Literaturgefluester

2018-11-26

Anderswelten

Filed under: Veranstaltungen — jancak @ 00:02
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„Über Dystopien und Utopien“, heißt das heurige Thema der „Literatur im Herbst“, die Walter Famler schon seit einigen Jahren im „Odeon“, dieser ehemaligen Getreidebörse in der Taborstraße veranstaltet.

Zuerst waren die osteuropäischen Länder das Thema, dann ist es zu den Frauen und bis nach Japan gegangen und heuer sind die „Utopien“ daran, ein Thema mit dem ich mich mit Stephan Teichgräber ja auch im vorigen Semester beschäftigt habe.

Da hat er George Orwell vorgeschlagen und ich bin daraufgekommen, daß die Gegenwartsliteratur dieses Thema derzeit häufig zum Gegenstand hat, so habe ich im Frühjahr Helmut Krausser gelesen und Andre Kubicek.

Der „Report der Magd“ von Margaret Atwood ist auch ein utopischer Roman und der Gegenspieler ist die Dystopie, in der Jugendliteratur häufig anzutreffen und einige solche Bücher habe ich ja auch erst vor kurzem gelesen und wenn man sich so durch das Programm schaut ist auch einiges, wie Jonathan Cohen oder „Sungs Laden“ anzutreffen, das ich irgendwo auf meinen Bücherstapeln haben muß, was ich eigentlich gar nicht für so utopisch gehalten habe.

Utopisch ist also wahrscheinlich alles und überall und die Literatur wimmelt von Dystopien und obwohl der utopische Roman etwas phantastisches hat, ist die politische Dimension auch nicht zu übersehen und wahrscheinlich besonders interessant und natürlich auch hauptsächlich in dem von Walter Famler, Ilia Trojanow und Jana Folkman kuratierten Festival anzutreffen.

Die neue Stadträtin, die eröffnete, hat deshalb auch von den wilden Räumen gesprochen, die in diesen drei Tagen in Wien anzutreffen sind und der Eröffnungsreder der 1970 geborene Dietmaar Darth der mit „Die Abschaffung der Arten“ 2008 auf der Shortlist des dBp gestanden ist, entpuppte sich  in seinem Text „Besser Kunst als Hoffnung besser Kunst als Angst“, als wahrer Science Fiction Spezialist, auf jeden Fall zog er einen Bogen über die gesamte Bandbreite der phantastischen Literatur und teilte die Utopien in das Postive, die Dystopien in das Negative ein, eine Unterscheidung, die ihm nicht zu gefallen schien, aber offenbar in der Literatur, als so gegeben gilt.

Danach gab es ein Gespräch zwischen ihm und dem 1952 geborenen Philosophen und Kulturwissenschaftler Thomas Macho das Ilia Trojanow moderierte und das von einem Herrn im Publikum auch kritisert wurde.

Interessant war dabei für mich, um wieder den Bogen von all den Weltuntergangsphantasien, die in der Jugendliteratur derzeit Gang und Gebe sind, zu den Utpien zu ziehen mit denen, die Schreckenregime des zwanzigsten Jahrhunderts und wahrscheinlich auch den früheren begonnen haben, ansonsten sind die meisten Romane, weil ja nur das Schrecklichste zählt, wohl eher dystopisch, als utopisch, weil das ja oft als kitschig angesehen wird und die heutige Zeit lockt wohl auch zu Weltuntergangstimmungen und so wird der utopische  wilde Raum in der Taborstraße wohl  interessant werden, der am Samstag mit einem Debattenforum über das Bankenwesen und der Utopie von einer Sozialversicherung für alle begann.

Sehr utopisch denke ich der Wunsch des Schweizer Wirtschaftsjournalisten Jürg Müller, die Banken abzuschaffen. Es wurde ihm von Ulrike Hermann, die ein Buch mit dem Namen „Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung“ geschrieben hat, auch widersprochen.

