Daß ich zur der Exil-Literaturlesung am Freitag ins Literaturhaus komme, war gar nicht sicher, weil wir ja eigentlich nach Harland fahren wollten, so habe ich es bei der „Buch-Wien-Eröffnung“, als ich mir von Christa Stippinger die Bücher holte, auch gesagt, aber dann kam der Alfred mit einem Fest daher, weshalb wir erst am Samstag fahren werden und ich hatte den Abend frei für die „Edition Exil“, denn, daß ich nicht mit Bahn und Suttle Bus nach Krems fahren werde, war ich mir schon sicher, bevor ich mir eine zwölf Uhr Stunde ausmachte. Zwar lasen die Kilics im Amerlinghaus und haben mich dazu eingeladen, aber das war erst um acht und acht ist sehr spät, obwohl ich eigentlich die Weihnachtssachen aus dem Keller holen hätte können und die Praxis-Wohnung schmücken.
So bin ich nach sechs ins Literaturhaus marschiert und in der Otto Bauer Gasse, wo ich früher einmal wohnte, an einem „schrägen Weihnachtsgeschäft“ vorbei gegangen, das gerade eröffnete. Ich habe mich eigentlich gewundert, daß ich nicht auf ein Glas Wein hineingegangen bin, aber die vielen Absagen entmutigen vielleicht. Daher zuerst zum Bücherschrank, dort gab es etwas für die Oma und dann um dreiviertel sieben war das Literaturhaus ziemlich leer, nur der Lehrer aus Retz oder Hollabrunn war da und begrüßte mich „Sie kommen auch so früh?“
„Wieso früh, es ist dreiviertel?“, sagte ich und erfuhr, es begann erst um acht, obwohl es im Programm anders stand. Was machen mich eine Stunde? Mich mit dem Lehrer unterhalten, der dann vielleicht um halb acht geht? Die junge Frau am Büchertisch bot mir zwar was zum Trinken an, aber als ich ein Glas Wein haben wollte, war sie dann nicht da, also habe ich „Eine Zumutung!“, gedacht und „Ich kann und will nicht warten!“ und bin gegangen.
In den Keller, die Weihnachtssachen holen und dann in die Badewanne, bin ich mit meiner Leseliste ohnehin im Rückstand dachte ich und in der Otto Bauergasse fiel mir ein, daß ich ja eigentlich in das Geschäft schauen könnte.
Dort gab es Wein, Weißbrot, Trauben, Brie und schicke Sachen und beim zweiten Glas fiel mir ein, daß ich jetzt ja zurückgehen könnte. Der Lehrer war zwar nicht mehr da, aber Ekaterina Heider, die mich freundlich grüßte und Christa Stippinger und die Lesung bestand aus einer Vorstellung von Ekaterina Heiders neuen Buch und zwei Exil-Preisträgern und das hat sich gut getroffen, bin ich ja vorige Woche bei der „Buch Wien“ wegen einer Weinverkostung erst zur Preisverleihung zurecht gekommen und habe die Lesungen versäumt.
Jetzt las also der 1988 in Wien geborene und in Salzburg lebende Marko Dinic, der aus einer jugoslawischen Familie stammt, seinen sehr experimentellen Text, der von Salzburg und der dortigen Festspielschickeria handelt und dann die Hauptprästrägerin, die Tschechin Katerina Cerna mit ihrem Text „Verschifft“, der ein bißchen an Ekaterina Heider erinnert, aber sanfter ist, dann kam die 1990 in Irkuts Geborene, die ich ja schon im Vorjahr bei einer „Exillesung“ hörte, wo sie, glaube ich, auch den Text mit der „schönen Schwester“ las und sie dann noch in der „Kolik Lounge“ und bei den „Lockstoffen“ hörte, eine sehr begabte junge Frau, die im dritte Jahr am Hochschulllehrgang für Sprachkunst studiert und jetzt etwas mildere Texte von ihrem „Bruder“ und dann noch „Michaela“ und „Postkarten“ las.
Das Buch sind ja wieder Kurzgeschichten, aber macht ja nichts, die lese ich inzwischen, wenn auch wegen meiner endlos Leseliste wahrscheinlich erst im nächsten Jahr, so daß es gar nichts macht, daß mir Jürgen Lagger die „Fm-4-Anthologie“ nicht gegeben hat und auch Nadine Kegeles Buch nicht zu kommen scheint. Es macht doch etwas natürlich, ich kann es aber nicht verändern, habe auch genügend anderes zu lesen und jetzt zum Schluß noch eine sehr traurige Nachricht, die den „Ohrenschmaus“, der ja am Montag vergeben wird, betrifft.
Sarah Lutschaunig, die Preisträgerin von 2009, für die ich die Laudatio gehalten habe, ist am siebzehnten November leider verstorben und Michaela König, das Vorbild für meine „Mimi“, leider auch und bei der Preisträgerin, die im Buch, statt der Mimi, den Preis erhält, habe ich ja an Sarah Lutschaunig gedacht.
Und jetzt muß ich nur noch herausbekommen, wer die heurigen Weigel-Literatur-Stipendiaten sind.
2013-11-30
Edition Exil entdeckt
2013-11-29
Hans Weigel-Symposium
Diese Woche dominiert eindeutig die Gesellschaft für Literatur bei den Veranstaltungen, in die ich vorher einige Monate nicht hingekommen bin, aber am Montag hat Konstantin Kaiser Siglinde Bolbechers Gedichte vorgestellt, am Dienstag feierte im Radio Kulturhaus die armenische Gemeinde Franz Werfel und verlieh dabei Marianne Gruber von der Gesellschaft eine Medaille, Donnerstag und Freitag war Hans Weigel dran, diese interessante Persönlichkeit, die das Nachkriegsösterreich der fünfziger und sechziger Jahre in allen seinen Facetten prägte.
1908 in Wien geboren,1991 in Maria Enzersdorf gestorben, dazwischen lag die Emigration in der Schweiz, beziehungsweise vor dem Anschluß Arbeit an Wiener Kleinkunstbühnen, wieder nach Wien zurückgekommen, war er Theaterkritiker, förderte die jungen Schriftsteller im Cafe Raimund, verhinderte mit Friedrich Torberg Brecht und war ein ausgeprägter Kommunistenhasser, gab die „Stimmen der Gegenwart“ heraus, hat Bücher geschrieben und und und, den Bachmannpreis hat er irgendwie auch mitbegründet und das habe ich vor kurzem geschrieben, habe ihn 1987 bei dieser GAV-Anti Waldheim Lesung gesehen, war aber viel zu schüchtern, um mich von ihm fördern zu lassen, höchstwahrscheinlich hätte er es auch nicht getan, seinem Gegenspieler Hermann Hakel habe ich ja einmal Texte für den Lynkeus geschickt und zurückbekommen, so bleibt nur die Reflexion und die Erinnerung und da ist so ein Symposium sicher sehr geeignet.
Aber natürlich habe ich auch Bücher von ihm gelesen, so zum Beispiel den „Grünen Stern“, inzwischen wiederaufgelegt, ich habe das antiquarische Stück, die Erstausgabe wahrscheinlich um drei Euro gekauft, als das Antiquariat „Buch und Wein“ geschlossen hat. Dann gab es 2008 auch ein Jubeläumsjahr, da war Weigel viel im Rundfunk, 2006 ist „Niemandsland“ herausgekommen, das habe ich mir zum Geburtstag gewünscht und als die Bachmann ihr Symposium hatte, das war auch 2006 wahrscheinlich oder war es schon 2004, habe ich an einer Bachmann-Führung teilgenommen, wo wir auch zum Cafe Raimund kamen, wo uns der junge Führer von Hans Weigels Roman „Die unvollendete Symphonie“ erzählte.
So weit mein Vorwissen, dann gibt es natürlich die Hans Weigel-Stipendien, mit denen das Land NÖ die jungen Literaten fördert, Cornelia Travnicek sitzt da, glaube ich, in der Jury.
