu überprüfen, in eine Buchhandlung in der Kalvarienberggasse gegangen bin und verzweifelt in einem Jonke-Bändchen blätterte, denn so wollte und konnte ich nicht schreiben.
Aber viel gelesen und irgendwann ein bißchen zeitgemäßer geworden. Das kam wahrscheinlich auch mit dem eigenen Schreiben und da war der Jung-Residenzverlag der Siebziger und Achtziger Jahre sicherlich das Eldorado. Henisch, Frischmuth, etc. Ich habe die schönen alten Residenzausgaben und ich eine Zeitlang auch die Thomas Bernhard-Romane mit Begeisterung gelesen und bei den „Alten Meistern“ kann ich mich erinnern, in der Bahnstation Hütteldorf, weil ich ja eine Zeitlang nach St. Pölten pendelte, herzlich gelacht zu haben. Da schreibt einer über dreihundert Seiten, ob er am Abend ins Burgtheater gehen soll, dann geht er hin und das Buch endet mit „und die Vostellung war eine fürchterliche.“
Jetzt kann ich den Bernhardschen Negativismus nicht mehr so gut aushalten, die Verhaltenstherapeutin wehrt sich wahrscheinlich dagegen und die Österreichbeschimpfungen, die kürzlich erst in Ö1 waren, kann ich auch nicht mehr hören. Aber gelesen und gelesen und natürlich und leider mit nicht sehr viel Erfolg, Beachtung und Aufmerksamkeit geschrieben. Da nur sehr wenig, bzw. negatives Feedback bekommen und irgendwann habe ich mit dem Bücherkaufen aufgehört. Ich erkläre mir es als Trotzreaktion, wenn die Verlage mich nicht wollen, muß ich mir auch nicht ihre Bücher kaufen. Ich war aber immer schon sehr sparsam und eigentlich auch eine „Konsumverweigerin“. Gelesen habe ich aber immer und habe, inzwischen verteilt an zwei Orten auch schon fast siebentausend Bücher, denn inzwischen habe ich die ja katalogisiert, als ich einmal zu Weihnachten „Holzfällen“ nicht mehr gefunden habe und die Anna beschuldigte, der ich ja einige Bücher gegeben habe, das sie es hätte.
Dann kamen die ersten Büchertürme, bzw. Kisten mit Gratisbüchern, die man sich bei Flohmärkten oder anderen Gelegenheiten nehmen konnte. Da gabs ja einmal bei der Buchwoche so eine hundert Bücher-Kanonliste, die man gelesen haben sollte und man konnte seine eigene dazuschreiben und einen zehntausend Schilling Gutschein dafür gewinnen, was ich natürlich nicht habe, aber die Büchertürme waren eine Zeitlang bei der Literatur im März, solange die es noch gab, da und da haben die Verlage das offenbar Unverkäufliche hineingestellt und ich habe es herausgenommen und gelesen und gelesen. Da kam mir das erste Mal, glaube ich, die Idee, daß ich ja am Morgen oder am Abend in der Badewanne ein Buch (aus)lesen könnte. Ich glaube ich habe auch einiges überflogen. Richard Obermayrs „Der gefälschte Himmel“, beispielsweise. Dann kam Thalia, bzw. Amadeus daher und lockte mit zehn Eurogutscheinen für Leserrezensionen und da habe ich angefangen, die Bücher, die ich lese, zu besprechen. Als diese Aktion endete, habe ich damit aufgehört, mit dem Bloggen aber wieder begonnen. Und das halte ich inzwischen für eine Superidee, denn da kann man auf Knopfdruck nachschauen, wie einer das Buch gefallen hat und man hat nichts vergessen, es schult natürlich auch die Schreibfähigkeit. So empfiehlt das Gustav Ernst, wie ich ihm einmal sagen hörte, seinen Studenten auf der Hochschule für Sprachkunst.
Als ich dann schon bloggte und mit den Bücherbesprechen angefangen habe, das hat ja einige Zeit gedauert, bis ich wirklich jedes Buch besprach, dachte ich, jetzt werde ich auf diese Art und Weise bald meinen Bücher-SUB aufgelesen haben. Mitnichten, denn da kam der erste offene Bücherschrank, dem weitere folgten und damit wuchs auch meine Leselust oder ist es eine Sucht? Ich würde es nicht so bezeichnen, aber der Appetit kommt mit dem Essen und wenn man sich mit Büchern beschäftigt, steigert das auch die Lust am Lesen, bei mir jedenfalls, wie ich mich ja eigentlich ein bißchen wundere, daß mich das auch noch nach vierzig Jahren Lese- und Schreiberfahrung immer noch so interessiert und die Freunde an den Büchern und am Schreiben nicht nachgelassen hat und das ist eigentlich sehr schön, so depressiv und unerfreulich, die Begleitumstände vielleicht auch sind.
Meinen SUB werde ich, solange ich zu den Bücherkästen gehe und ich komme ja regelmäßig daran vorbei, nicht aufholen, darüber habe ich auch schon geschrieben und schreibe ich immer wieder, weiß, daß das eine Quadratur des Kreises ist, einen Knoten, den man nicht aufknüpfen kann, aber es macht ja nichts, es ist ja schön, daß soviele Leute schreiben. Ich finde das wenigstens, dann will ich auch alles oder das meiste lesen, weiß, daß ich das nicht kann, probiere es trotzdem, etc.
Darüber habe ich ja auch schon viel gebloggt und im Herbst 2010 kam Elisabeth von leselustfrust, die es nicht mehr bloggend gibt, deren Blog mich sehr beeindruckt und auch mein Leseverhalten gemeinsam mit den Bücherkästen gesteigert hat, mit einer Herbstleseliste. Ich habe aus meinem SUB im Badezimmer mir auch gleich eine erstellt und die dann x-mal umgeändert, was vorgezogen, etc.