Dann wurde es, wenn auch noch nicht unbedingt utopisch, so doch literarisch, kam doch der Schwede Peter Fröberg Idling mit seinem Kambodscha-Buch „Pol  Pots Lächeln“.

Dann folgte die die 1965 geborene Karin Kalisa von der ich mich schon gewundert habe, daß ihr „Sungs Laden“ zur utopischen Literatur zählt. Gut zu wissen, sie wunderte sich auch und die Utopie bei dem Buch, das ich noch lesen muß, ist wohl, daß es eine Gesellschaft in Ostberlin schildert, wo sich die deutsche Bevölkerung mit den vietnamnesichen ehemaligen Gastarbeitern verbindet und mit ihnen Brücken baut, Puppenfeste und noch anderes veranstaltet.

Wenn man so, wie ich mit dem Uli diskutiert, der übrigens auch phantastische Romane schreibt, aber gegen das Fremde ist oder nach „Chemnitz“ schaut, kann man das wahrlich nur utopisch nennen und ich würde mich wahrscheinlich auch nicht trauen, eine so positive Utopie zu schreiben, aber warum eigentlich nicht, warum muß man alles schwarz malen, nur weil das die Leser angeblich so haben wollen, das ist es was ich mir dem Festival mitnehme.

Nach der Pause wurde es  phantastischer, kam da nämlich die Amerikanerin Annalee Newitz mit ihrem Science Fi Roman „Autonom“ wo es von Humans und Robots nur so wimmelte und Drogengebrauch auch eine Rolle zu spielen schien, gefolgt von Georg Klein, der 2000 den Bachmannpreis gewonnen hat und heuer in Leipzig mit seinen Roman „Miakro“ nominiert war, in dem es auch sehr phantastisch mit einer Innenwelt und einer Außenwelt zuzugehen scheint.

Am Sonntag wäre es mit einer Matinee in der „Alten Schmiede“ weitergegangen, da war aber im Literaturhaus die „Fried-Preisverleihung“ und da die Veranstalter das obwohl sie ja miteinander verbunden sind und immer wieder gemeinsame Veranstaltungen machen, nicht besser koordinieren können, bin ich erst  am Nachmittag ins „Odeon“ gekommen, wo es das Debattenforum II im utopischen Raum, also eine Diskussion zwischen Luise Meier, die ein Buch „MRX Maschine“ geschrieben hat und Georg Sesslen, der eines mit dem Titel „Freiheitstraum und Kontrollmaschine“ hat, das war wieder sehr philosophisch theoretisch und daher für mich auch nicht sehr verständlich.

Es ist aber gleich literarischer geworden und zwar mit einem Debut, das auch auf der Bloggerdebutlonglist steht, nämlich Josefine Riecks „Serverland“, die es zwar nicht auf die Shortlist schaffte, ich aber sehr interessant fand, wird hier ja eine Welt in der es keinInternet gibt, geschildert und jetzt von Jugendlichen wieder erobert wird.

Dann hätte Jan Koneffke den Rumänen Stefan Agopian und dessen „Handbuch der Zeiten“ vorstellen sollen, der ist aber erkrankt, so hat es Jan Koneffke allein gemacht und das war sehr spannend, ist das Buch des 1947 geborenen Autors schon 1984 in Rumänien erschienen, aber jetzt erst auf Deutsch herausgekommen und dort geht es sehr phantastisch zu, obwohl es auch politisch zu interpretieren ist und ganz am Schluß kam, glaube ich, der Höhepunkt und etwas mir Bekanntes, nämlich eine szenische Lesung aus Joshua Cohens „Buch der Zahlen“, Ilija Trojanow, der am Vormittag den „Toleranzpreis des Buchhandels“  bekommen hat und Walter Famler haben gelesen, der Autor hat das musikalisch begleitet am Schluß eine englische Leseprobe gegeben und danach mit Ilija Trojanow über das Buch, das ich schon gelesen habe, gesprochen und dann war das dreitägige Literaturfestival schon beendet.