Und natürlich sind die Literaturförderer der fünfziger Jahre, die alten Männer, die die jungen begabten Frauen, zu ihren „Geschöpfen“ machten, sie förderten und ihnen irgendetwas befohlen und sie ins Bett brachten oder auch nicht, sehr interessant und darum ranken sich auch Legenden, so ist Dine Petrik Hermann Hakel glaube ich sehr böse, weil er Hertas Kräftner nicht gut behandeln haben soll, Erika Danneberg hat mit Hermann Hakel nach der Scheidung nichts mehr geredet und man kann das alles wohl nur aus der Zeit und ihrer Geschichte geschehen und deshalb ist ein solches Symposium auch sehr interessant, das am Donnerstag Nachmittag auch gleich von Marianne Gruber eingeleitet wurde, die von ihrer Förderung durch den energischen alten Mann erzählte, der ihrem Verlag, der etwas von Weigel haben wollte, dafür ihr Mansukript hinlegte und auch seine Schützlinge anrief und sich genau, bei ihnen erkundigte, wieviel sie schon geschrieben hätten?
Das erste Referat kam von Evelyne Polt-Heinzl und ging über die „Unvollendete Symphonie“, 1951 zuerst erschienen, 1992 wieder aufgelegt, da hat Weigel dann auch geoutet, daß die inzwischen berühmt gewordene und verstorbene Ingeborg Bachmann mit der Malerin gemeint war, die da ein Verhältnis mit einem wieder nach Österreich Zurückgekommenen hatte und mit ihm durch das Nachkriegs-Wien spaziert.
„Er ist wieder da!“, beginnt das Buch und im Publikum wurde gefragt, ob die Bachmann das Buch gekannt hätte? Sie hat und sie hat sich auch eine Zensur vorbehalten und sie war offenbar auf „ihren oder unseren Roman“ auch sehr stolz und im nächsten Beitrag von Joseph Mc Veigh ging es dann um „Weigels Geschöpf“ beziehungsweise, dessen Emanzipation und Befreeiung davon.
Marianne Gruber hat in ihrer Einleitung, sie hat Weigel sehr positiv gesehen, die anderen Referate waren kritischer, von einem Brief gesprochen, den Weigel eines Tages bekommen hat „Sehr geehrter Herr! ich habe gehört, daß sie junge Literaten fördern. Es ist Zeit, daß Sie sich um mich kümmern!“
Joseph Mc Veigh erzählte etwas von einem Interview, das die junge Bachmann mit Hans Weigel machte und zitierte Briefe in dem sie vom Gängelband sprach, von dem sie sich allmählich befreite, beispielsweise in dem sie Österreich verließ, um von Weigel loszukommen, den sie ursprünglich ganz gern geheiratet hätte. Es hat auch einen Roman gegeben, den sie schließlich nicht veröffentlicht sondern vernichtet hat und Briefe gibt es auch, die aber der Öffentlichkeit nicht zugängig sind.
Das dritte Referat nach der Pause bezog sich dann auf den Kommunistenhasser und seine Hassliebe auf Franz Theodor Csokor, dem PEN-Präsidenten, den Weigel Kommunismus unterstellt haben soll.
Er ist auch aus dem PEN ausgetreten, weil sie Viktor Frankl dort nicht aufgenommen haben.
Dann ging es um den „Mythos der Literaturmacher der Nachkriegszeit“, Weigel und Hakel sollen sich ja gestritten haben, wer nun Hannelore Valencak gefördert hat?
Marlen Haushofer und Herta Kräftner war auch unter den Geförderten und ein dritter Förderer war Rudolf Felmayer. Daniela Strigl, die die Diskussionsrunde einleitete, erwähnte das soziale Netz das hinter Weigel stand, der seinen Schützlingen auch Ärzte neben den Veröffentlichungsmöglichkeiten vermittelte. Interessant, heute wird es wahrscheinlich anders aber doch auch ähnlich laufen. Ich habe ja schon geschrieben, daß ich Gustav Ernst und Robert Schindel zu den heutigen Förderern zählen würde und die haben ihre Akademien und ihre Hochschulen für Sprachkunst und haben dort auch schon einige junge Frauen, wie beispielsweise Anna Weidenholzer, etc entdeckt.
Sehr interessant also sich die Geschichte der fünziger und sechziger Jahre, den kalten Krieg und den Kommunistenhaß, der heute vielleicht nicht mehr so verständlich ist, vor Augen zu führen.
Es gab auch ein sehr illustres Publikum. So bin ich beispielsweise neben Peter Huemer gesessen und am Freitag geht es in Krems mit dem „Grünen Stern“, der auch verfilmt wurde, weiter.
Dort werden dann auch die diesjährigen Weigel-Literaturstipendien durch Hans Weigels Lebensmenschin Elfriede Ott verliehen und das Projekt „Schaltstelle Hans Weigel- Kabarettikst-Kritiker-Romancier-Literaturmanager“, wird von Wolfgang Straub noch zwei Jahre weitergeführt.
2013-11-28
Der Kalte
Nun kommt der zweite, große Schlüßelroman von Robert Schindel zum Geschehen in Österreich nach und vor 1945, zwanzig oder mehr Jahre nach „Gebürtig“ von dem ich schon beim Sprachkunstabschlußfest 2012 und „Fest für Robert Schindel“ ein Stück daraus hörte und der mir wegen seiner Realistik sehr gefallen hat. „Gebürtig“ war ja vielleicht ein bißchen sehr abgehoben, experimentell und lyrisch, der Lyriker Robert Schindel ist aber wahrscheinlich auch hier zu erkennen, beziehungsweise hat er sich in dem Schriftsteller Paul Hirschfeld, der im Cafe Zartl sitzt und aus dem Fenster sieht, selbst ein Denkmal gesetzt. Die Verleger und auch alle anderen kommen auf ihn zu und drängen ihn doch endlich den großen Roman zu schreiben.
Robert Schindel hat zwanzig oder mehr Jahre dazu gebraucht, beziehungsweise hat er ein Kapitel davon schon kurz nach „Gebürtig“ in den „Manuskripten“ erscheinen lassen, der Roman ist aber erst im März erschienen, jetzt lese ich bei „buecher.at“, hat er dafür den „Johann Beer-Preis“ bekommen und ich habe sehr lang an dem über sechshundert Seiten Roman gelesen, der in der Kritik, bei einem realistischen und Schlüßelroman, kann es ja nicht anders sein, schlecht weggekommen ist und habe mir beim Lesen auch nicht sehr leicht getan, obwohl ich die Geschehnisse in Österreich und Wien zwischen 1985 und 1989 ja kenne und hautnah miterlebt habe.
Hauptfigur ist der Auschwitz-Überlebene Edmund Fraul, der „Kalte“, der keine Gefühle zeigen kann, sich deshalb seiner Frau Rosa, die auch in Auschwitz war, einige Herzinfarkte erleidet, ihren Edmund aber um Jahre überleben soll, entfremdet und mit seinen Sohn Karl oder Karel, warum das, schrieb Daniela Strigl in einer der Rezensionen, der sich jetzt am Burgtheater erprobt, gab es auch Probleme, denn Edmund hat von seinem Sohn immer Männlichkeit und Bewehren verlangt, so daß Karl zu trinken anfing und seine Freundin Margit, eine Turnusärztin in der Rudolfstiftung mit der Schauspielerin Astrid von Gehlen, mit der in „Macbeth“ spielt, betrog.
Erinnern wir uns, ab 1986 war Claus Peymann Burgtheaterdirektor, der angeblich „Chance“ nicht Wienerisch aussprechen konnte, im Buch heißt er Schönn und wer das Vorbild für Edmund Fraul ist, habe ich nicht so genau herausbefunden, Simon Wiesenthal wird es nicht sein oder doch, vielleicht gibt es auch keines. Thomas Bernhard heißt Raimund Muthesius und wird von Direktor Schönn zu dem Stück „Vom Balkon“ beauftragt, das am 1. Oktober 1989, im sogenannten Bedenkjahr uraufgeführt und zu einem Skandal wurde, denn da regiert ja in der Hofburg Johann Wais und der tritt im Buch, nicht in Wirklichkeit am 23. Dezember 1989 zurück. Kurt Waldheim hat seine Amtszeit ausgestanden und ist danach nicht mehr zur Präsidentenwahl angetreten, ob er am 14. März 2003 gestorben ist, kann ich auf Anhieb jetzt nicht sagen, Robert Schindel läßt das Johann Wais so tun und ich habe die Zeit um die Waldheim-Kanditatur 1986, wo auch der Reaktorunfall von Tschernobyl war, wird in dem Buch nur kurz gestreift, sehr intensiv erlebt. 1987 bin ich ja von der HNO-Klinik weg und in die Freiberuflichkeit gegangen und habe sehr viel, auch Politisches geschrieben „Zwischen Hütteldorf und Heiligenstadt“ beispielsweise, das sich auch mit Präsidentschaftskanditatur beschäftigt, 1986 bin ich bei der GAV nicht aufgenommen worden, 1987 habe ich es dann geschafft und da gab es eine „Anti-Waldheimlesung“ im NIG im Hörsaal 1, wo noch Jutta oder war es schon Julian Schutting, den greisen Hans Weigel auf das Podium führte und ich ein Stück aus der Erzählung las, das dann Milo Dor in einer Anthologie veröffentlichte.