Im Herst 2010 wurden aber meine Bücherregale in der Krongasse zu klein und ich hatte die Wahl was auszumustern, nicht mehr zu den Schränken zu gehen, die Übersicht zu verlieren oder mir ein neues zu kaufen. Ich wählte das Letztere, jonglierte im Jänner 2011 noch eine Weile mit sich ständig verändernden Leselisten, bis ich im World Wide Net auf eine hundert Bücher Challenge stieß, mir gleich eine solche Liste machte und meine Leseliste war geboren. Seither lese ich mehr als hundert Bücher im Jahr und habe, um meinen SUB zu ordnen, inzwischen Listen bis 2017, was man natürlich für idiotisch finden kann. Für mich ist es aber wichtig, weil ich nichts übersehen will und seither lese ich auch eher strikt hinunter, ziehe höchstens Geburtstagsbücher oder Rezensionsexemplare vor und fahre für mich selber gut damite.
Von mir aus braucht aber niemand lesen, da ist die pädagogische Ader der Psychologin und Verhaltenstherapeutin nicht sehr ausgebildet. Lesen ist schön und wichtig, aber ins Kino gehen, surfen, fernsehen, Fußballspielen, etc sicher auch.
So bin ich auch nicht unbedingt darauf erpicht, daß die anderen meine Bücher lesen, wenn sie nicht wollen, brauchen sie das nicht. Sie brauchen sie auch nicht kaufen. Ich lese aber gerne, was die anderen schreiben und ich bin, so seltsam das auch klingen mag, wirklich an sehr vielem interessiert. An allem nicht, so lese ich beispielsweise höchstwahrscheinlich keinen Harry Potter und auch nicht Karl May.
Das ich aber Liebesromane, die sogenannten Groschenschundhefterln, in der meiner Schulzeit sehr gerne und auch viel gelesen habe, habe ich jetzt zu erwähnen fast vergessen. Falls mich die Zeitschrift „Volltext“, einmal zu meiner „Unwürdigen Lektürenerfahrung“ auffordern sollte, würde ich über Hedwig Courths Mahler schreiben, deren Romane ich für ein großartiges zeitgeschichtliches Kolorit des Berlins der neunzehnhundertzwanziger Jahre, gepaart mit einer sehr strengen unrealistischen Moral, die sie selber immer wieder klammheimlich, aufbricht, halte.
Schade, daß das außer von mir noch nicht sehr bemerkt wurde. Eine Stephenie Meyer habe ich aber inzwischen im Schrank gefunden und auch Nele Neuhaus „Schneewittchen muß sterben“ und freue mich auf das Lesen irgendwann in den nächsten Jahren.
Marcel Proust und Joyce würde ich, um die Fragen der beiden jungen Germanistinnen von „writeaboutsomething“ zu beantworten, aus dem Kasten ziehen und zu lesen versuchen, der „Ulysses“ lag schon mal auf meinem Badezimmertischchen in Harland, dann kam die liebe Anna daher und sagte „Kann ichs haben, Mama?“, natürlich, denn das ist ja ein Buch, das man lesen sollte!
„Kaff Mare Crisium“ habe ich schon gefunden und es an dem Vormittag gelesen, als es den letzten „Rund um die Burg rund um die Nacht Lesemarathon“ gegeben hat. Da habe ich mich entschieden, daß ich das Buch lieber nicht verstehen will, als ihm das nächste Jahr zu widmen, bin aber ein Monat später brav in die Hauptbücherei gegangen, wo „Zettels Traum“, präsentiert wurde, habe mich neben Peter Henisch gesetzt, gefragt, ob er das Buch verstanden hat und ein Herr hat einen Vortrag gehalten, in dem er erklärte, wie man das Buch lesen oder nicht lesen soll. Ich habe daraus entnommen, daß man es nur, wie ich machen kann, entweder die Leseliste für das nächste Jahr vergessen und in seine Welt hineintauchen oder schauen, daß man nicht zu spät zum Literaturmarathon kommt. Inzwischen steht aber ein Sekundärband zu Schmidt auf einer meiner Listen. Eine Woche lese ich aber schon mal an einem Buch.
Ich sollte meine Leseliste vielleicht auch nicht unbedingt soweit in die Zukunft ausdehnen, weiß ich ja nicht, wie lange ich noch lebe oder gut sehen kann.
Aber das Angebot ist da und der Appetit kommt, wie erwähnt, mit dem Essen, wenn ich eine Pearl S. Buck oder Vicki Baum aus dem Bücherkasten oder der Bibliothek meiner Eltern lese, schaue ich nach, was ich sonst noch habe und setze das Buch dann auf die Liste oder so, wie kürzlich jetzt endlich doch den ersten Erzählband von Marica Bodrozic, den ich bisher nicht las, weil ich ja keine Erzählungen wollte.
Leselisten und Bücherbloggen kann also auch Vorurteile auflösen und meinen Vorsatz für 2013 möglichst nur zwei Bücher pro Woche auf meine Listen zu setzen, habe ich letzte Woche auch eingehalten. Da kam zwar noch eine uralte DDR-Anthologie dazu, aber sonst war ich ganz „brav“ und habe dieses Jahr auch schon viel gelesen. Achtzehn Bücher sind es bis dato schon.
Wow, wenn das so weitergeht könnte ich wirklich einmal die zweihundert Büchermarke sprengen! Aber man soll ja keine Rekorde aufstellen und es nicht wichtig, wie viel oder wenig man liest! Für mich offenbar doch ein bißchen und wenn ich jemanden zum Nachmachen animieren kann, will ich das auch gerne tun!
2013-02-07
Lesegewohnheiten
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