Walter Famler hat nochmals darauf hingewiesen, daß der utopische Raum und die Diskussion darüber weitergehen wird und wenn ich ein Resume ziehen soll, es war diesmal eine sehr spannende und interessante Veranstaltung, die meinen Begriff über Utopien und Dystopien sehr erweitert hat und zum Schluß wiederhole ich am Besten noch einmal das Motto des Einführungsvortrags „Besser Kunst als Hoffnung besser Kunst als Angst“ und das war es wohl und vermutlich werde ich in Zukunft sowohl Dystopisches als auch Utopisches weiterlesen.

8 Kommentare »

  1. Hallo Frau Jancak,
    Sie gestatten eine Korrektur bzw. eine Anmerkung?

    Erstens bin ich nicht „gegen das Fremde“. Diese Verallgemeinerung wird zwar in gewissen Kreisen gern genommen, ist aber natürlich Unsinn. Ohne die Teilhabe von Ausländern sowie ausländischen Firmen und ihrer Produkte wäre es in jedem Land der Erde ziemlich eintönig. Ich fahre ein japanisches Auto, mag italienische Küche, meine Schuhe sind aus England und mein Computer, an dem ich gerade schreibe, kommt vermutlich aus dem asiatischen Raum. Was mich zum nächsten Punkt bringt, denn

    Zweitens ist Ihr Bezug auf die Vietnamesen ohne Substanz. Es ist auch keine „Utopie“, auch wenn die Autorin des Buches es so sehen mag. Beispielsweise gibt es in Düsseldorf eine japanische Gemeinde von über 6500 Personen. Hochangesehene, freundliche, integrierte Menschen, die jedes Jahr ein Fest feiern, das weit über die Landesgrenzen hinaus Besucher anzieht. Probleme, Übergriffe, Kriminalität? Null. So wie es mit jeder Nationalität ist, die der Kultur ihres Gast- oder neuen Heimatlandes ähnlich ist, von promillewertigen Ausnahmen mal abgesehen.

    Und nun dürfen Sie gern mal googeln, von welchen Nationalitäten bzw. Kulturen jene Probleme ausgehen, über die ich immer wieder schreibe und mich empöre.

    Übrigens beschreibt „Weihnachten im Weltall“ einen „Besuch“, zudem einen unfreiwilligen, denn der Außerirdische will so schnell wie möglich wieder nach Hause. Somit ist auch der Zusammenhang recht haltlos, finden Sie nicht? 😉

    Kommentar von Ulrich Lucas — 2018-11-25 @ 12:15 | Antworten

    • Das war jedenfalls das was ich mir gedacht habe, daß wir in Zeiten wie diesen solche Utopien brauchen für das andere sind die Veranstalter zuständig und die sind, glaube ich, eher links politisch und so haben sie sich bei ihrer Textauswahl, die übrigens sehr sehr toll war und ich Ihnen „Sungs Laden“ auch empfehlen würde, obwohl ich es selber noch nicht gelesen habe, einen sehr weiten Radius gewählt, der über, was auch immer wieder diskutiert wurde, die übliche Definitionen weit hinausging.
      Es war aber eine tolle Kombination und eine tolle Veranstaltung und verlinkt habe ich Ihr Werk und Sie wollen ja auch, daß ich Sie verlinke, weil ich es spannend fand, daß Sie auch phantastische Romane schreiben und ich immer gerne weite Bogen ziehen und Verknüpfungen suche!

      Kommentar von jancak — 2018-11-25 @ 22:38 | Antworten

  2. Ich schlage auch gern weite Bögen, aber nur, wenn sie am Ende Sinn ergeben. Und natürlich freu ich mich, wenn Sie mich verlinken und erwähnen, aber auch dann müssen die Tatsachen gewahrt bleiben und keine falschen Eindrücke für Dritte entstehen.