Die Gründung des „Republikanischen Clubs“ zu dieser Zeit und das „Andere Österreich“, die Demonstrationen am Stephansplatz, wo ich bei einigen war, mit dem hölzernen Pferd von Alfred Hrdlika bzw. Herbert Krieglach kommen auch in dem Buch vor.
Herbert Krieglach ist ein sehr chauvinistischer Künstler, der an seinem Mahnmal an der Albertina arbeitet und der Kulturstadträtin bzw. Bürgermeister Purr seine seine Entwürfe nicht zeigen will. Er geht sehr schlecht mit seinen Frauen um, die erste heißt Emmy, als die im Estherhazypark einen Schlaganfall erleidet, findet er sehr bald n Ersatz für sie, die in ihre Rolle schlüpft und die er genauso schlecht, wie sie behandelt.
Ich mag ja Schlüßelromane und probiere mich selber immer wieder an ihnen aus und es ist auch sehr spannend, die Zeit, die man erlebte, als Roman zu lesen. Wie das einem Norddeutschen oder jemand in hundert Jahren damit geht, weiß ich nicht. Für die gibts aber ein dickes Glossar im Anhang, wo alle Wienerischen Worte erklärt werden. Alle davon habe ich auch nicht verstanden und denke, daß man man sie im realen Wien von 2013 nicht zu hören bekommt, das Glossarlesen habe ich ausgelassen.
Edmund Fraul geht jedenfalls viel in Wien spazieren und erlebt in seinen Alpträumen, die schreckliche Zeit in Auschwitz immer wieder nach. Am Donaukanal trifft er dann einen schon verurteilten KZ-Mann, spielt mit ihm Schach, läßt sich das Essen von ihm bezahlen und sich „echten Auschwitz-Geschichten“ erzählen. Als der vor seiner Haustür einen Autounfall hat, wartet Fraul, den Begräbniszug ab, um dort nicht den F-lern, Jörg Heider wird im Buch Jupp Toplitzer genannt und ehemaligen SS-lern zu begegnen, geht allein ans Grab und fängt dort zu weinen.
Ob die Psychologie so richtig ist, weiß ich nicht, finde es aber spannend, daß es Robert Schindel auch von dieser Seite beleuchtet, denn natürlich gibt es Verdrängung und Gefühlsabspaltung, wenn man so etwas erlebt hat und natürlich war das Wien 1985-1989 noch mehr von ehemaligen und jüngeren Nazis als heute, wo die schon alle gestorben sind oder wahrscheinlich nicht mehr so leichtfüßig den Donaukanal hinuntermarschieren können, bevölkert und man hat manches auch nicht so, wie heute gewußt.
Ein spannender Roman über die Waldheim-Zeit, von dem ich inzwischen auch glaube, daß ihm wahrscheinlich ein bißchen unrecht getan wurde, obwohl ich mit gegen ihm demonstrierte, Thomas Bernhards „Heldenplatz“, das Peymann-Burgtheater etc.
Robert Schindel setzt es in einer Handlung an, so gibt es einen jungen Keyntz, das ist der Sohn eines berühmten Kammersängers, der gerade maturiert und dessen Freundin Dolly, als Waldheim die Wahl gewinnt, mit ihren Eltern nach Israel emigriert, seine Schwester ist jene Margit, die sich umbringt, als Karl Fraul sie betrügt.
Ob das realistische oder erfundene Handlungen sind, weiß ich nicht, das Buch ist aber spannend, wenn auch ein wenig langatmig zu lesen und ich denke, daß Paul Hirschfeld alias Robert Schindel, ein großartiger, wenn auch ein etwas derberer, als ich es beispielsweise tun würde, Roman über die zweite Republik und das Wien der Achtzigerjahren gelungen ist, den ich sehr gern und auch sehr lang gelesen habe, was meine Leseliste leider durcheinanderbringen wird.
2013-11-27
Franz Werfel-Abend
Der 1890 in Prag geborene und 1945 in Beverly Hills verstorbene Schriftsteller Franz Werfel ist 1928 mit seiner Frau Alma Mahler über Kairo nach Jerusalem und Damaskus gereist und dort auf die Kinder von während des Genozids von 1915 erschlagenen Armeniern aufmerksam geworden, was ihn veranlaßte einen historischen Roman „Die vierzig Tage des Musah Dags“ zu schreiben, der 1933 erschien und von den Nazis verboten wurde.
Von den Armeniern wurde der Roman aber mit Begeisterung aufgenommen, die ihn bis heute feiern, so am Dienstag in einer großen Veranstaltung im Radiokulturhaus, auf die ich durch das Programm der „Gesellschaft für Literatur“ aufmerksam wurde und aus Interesse an Franz Werfel, von dem ich schon einige Romane gefunden habe und den Roman „Verdi“ noch in meiner Schul- oder Studentenzeit gelesen habe, hinging und dann etwas erstaunt war, daß zuerst eine ganze Reihe von Exilenzen begrüßt wurde und außer ein paar Literaturinteressierten, fast nur Armenier anwesend waren.
Irene Suchy führte durch das Programm, der Botschafter begrüßte, dann spielte ein Streichquartett rumänische Weisen und das handgeschriebene sogenannte Wiener Manuskript war auch ausgestellt und man durfte es in der Pause, von der Security der Nationalbibliothek bewacht, bewundern.
Es kam dann noch ein Herr von einer „Johannes Lepsius Gesellschaft“, wer Pastor Lepsius war, sollte ich erst im Laufe des Abends erfahren und der Direktor des „Genozid-Museums“ in Jerewan, der auf Englisch einen Kurzvortrag hielt und einige Dias von Schiffen mit denen die Armenier nach Ägypten gebracht wurden und von den Holzlöffeln mit denen sie in den Flüchtlingslagern aßen, zeigte, dann aber bald zu seinem Flugzeug mußte, das ihn wieder nach Armenien zurückbrachte.
Danach kam der Festvortrag von einem in London lehrenden Germanisten, der ein bißchen etwas über den Roman erzählte, in dem es paar historische Personen nämlich jenen Orentialisten und Pastor und auch den türkischen Kriegsminister, aber auch erfundene, wie den Exilarmenier Gabriel Bagradian und seine französische Frau Juilette, gibt.
Nach der Pause, wo sich alle um das Buch scharten, gab es eine Musikeinlage mit Fragmenten von Werfel, der auch gerne komponiert hätte und ein Gedicht von ihm an Alma, das in Jerewan gefunden wurde.
Der Schriftsteller und offenbar Armenienkenner und Übersetzer Herbert Maurer las es vor und dann aus dem fünften Kapitel des Romans, das auch, wie er erwähnte, Franz Werfel gerne vorgelesen hat.
Dann kam ein Herr von der Nationalbibliothek, die das Wiener Manuskript angekauft hatte, projezierte einige Seiten und erklärte etwas über die Entstehungsgeschichte.
Dann gab eine Diskussion dazu und am Schluß der Veranstaltung wurde vom armenischen Botschaft „Werfel-Plaketten“ für Verdienste um die Zusammenarbeit Österreich Armenien verteilt.
Marianne Gruber als Vorsitzende der „Werfel-Gesellschaft“ hat eine bekommen, ein paar der schon genannten und auch andere Personen.
Eine sehr interessante Veranstaltung, die mir, die ich ja keine unbedingte Werfel-Expertin bin, einen mir unbekannten Roman in einer spannenden Facette nähergebracht hat. Habe ich doch so Einblick in die armenische Geschichte und in die in Österreich lebende armenische Gemeinde, die gar nicht so klein scheint, bekommen und die Zaruhi einer der wenigen Armenierinnen, die ich kenne, habe ich auch dabei getroffen.
Ansonsten habe ich nicht gewußt, daß die Gesellschaft für Literatur und der ORf so mit Armenien verbunden ist und Irene Suchy im Vorjahr mit Herbert Maurer sogar eine Reise dorthin machte. Und als ich nach der Veranstaltung in die Badewanne gestiegen bin, um Robert Schindels „Der Kalte“ weiterzulesen,k bin ich prompt auf der ersten Seite, die ich gelesen habe, auf die Stelle gestoßen, wo Rosa nach ihrem Herzinfarkt im Spital liegt und in den „Vierzig Tagen des „Musah Dagh“ liest. Es gibt eben immer wieder interessante Zufälle und Verbindungen.
Von Franz Werfel habe ich den „Veruntreuten Himmel“ und „Das Lied von Bernadette“ auf der Leseliste.
2013-11-25
Deine, meine Hände
Unter diesem Motto stellte heute Abend Konstantin Kaiser den Gedichtband, der im Sommer 2012 verstorbenen Siglinde Bolbecher „Nadelstich“ aus der gleinnamigen, von Lydia Mischkulnig betreuten Lyrikreihe der „Theodor Kramer Gesellschaft“ vor und las dazu eigene Gedichte aus dem Gedichtband „Durchs Hinterland“, der „Podium-Gedichtreihe“, sowie Unveröffentlichtes.
Ursula Ebel, die junge Mitarbeiterin der „Gesellschaft der Literatur“ leitete sehr lang und gründlich ein, stellte die Vortragenden und die „Theodor Kramer Gesellschaft“ vor. Dann folgte Lydia Mischkulnig und stellte die Reihe und die Gedichte weiter vor.
Danach lasen Konstantin Kaiser und Dagmar Schwarz abwechselnd die Liebesgedichte.
Konstantin Kaiser begann mit zwei Gedichten nach Fotos von Siglinde Bolbecher, das erste stellte sie mit langen Haaren vor dreißig oder noch mehr Jahren im Schianzug und mit Schi vor.
Die „Sommertote“ kam vor und auch die letzten nach dem Tod geschriebenen Worte, dazwischen die Bolbecher Gedichte, die glaube ich, schon mal vorgestellt wurden, aber erst nach dem Tod erschienen sind.
Ich habe das Ehepaar Bolbecher-Konstantin ja schon vor langer Zeit kennengelernt. Wo weiß ich nicht genau. Aber Siglinde Bolbecher als Historikerin. Dann gab es auch das „Lexikon der Exilforschung“, das glaube ich, in der Nationalbibliothek einmal vorgestellt wurde.
Mit Konstantin Kaiser geriet ich dann 2001 aneinander, als ich den „Taq der Freiheit des Wortes“ für die GAV organisierte und er andere Vorstellungen davon hatte, beziehungsweise mir eine Liste von Namen übergab, die dich dazu einladen sollte.
Das ist ausgestanden, ich organisiere die Veranstaltung auch schon lange nicht mehr und habe die Beiden immer wieder bei Veranstaltungen der „Kramer-Gesellschaft“, wie den „Kramer-Preis“ aber auch anderen, die ich regelmäßig besuche, gesehen.
An einen Abend für Milo Dor in der Nationalbibliothek kann ich mich noch besonders erinnern. Als wir voriges Jahr durch die baltischen Staaten fuhren, war, glaube ich, das Begräbnis am Zentralfriedhof und heuer hat es auch einen gemeinsamen Grabbesuch gegeben, den ich ebenso versäumte. So war die Lyrikpräsentation meine persönliche Verabschiedung von der Dichterin und auch eine sehr ergreifende Veranstaltung.
Christel Fallenstein war da, Lisa Fritsch, Leander Kaiser und noch viele andere, die ich vom Sehen oder auch nicht kannte.
Und am Büchertisch zur freien Entnahme bzw. gegen eine kleine Spende, gab es etwas, was sowohl zur Lyrik als auch zur Exilforschung passt.
Nämlich Rudolf Kauders „Exil in England, Kampf in Burma, Rückkehr nach Wien“, aus dem „Mandelbaum-Verlag“. Dann „Anisja – Zwangsarbeiterin in Kärnten“ aus dem „Drava-Verlag“ und noch ein „Podium- Lyrikband“ von Margarete Herzele.
Interessant ist noch, daß Vladimir Vertlib, der auch öfter bei Verantaltungen der „Kramer-Gesellschaft“ auftritt, diese Woche, die „Gedanken für den Tag“ gestaltet und sich dort am Montag auf Lydia Mischkulnig bezog.
2013-11-24
Von der sechsten Buch-Wien
Also wieder einen alternativen Wien-Urlaub und vier Tage lang in der Halle D, der Messe Wien im Kreis laufen, beziehungsweise bei Veranstaltungen sitzen, der Hauptbverband, der mir immer freundlicher Weise, die Eintrittskarten zur Verfügung stellt, macht es möglich und ich mag die Buch-Wien, obwohl sie mit Frankfurt und mit Leipzig natürlich nicht zu vergleichen ist.
Am Donnerstag um neun, bin ich eingetroffen bin und habe mich durch die Schulkinder gedrängt, die wenig Rücksicht auf die Pensionisten nehmen, die mit den Studenten freien Eintritt hatten. Franz Schwawerda, den ich vor langer Zeit beim Club der logischen Denker kennenlernte, den ich regelmäßig bei der Buch-Wien treffe, sagte, mir, daß am Donnerstag alle freien Eintritt hätten, das wußte ich nicht, der Herr an der Eintrittskontrolle hat aber tatsächlich nicht auf meine Eintrittskarte geschaut und so bin ich erst einmal ziemlich ziellos herumgelaufen, bzw habe ich mich in der Messebuchhandlung auf einen dieser bequemen Massagesessel hingesetzt und das Prgrammheftchen durchgeschaut, bis mich einer der regelmäßigen Veranstaltungsbesuchter begrüßt hat und wissen wollte, wie es mir denn ginge?
„Gut, ganz gut, natürlich!“, obwohl es am Donnerstag und am Freitag Vormittag schwierig ist, bei einer der Bühnen einen Platz zu finden, weil alles reserviert für Schulklassen, den Jan Kossdorf im Literaturcafe, dessen Buch „Kauft Leute“, ich ja gerne lesen will, habe ich trotzdem gehört und der berichtete von einem Facebook Schreibwettbewerb „Unter Strom“,woran man sich beteiligen und einige Texte beisteuern konnte.
Dann ging ich zur ORF-Bühne wo Jostein Gaardner über „Noras Welt“ referierte und die Kochbühne begann um elf mit einem sehr selstbewußten Jungkoch aus der Steiermark, der Rotkrautsuppe mit einem Baiser mit Rehschinken servierte und um halb eins, habe ich mich mit dem Alfred in der grünen Hütte getroffen, weil die neue WU ja ganu in der Nähe des Messegeländes ist. Das kostete etwas Zeit, so daß ich um zwei gerade bei der ORF-Bühne zur „Von Tag zur Tag- Übertragung“ von Brigitte Kronauer und ihrem neuen Buch zurechtkam, zu der wollte ich eigentlich am Abend in die „Alte Schmiede“ aber da wäre am Donnerstag ohnehin ein sehr dichtes Programm gewesen. Es ging gleich weiter mit einem Rumänen, der eigentlich Armenier ist, in Rumänien Minister war und jetzt sehr selbstbewußt mit lauter Stimme über sein „Buch des Flüsterns“ referierte.
Dann kam Alexandra Föderl Schnmid die Chefredakteuruin von „Standard“ und erzählte etwas davon, daß „Journalisten supersauber sein“ müßten und ich wechselte noch einmal zur Kochbühne, bevor ich zum 3 Sat Stand ging um Nadine Kegelses „Annalieder“ zu hören.
Auf der ORF-Bühne wurde danach das „Kulturjournal“ mit einer Diskussion über Digitalbuch versus konventionellens Buch mit Radek Knapp, Petra Hartlieb und Alexander Potyka gesendet, vorher habe ich noch Benedikt Föger vom Czernin Verlag um das Buch von Nadine Kegele angeschnorrt und mich Sanibe Gmeiner vom „Septime Verlag“ vorgestellt. Der „Wieser“ kochte dann noch auf der Kochbühne eine Art Kartoffelpuffer und verkostete seinen Schinken und das Abendprogramm der Lesefestwoche war besonnders reichaltig. Wo gehe ich hin, in die „Alte Schmied“ zur Brigitte Kronauer, aber die habe ich ja schon ein bißchen angehört, in der Hauptbücherei war Clemens Meyer, aber das war ein langer Wege, einen Russen gab es am Schwarzenbergplatz auch zu hören und eigentlich habe ich mich ja zu einer Veranstaltung in den Musiksalon „Blüthner“ angemeldet, wofür mir die Klimt Villa die Einladung schickte, da wollte ich eigentlich nicht hin, bin aber doch dort gelandet, weil ein bißćhen musikalischer Genuß nach soviel Literatur ja nicht schaden kann.
Am Freitagmorgen habe ich dann in der Badewanne ganz spontan beschloßen, mir einen Tagesfahrschein zu leisten und zuerst zur Buch-Wien hinauszufahren, dort bin ich dann „Standard“ lesend im Literaturcafe gesessen, habe der dreiundzwanzigjährigen Yasmin Hafedh bei den „Spoken words“, das ist eine Art Poetry Slam für die Schulklassen zugehört, habe dann Vera Albert die ich von KAV-Supervisionen kenne, die aber auch einen Verlag hat, bei den IG-Autoren getroffen und ihr eine Elfriede Gerstl-CD abgeschnorrt und bin um halb elf ins Rathaus zur Toleranzpreisverleihung an Barbara Coudenhove-Kalergi gefahren, was immer eine sehr familiäre Veranstaltung ist. Die, wie, ich vermute, Enkelkinder, ein festlich angezogener kleiner Bub und ein kleines Mädchen haben Blumen gebracht, die Preisträgerin war gerührt, Stadtrat Ludwig hat wieder die Bürgermeisterbilder erklärt, dann gabs Brötchen und Wein. Um zwölf war ich schon wieder auf der Messe, mit der U-Bahn geht das schnell, bin am Kochstand zur ungarischen Küche zurechtgekommen, da gab es Wildschweinsuppe mit Estragon und diese berühmten Fleischpalatschinken, einen Weißwein dazu, relativ große Portionen, danach habe ich gewartet, daß Johanna Wechselberger ihren Kaffee-Bus eröffnet, so daß ich mir einen Cafe Latte holen konnte und habe mich zuerst zur ORF-Bühne gesetzt, später bin ich ich zu FM4 gewandert, denn da gab es das junge Literaten Programm.
Zuerst aber den vorigen „Perutz-Preisträger“ Manfred Rebhandl, den ich in Leipzig kennenlernte, mit seinem Krimi „In der Hölle ist für alle Platz“, den ich ein bißchen zynisch finde und der fast, wie Thomas Bernhard, an allen etwas aufzusetzen hatte.
Dann kam aber Andrea Stift, die auch einen Krimi geschrieben hat und damit sehr erfolgreich ist „Wilfert und der Schatten des Klapotetz“, den habe ich dann beim Schilcher trinken am „Keiper“ Stand zusammen mit dem „Gameboy“ Buch auch bekommen, was meine Leselisten wieder gehörig durcheinanderbringen wird. Aber selber schuld, wenn ich so unersättlich bin und bei FM4 ist es dann mit Christoph W. Bauer weitergegangen, den ich schon lange hören wollte und von dem ich auch ein paar Bücher auf der Leseliste habe, die ich dann 2013 womöglich nicht mehr schaffe.
Andreas Unterweger folgte mit seiner Notizsammlung „Das kostbarste aller Geschenke“, die er anlegte, nachdem er Vater wurde, jetzt hat er zwei Töchter und hat zum Schreiben wenig Zeit und wartet darauf, daß es der älteren endlich im Kindergarten besser gefällt.
Dann wurde es wieder voller, wurde ja zum ersten Mal der Roma Literaturpreis des PEN-Clubs an Stefan Horvath, der einen Sohn 1995 bei diesem Oberwarter Attentat veroren hat, verliehen wurde.
Die Generalsekretärin eröffnete, Peter Paul Wipplinger, der nicht mehr beim PEN ist, sich aber für den Preis sehr einsetzte, hielt die Laudatio. Stefan Horvath hat lange aus seinen Büchern gelesen und der Lex Liszt 12- Verleger hat auch dazu gesprochen.
Dann war ich sehr durstig, bei dieser Preisverleihung gab es nichts zu trinken, Olov Enquist, habe aber auf dem Weg zum Klo einen Stammbesucher getroffen, der mich darauf aufmerksam machte, daß es im Literaturcafe noch eine Art Fest zu fünf Jahren „aa-Infohaus“ mit Getränken und was zu Knabbern gab, so daß ich was trinken konnte, bevor ich mich auf den Weg ins Literaturhaus zur Per Olof Enquist-Lesung machte.
In der U-Bahn bin ich vis a vis des Kitab Verlegers gesessen, den ich 2008 nach der Buch-Wien, die „Radiosonate“ schickte, so voll, wie in Leipzig die Straßenbahn von der Messe, war die U-Bahn aber nicht, dafür das Literaturhaus diesmal etwas voller, so voll wie im vorigen Jahr beim Vladimir Sorokin aber nicht. Und der achtzigjährige Schwede Per Olov Enquist, von dem ich den „Sekundat“ gelesen und ein paar Bücher im Schrank gefunden habe, ist ein gut Deutsch sprechender beeindruckender Mann, der in „Das Buch der Gleichnisse“, seine Kindheit beschrieben hat. Er ist mit einer sehr puritanischen Mutter aufgewachsen, die die Liebesgedichte seinen kurz nach seiner Geburt verstorbenen Vaters verbrannt hat, weil Gedichte Sünde sind, dann sind sie aber irgendwie doch zu ihm bekommen und mit fünfzehn ließ er sich von einer einundfünzigjährigen Stockholmerin in die Liebe einführen, etwas, was heute ja streng verboten ist, Per Olov Enquist aber sehr charmant für gut für sich empfunden hat.
Am Samstag ging es weiter, da gab es zunächst einmal Schwierigkeiten mit meiner Eintrittskarte, weil mir die Dame am Donnerstag eine Tages- und keine Pressekarte gegeben hat, dann ging ich wieder mit dem Standard ins Literaturcafe, wo Cornelia Travnicek erschien, die für die „Reizpartie“ eine Veranstaltungsreihe der jungen Buchhändler eine Diskussion über „Perspektiven des „moderierte. Das dauerte bis halb zwölf, aber um elf hatte ich mich mit dem Lidio Mosca dem argentinischen Schriftsteller, bei den IG-Autoren verabredete, nur wartete der wieder woanders und so lief ich eine Weile zwischen der Kochbühne, wo Johanna Wechselberger „Filterkaffee und Kaffeemaschinen“ präsentierte und den IG-Autoren hin und her, um dann den Veranstaltungsraum zwei zu suchen, wo die jungen Verlagsmenschen ein „Zukunftsbrunch“ veranstalteten.
„Eatballs“, Semmeln, die wie Fußbälle aussehen und Mannerschnitten wurden auf der Messe auch verteilt, das ist das Tolle an der Buch-Wien, daß man sich dort gut ernähren kann und ziemlich voll ist es am Samstag auch gewesen.
Literatur gab es natürlich auch, ich habe einiges auf der „Donau-Lounge“ verfolgt, zwar habe ich auf der Mosca- und Kaffeesuche die Präsentation von Cornelius Hells „Ungarn-Buch“ versäumt, aber Laszlo Darvasi präsentierte seinen Roman „Blumenfresser“ und ein „Kochfest“ gab es auf der Kochbühne, mit einem Kartoffel-Blunznturm und einem Nougatknödel, auch und etwas später gab es noch Kartoffel und Gemüse mit gegrillten Fleisch.
Mile Stojic, der jetzt wieder in Sarajevo wohnt, aber einige Jahre in Wien verbrachte, stellte im „Literaturcafe“ sein „Via Vienna“ vor und begrüßte seine Freunde. Auf der Donau-Lounge gab es Lyrik von der Slowenin Stanka Hraselj und Nadja Bucher präsentierte auf der FM4-Bühne ihr bei „Milena“ erschienenes zweites Buch „Die Wilde Gärtnerin“.
Dann zog es mich wieder auf die Kochbühne, da kochte ein siebzehnjähriger Kochchampignon ein Schokosüppchen und um siebzehn Uhr wurden Weine präsentiert. Da habe ich mich ein bißchen durchtetrunken und bin dadurch zu der „Exil-Preisverleihung“ auf der ORF-Bühne zu spät gekommen. Daß Susanne Ayoub aber den Dramatikerpreis und Cornelia Hülmbauer, die eine Zeitlang meinen Blog intensiv verfolgte, den Preis für „Deutsch als Muttersprache“ bekommen hat, habe ich aber doch mitbekommen.
Am Sonntag hat es dann mit den Treffen von Lidio Mosca Bustamante geklappt, der beim Messecafe gleich beim Eingang auf mich gewartet hat, während ich am Samstag bei den IG-Autoren auf ihn wartete. Dann wollte ich eigentlich ins Literaturcafe zu der Lesung von Ilija Trojanow, aber dort war es so voll, daß ich zur Kochbühne auswich, wo es „Entspannte Küche Fingefood und Co“, sprich ein warmes Süppchen und eine Maronipastete zu verkosten gab, einen Caffe Latte gab es auch noch, leider nicht, die „FM4- Anthologie“, die ich ja gerne, ob der jungen Talente, die es darin schon zu entdecken gab, sammeln würde, aber „leider bin ich nur ein Blog“ was eigentlich ein interessanter Klappentext für das „Literaturgeflüstertextebuch“ wäre, aber das ist ja schon fast druckfertig.
Um eins war dann wieder das „Ö1-Quizz“ im Veranstaltungsraum eins über dem Klo, das ich mir auf der Buch-Wien auch immer gerne anhöre. Da war Ilija Trojanow, der jetzt wieder in die USA einreisen darf, der Ehrengast, der die Gewinner für die Buchgutscheine und das Casino Austria Dinner zog, das er eher kritisierte, aber man muß dort ja nicht spielen.
Danach zog es mich wieder zur Kochbühne, wo es noch die Reste der saudiarabischen Küche zu verkosten gab und danach eine junge Dame Cup Cakes machte. Da war es sehr voll, alle drängten sich darum, man konnte sich seinen Cake aber selber mit Bananencreme dressieren und ich auch den Alfred traf, der das Buch der Anna kaufte, die fürs literarischen Geburtstagsfest ja auch ausgezeichnete Cup Cakes machte.
Dann bin ich mit dem Alfred ein bißchen herumgezogen, der mit seiner vom Casino Austria zur Verfügung gestellten Eintrittskarte, ein bißćhen fotografierte, hörte mir die Lesung und das Gespräch von und über Alfred Komareks „Wachau-Buch“ an, dann ein bißchen den Paul Lendvai und die Barbara Coudenhove-Kalergi und die sechste Buch Wien ging um fünf langsam zu Ende.
2013-11-23
Leseprobleme
Zu was kommt man während einer Buchmesse nicht?
„Richtig zum lesen!“, habe ich einmal geschrieben und der Monat November war bei mir ohnehin ein miserables Lesemonat, denn die ersten zwei Wochen haben mich der „Nanowrimo“ und meine Geburtstagsfeierlichkeiten vom Lesen abgehalten. Dann wollte ich zwar in Ungarn einen Lesemarathon machen und habe dort auch drei Bücher gelesen, allerdings nicht die, die auf meiner Leseliste drangekommen wären, weil ich mir gedacht habe, daß ich in Ungarn eigentlich Ungarn-Bücher lesen sollte und da haben sich auf meiner Leseliste ja so einiges angesammelt.
Richtig, meine Leseliste, manche Leute schreiben und sagen mir ja, daß ich eine „irre“ habe und eine Pressedame hat sich auch einmal geweigert, mir deshalb Rezensionsexemplare zu schicken.
Dabei ziehe ich die immer brav vor und bespreche sie auch prompt, was auch ein Grund ist, warum ich derzeit mit meiner Leseliste ein bißchen ins Schleudern komme und 2013 höchstwahrscheinlich nicht alles, was darauf steht schaffen werde.
Was ja nichts macht, weil eine Leseliste kein unflexibles Etwas, sondern jederzeit abänderbar ist und ich, bevor ich eine Leseliste hatte, meine Leselpläne auch immer beliebig hin- und hergeschoben bzw. aktualisiert habe. Wie ist es zu meiner Leseliste gekommen?
Wahrscheinlich waren die offenen Bücherschränke daran schuld, daß sich vor drei Jahren noch mehr als sonst bei mir angesammelt hat und mein Bücherregal auch voll war, so daß ich mir ein neues kaufte, das jetzt schon wieder voll ist und die Blogger haben mich auf eine „Hundert-Bücher-Leseliste“ gebracht. Aus der ist dann meine Leseliste entstanden, an die ich mich 2011 und 2012 auch ziemlich gehalten habe und 2013 habe ich Bücherbeschränkungspläne entwickelt, mit denen ich eigentlich erbärmlich gescheitert bin, es gibt eben so viel was mich interessiert, aber infolgedessen habe ich mich in Frühling aufgerafft, alles aufzuschreiben, was meine Bücherliste auf zehn Jahre im voraus anwachsen ließ und die 2013 Liste ist auch angewachsen, weil es eben so viel gibt und ich dann doch bei Rezensionsexemplaren nicht nein sagen kann. So habe ich derzeit fast hundertachtzig geplant und das werde ich nicht schaffen, obwohl ich 2013 sehr viel gelesen habe.
Der Appetit kommt mit dem Essen, schreibe ich ja immer und da gab es ja im Februar auch eine Diskussion, wieviel man Lesen kann. Über hundertfünfzig Stück waren es im Vorjahr und das habe ich, glaube ich, auch heuer schon gelesen, aber im November waren es nur sehr wenige Bücher und meine Liste ist noch sehr lang.
Nach den Ungarn-Büchern und dem „F“, das ich auch eingeschoben habe, weil es mich für meine „Brüderschaft“ interessiert hat, lese ich jetzt schon eine Woche lang den „Robert Schindel“ und scheine so bald nicht zu dem neuen „Köhlmeier“ zu kommen, den ich eigentlich schon im Oktober lesen wollte.
Dann kämen ein paar österreichische Neuerscheinungen, die sich angesammelt haben, die „Andrea Grill“ aus dem Bücherkasten, die „Doris Knecht“, die mir der Alfred kaufte. „Knoi“ hat er mir auch gekauft und Judith Grubers neues Buch und ich bin im Sommer über den „Morawa-Flohmarkt“ gestolpert und habe da ein paar interessante Bücher auf meiner Liste, von denen ich eigentlich dachte, daß ich sie 2013 schaffe, aber dann kommt immer wieder Neues dazu, so habe ich mir den neuen „Trojanow“ doch schicken lassen und von der Buch-Wien, zwei Bücher von der Andrea Stift mitgebracht, ich ich auch noch lesen muß.
Dann kommt bald Weihnachten und da warten schon ein paar Weihnachtsbücher, die sich im Laufe es Jahres angesammelt haben und die Geburtstagsbücher und der „Alpha-Preisroman“ warten ohnehin erst 2014 auf mich.
Luxusprobleme ich weiß und ich genieße es auch sehr, einen solchen Bücherüberfluß zu haben, sollte es aber dennoch bald schaffen, mich auf höchstens ein neues Buch pro Woche zu beschränken, weil ich wirklich keinen Platz mehr und wirklich noch genug zu lesen habe, ich weiß, ich weiß…
Dann komme ich aber von der Buch-Wien, steige bei der Zieglergasse aus, um ins Literaturhaus zugehen und finde im Kasten John Steinbecks „Jenseits von Eden“ und Norman Mailers „Die Nackten und die Toten“ was man ja wirklich lesen sollte.
Also werde ich höchstwahrscheinlich ein paar der für 2013 geplanten Bücher erst 2014 lesen und da auch nicht chronologisch von oben bis unten , sondern das besonders Interessante vorziehen und wahrscheinlich sehr bald mit meiner 2014 Listenplanung fertig sein.
2015 warten aber auch schon ein paar schone Bücher auf mich.
Vielleicht sollte im Dezember einen Lesemonat machen, da wird es wahrscheinlich auch ein wenig ruhiger werden. Korrigieren muß ich aber an der „Brüderschaft“ und Veranstaltungen wird auch geben und ansonsten denke ich ja schon, daß es schön wäre, wenn ich morgen beim „Ö1-Quiz“ auf der „Buch-Wien“ zu dem ich wahrscheinlich gehen werde, den Büchergutschein, den es wahrscheinlich wieder gibt, gewinnen werde.
Aber den gewinnen meistens die Leute, die in der ersten Reihe sitzen. In diesem Fall ist das auch gut, weil ich ja genug zu lesen habe, aber die „Buch-Wien“ bringt einen naturgemäß auf Ideen, was man alles lesen möchte und das ist ja auch der Sinn daran. Den Gutschein für das Buch einer christlichen Glaubensgemeinschaft, den mir am Donnerstag gleich beim Eingang jemand in die Hand gedrückt hat, habe ich aber nicht eingelöst und auch der Koran, den die Saudis am Freitag verteilten, habe ich nicht bekommen, nur ein Büchlein über die „Schriftrollen vom Toten Meer.“
2013-11-21
Buch-Wien-Eröffnung
Am Mittwoch also die Eröffnung der sechsten Buch-Wien auf der ORF Bühne der Messe und es ist immer interessant, dort Leute zu sehen, die ich nur auf der Buch-Wien treffe, wie beispielsweise Gabriele Ecker von der Nö-Literaturedition.
Ich war früh daran, so daß ich einen Platz in der dritten Reihe, hinter den reservierten Plätzen auf denen hauptsächlich Herren aus Saudi Arabien saßen, fand, mich mit einem Herrn unterhielt, der ein Buch über Schiesport geschrieben hat und auf Gerald Schantins Eröffnungsrede wartete.
Zuerst gab es aber Musik, dann leitete der Präsident des Hauptverbands sein Plädoyer fürs Bücherlesen ein, Stadtrat Mailath-Pokorny, der Gerald Schantin seine Unterstützung zusicherte und Noch- Kulturministerin Schmied folgte, die versicherte, daß sie auch nach ihrer Ministerzeit dem Lesen treu bleiben und sich wieder mehr Bücher kaufen werde, folgten.
Dann warteten alle gespannt auf die Festrede der heurigen „Büchner-Preisträgerin“ Sibylle Lewitscharoff, die über die Zukunft des Buches sprechen sollte, aber bekannte, daß sie die nicht wüßte, weil sie keine Hellseherin wäre.
Sie sprach aber von der Schatulle des Buches und ihren Lieblingsbüchern deren Helden, meistens Männer, die sie durch ihr Leben begleiten und mit denen sie sich auch unterhalten würde.
Dann kam eine sehr heftige Kritik auf Amazon.
„Wenn ich eine Firma hasse dann diese“, erwähnte die schlechten Arbeitsbedingungen und den Wunsch, daß die Leute ihr Geld in den Buchhandlungen lassen würde, die mich erstaunte und auch ein bißchen befremdete, denn ich hasse niemanden und bezüglich Amazon würde ich den Pluspunkt sehen, daß er ermöglicht hat, daß jetzt jeder sein E- Buch dort sehr einfach veröffentlichen kann, etwas das Sibyille Lewitscharoff wahrscheinlich nicht betrifft, aber viel verändert hat.
Das Buffet wurde eröffnet und ich stellte mich in einer langen Reihe hinter Daniela Strigl und anderen bekannten Gesichtern an, sah Evelyne Polt Heinzl, Robert Huez und sehr viele Buchhändlerinnen und Verlagsleute.
Es gab wieder Gulasch und Kaiserschmarrn und leider nur zwei Weißweine zur Auswahl, das ich dann an einem Tisch mit Daniela Strigl verzehrte und bald zur Donau Lounge aufbrach, die es wieder gab und die um halb neun eröffnet wurde.
Da gab es dann Sekt Orange, den ich lieber als Weißwein trinke, vorher schaute ich noch am Exil Stand bei Christa Stippinger vorbei, um mir die „Exil Preis Texte Anthologie von 2013“ und Ekaterina Heiders „meine schöne schwester“ zu holen.
Bei der Donau Lounge beziehungsweise beim Ungarnstand gab es ein paar Broschüren über die neue ungarische Literatur, die ich gut brauchen kann, da ich ja vorige Woche im Thermalbad vorwiegend Älteres gelesen habe. Cornelius Hell und andere Prominenz, Loize Wieser, Annemarie Türk, die Herren vom Hauptverband, der Stadtrat und Julia Danielczyk die neue Kulturbeauftragte der Stadt Wien, trafen ein. Julia Danielczyk, die sich neben mich setzte, sprach mich an, daß sie mich vom MUSA kenne und drückte mir ein „Literatur im MUSA Programm“ in die Hand, so daß ich sie gleich darauf ansprechen konnte, daß ich gerne zu der Preisverleihung am 4. Dezember an Gustav Ernst und Erich Klein gehen würde.
Und jetzt warten vier Tage Buch-Wien, die ich mir wieder eifrig geben werde und zu meinen persönlichen Literaturerlebnis machen will, auf mich.
2013-11-20
Peter Stamm im Literaturhaus
Über den Schweizer Autor Peter Stamm habe ich, glaube ich, auf einer der Buchmessen über seinen Erzählband „Seerücken“ das erst Mal etwas gehört und ihn dann auch noch mit Gregor Sanders verwechselt.
Mit dem Roman „Sieben Jahre“ war er 2009 auf der Longlist des dBps und als im vorigen Jahr der deutsche Börseverein des Buchhandels zum Tag des Buches einen Haufen Bücher an die Leser verschenkte, stellte sich Wolfgang Tischer mit Stamms ersten Roman „Agnes“ auf die Straße und wunderte sich, daß das Buch niemand haben wollte.
Inzwischen habe ich „Wir fliegen“ bei „Morawa“ um einen Euro gefunden und im Frühling hat Malte Bremer noch „Agnes“ im Literaturcafe untersucht und ich glaube, für nicht sehr literarisch empfunden.
Da hatte ich schon „Agnes“ und „Sieben Jahre“ auf meiner Leseliste, gab es beides ja zum Jahreswechsel bei „Thalia“ in der Kremsergasse im Abverkauf und im Herbst ist „Nacht ist der Tag“ erschienen, das nicht auf die dBP Longlist kam und auch nicht für den Schweizer Literaturpreis nominiert wurde, trotzdem hat der 1963 geborene Peter Stamm am Dienstag im Rahmen der Lesefestwoche im Literaturhaus gelesen und ich habe, da meine sechs Uhr Stunde ausgefallen ist, auch hingehen können.
War im Gegensatz zu Montag auch sehr früh daran, aber dann war es gar nicht so voll im Literaturhaus, weil sich die Wiener offenbar nicht so sehr für die Schweizer Literatur interessieren. Der Schweizer Kulturrat war aber wieder da und Stefan Gmünder, ein Berner, ich habe ihn, glaube ich, für einen Vorarlberger gehalten, hat moderiert und eingeleitet und der Roman handelt von einer Frau, die bei einem Autounfall ihr Gesicht verliert. Ihr Mann kommt dabei ums Leben, vorher hat sie sich von einem Maler nackt fotografieren beziehungsweise malen lasen, weswegen es zwischen ihr und ihrem Mann zum Streit kam.
Ein interessantes Thema und Peter Stamm scheint auch ein interessanter Autor zu sein, der sagte, daß er sich gar nicht sosehr für seine Figuren interessiere und auch keine Biografien, wie die Schreibratgeber raten, über sie schreibe und das Schreiben ist für ihn wichtig, weil er nichts anderes kann.
Obwohl es, weil man ja gut sein muß, sehr viel Druck verursacht, hat er noch gesagt, was ich ebenfalls sehr interessant fand.
Nachher beim Wein und den Käsecrakern habe ich mich mit dem Chemiker, den ich immer in der Wien-Bibliothek sehe, den jungen Tschechen, den ich bei der Schweizer Buchpreislesung kennenlernte und Robert Huez unterhalten, der mir sagte, daß er ein Fan von Peter Stamm sei, das bin ich nun nicht unbedingt, habe mich aber sehr gefreut, einen interessanten Autor, von dem ich bisher nur immer hörte, persönlich kennengelernt zu haben und habe mir am Büchertisch die vielen Erzählbände und Romane, die er geschrieben hat, angesehen.
2013-11-19
F
Nun hatte ich doch Gelegenheit „F“ den neuen Roman von Daniel Kehlmann zu lesen, der auf der Longlist des dBp stand und es dann zur Verwunderung der Literaturwelt nicht weiterschaffte, die Anna hat ihn zusammen mit Thomas Glavinic „Das Größere Wunder“ mit nach Ungarn genommen und im Bad gelesen. Schaut her Leute, ich habe eine eher prekär bezahlte Tochter, die sich zwei Bücher von der Longlist kauft und habe das Buch auf meiner Leseliste bzw. dem Marai, den ich ja auch noch beginnen hätte können, vorgezogen, denn „F“ interessiert mich nun einmal, schreibe ich ja gerade auch über drei Brüder, so daß ich sogar schon dachte, mir das Buch vielleicht zu kaufen oder zu wünschen, aber das Wichtige kommt irgendwann von selbst. Habe es bei meinen Recherchetage bei Kuppitsch aber schon gründlich durchgeblättert und einmal eine Frau in der U-Bahn darin lesen sehen.
Die „Im Gespräch-Sendung“ vor ein paar Wochen habe ich gehört und gestern, die Besprechung bei der „Literarischen Soiree“ im Radio und gelesen habe ich es, glaube ich, genau zum richtigen Zeitpunkt, nämlich als mein Rohkonzept schon fertig war, so daß ich von dem Kehlmannschen Stil nicht mehr beeinflußt werden, aber nachschauen kann, was der große Daniel, der noch immer junge Mann mit den ehrgeizigen Blick und dem Schulbuben-Aussehen, besser kann als ich.
Er kann es natürlich insofern, daß er wahrscheinlich genauer arbeitet, andere Ansprüche und wahrscheinlich auch die Lektoren hat, die mir fehlen und außerdem Jahre daran gearbeitet hat, was ich höchstwahrscheinlich nicht zusammenbrächte, weil mir das wahrscheinlich zu langweilig wäre.
Dafür ist die Gelehrsamkeit für eine drei oder dreißigtausend Seiten Dissertation darin versteckt, wie Günter Kaindlsdorfer in der Ö1-Sendung sagte, der das Buch, im Gegensatz zu dem von Schirach lobte.
Das ist mir ein bißchen unverständlich, denn so genial habe ich es eigentlich nicht gefunden, aber natürlich gut konstruiert und ob ich die vielen Hinweise auf die Literaturgeschichte erkannt habe, wahrscheinlich nicht alle, auf das Frisch-Zitat „Mein Name sei Gantenbein oder Niemand“, hat mich der ORF gestern hingewiesen, ich weiß nicht, ob ichs sonst gemerkt hätte, aber ich bin keine Frisch Spezialistin und habe auch nicht Literaturwissenschaft studiert.
„Mein Name sei Niemand“ ist jedenfalls ein berühmter Roman von Arthur Friedland und der ist der Vater von Martin, Eric und Iwan und fährt mit ihnen im Jahr 1984 zu einer Showhypnose des großen Lindemann. Der hypnotisiert zuerst Iwan, den Zwilling von Eric, Martin hat eine andere Mutter, dann holt er Arthur auf die Bühne, obwohl der das gar nicht will und sagt, daß er auch nicht hypnotisierbar ist und veranläßt ihn sein Leben zu verändern und sich seine Träume zu erfüllen, so daß der bisher erfolglose Schriftsteller, der von dem Geld seiner zweiten Frau, einer Augenärztin lebt, die Kinder bei Martins Mutter absetzt, nach Hause fährt, Geld holt und dann das Land verläßt, um ein berühmter Schriftsteller zu werden, der eben Bestseller, wie den oben erwähnten schreibt.
Das ist das erste Kapitel. Dann geht es in das Jahr 2008 in einen Augusttag, wo es heiß ist und die Wirtschaftskrise beginnt und da geht es in die Kirche, denn Martin ist Pfarrer geworden, glaubt aber nicht an Gott und hat so bei den Gottesdiensten seine Schwierigkeiten. Er ist auch übergewichtig und nascht Schokoriegeln, während er die Beichte abnimmt und ist Meister der Rubik-Würfeln.
Ja, Kehlmann hat Einfälle und ist sicher hochbegabt, gründlich und genau. Dann kommt ein Kapitel, das ich als Lektorin wegstreichen würde, nämlich, wo es in die Urgeschichte der Familie geht, „Mein Vater war Bauer und hat die und die gevögelt“, etc.
Dann gehts zu Eric in die Luxusvilla, wir wissen ja vielleicht schon, daß das „F“ für Fälschung steht und alle drei Friedland-Brüder Fälscher sind. Eric ist Finanzmakler und hat das Geld seiner Kunden verzockt, so daß er unter Wahnvorstellungen leidet, überall Gespenster sieht, sich verfolgt fühlt, seiner Tochter Marie nicht zuhört und auch nicht recht versteht, daß sich seine Frau, eine Schauspielerin von ihm scheiden lassen will.
Die Kritikerinnen in der Sendung gestern, haben von den unverwechselbaren Ton der drei Brüder, die die Kirche, die Finanz- und die Kunstwelt darstellen, gesprochen und waren begeistert, so ganz habe ich das nicht nachvollziehen können und einige Personen, die in dem Buch vorkommen, haben mich auch verwirrt, beziehungsweise ist mir vielleicht ein bißchen zuviel Fälschung und Konstruktion dringewesen.
So wird Eric von drei Burschen verfolgt, die T-Shirts tragen, er wird auch gewarnt und die tauchen dann im Iwan Kapitel wieder auf und Iwan ist der Kunstfälscher und das ist wieder besonders kompliziert, denn eigentlich ist er Maler, aber nur ein Mittelmäßiger und das darf man ja nach Kehlmann nicht sein, nur seine kleinen Ausstellungen machen und seine kleinen Besprechungen haben, ich mache das schon vierzig Jahre so, hätte es aber, zugegeben, auch gern anders.
Der junge Iwan trifft jedenfalls den Hypnotiseur wieder, als er noch studiert und der sagt ihm auf den Kopf zu, daß er kein Maler ist, dann trifft er auf den großen Heinrich Eulenböck, bzw macht er ihn erst dazu, denn das ist ein Maler, mit dem der schwule Iwan zusammenzieht, zuerst als Spiel seine Bilder malt, später bleibt er dabei, weil der greise Künstler das nicht mehr kann.
Er hat auch ein Kunstverzeichnis angelegt und malt jetzt in einem Haus im schlechten Viertel der Stadt Bild für Bild, um es dann zu verkaufen, der Maler ist schon längst verstorben und man fragt sich oder könnte das vielleicht Herrn Schirach fragen, wo der strafrechtliche Anteil ist?
Natürlich, er gibt seine Bilder für die eines anderen aus, aber wenn ich es recht verstanden habe, hat Iwan Eulenböck erst zu dem großen Eulenböck gemacht, also hätte er die Bilder auch unter seinen Namen malen können.
Wir sehen Kehlmann ist sehr kompliziert. 2008 ist Eulenberg aber schon gestorben, Iwan geht in das Atelier in das leere Haus, malt, sieht dann die Jugendlichen vom Fenster aus, später als er zur U-Bahn geht, sieht er, wie sie einen vierten zusammenschlagen. Er geht zurück, mischt sich ein, wird auch zusammengeschlagen und verschwindet dann.
In den nächsten Kaptieln, die von der dreizehnjährigen Marie getragen werden, besucht der Großvater, die Enkeltochter, geht mit ihr in ein Spiegelkabinett und man erfährt, Eric hat sich saniert, indem er die Bilder seines verschwundenen Bruders verkauft. Er wohnt jetzt im Pfarrhaus und zieht später bei seiner Geliebten, die seine ehemalige Therapeutin war, ein und ist glücklich, daß der Börsencrash seine Geschäfte vertuschte. Er beginnt auch zu glauben und am Schluß des Buches befinden wir uns in der Kirche. Martin hält die Totenmesse für den verschwundenen Bruder und alles ist gut oder auch nicht.
Und ich bin ein bißchen erleichtert, weil ich denke, so schlecht bin ich nicht, ähnliche Konstruktionen würde ich mir auch zutrauen, obwohl ich wahrscheinlich immer weniger abgehobener bleiben werde.
Ein bißchen erschien mir das Buch konstruiert, aber dann wieder spannend und interessant. Nicht so genial, wie es die Kritikerinnen im ORF empfanden, aber das ist kein Werturteil, sondern hat wahrscheinlich damit zu tun, daß ich mir mit dem Geniekult schwer tue.
Und jetzt zurück zur Leseliste, beziehungsweise zur Korrekturarbeit der „Brüderschaft“, aber vorher kommt ja noch die Buch-Wien.