    Kommentar von Ulrich Lucas — 2018-11-26 @ 08:22 | Antworten

  3. Der Dritte, der das liest und dann vielleicht bei Ihnen ein „Gefällt mir“ hinterläßt und das ist, glaube ich, schon passiert, bekommt mit, daß Uli Lukas ein Buch geschrieben hat das „Weihnachten im Weltall“ heißt oder überhaupt fantastische Romae schreibt, daß Sie eher rechts denken und manchmal viel schimpfen, hat der vielleicht schon vorher mitbekommen, ist das falsch?
    Es ist jedenfalls meine Art der Verknüpfungen, die mir sinnvoll scheinen, um wahrscheinlich meine Erinnerung zu archivieren, beispielsweise, das utopische Literatur nicht nur aus „Fahrenheit 551“ , „1984“ und dann vielleicht noch aus ein bißchen, was Fantastisches, wie beispielsweise Stanisaw Lem besteht, sondern auch sehr politisch sein kann und da wurde ein Buch vorgestellt, was wahrscheinlich überhaupt nicht utopisch ist, weil es ein Leben am Prenzlauer Berg schildert, wo die Deutschen und die Vietnamesen friedlich zusammenleben und Drachensteigen lassen.
    Das ist eigentlich tatsächlich nicht utopisch, denn es sollte ganz normal und selbstverständlich sein, wie, glaube ich, auch die Autorin meinte, ist es aber, wenn ich nicht nur Ihre Beiträge lese, nicht, denn dort wird über die Leute oder Politiker geschimpft, die „Come to gether Tafeln“ veranstalten, wo Flüchtlinge mit den Bürgern zusammengebracht werden oder die Frauen, die sich für Flüchtlinge engagieren, Patenschaften übernehmen, etcetera.
    Das oben ist meine subjektive Zusammenfassung über das „Anderswelten-Festival“, das drei Tage im „Odeon“ gelaufen ist und das wahrscheinlich mehr theoretisch philosophisch als phantastisch, weil die Veranstalter auch mehr von dort herkommen, konzipiert war.
    Mit Ihnen hat das eigentlich nichts zu tun, außer, daß ich bei der Vorstellung von „Sungs Laden“ gedacht habe, weil ich ja mit Ihnen diskutiere und Ihre Ansichten lesen, daß der geschilderte Inhalt eigentlichI schon sehr utopisch ist und wenn ich so etwas schreibe würde, wäre ich mir fast sicher, daß meine Kritikier „Zu weltfremd und kitschig!“, schreien würden und ich mich das deshalb vielleicht nicht trauen würde.
    Aber mal sehen, vielleicht passt es für den nächsten Roman, denn ich will ja eigentlich ein solches buntes, friedvolles Leben und das habe ich in den drei Tagen gelernt, daß es wahrscheinlich die utopischen Phantasien sein können, die Veränderungen bringen, denn vor hundert Jahren hat sich auch keiner vorgestellt, daß ich so einfach über Mail und Internet mit Ihnen diskutieren kann und hätte „Welch fantastischer Unsinn geschrieen!
    Ich mache Ihnen einen Vorschlag, Sie besorgen sich das Buch und ich versuche es auch in meinen Büchernbergen zu finden und dann schauen wir, was Sie dazu sagen, wie es Ihnen gefällt und wir veranstalten eine kleine Leserunde darüber!

    Kommentar von jancak — 2018-11-26 @ 10:28 | Antworten

    • Sie meinen „Sungs Laden“? Und wie funktioniert denn so eine Leserunde?

      Kommentar von Ulrich Lucas — 2018-11-26 @ 11:06 | Antworten

  4. Beispielsweise, daß Sie darüber einen Artikel über das „Sungs Laden“ auf Ihren Blog schreiben oder umgekehrt, wenn ich die Erste wäre und wir kommentieren uns gegenseitig und das hätte dann den Vorteil, das wir genau wissen worüber wir schreiben und wir könnten dann wertfrei unsere vielleicht gegenteiligen Meinungen und Eindrücke austauschen und wenn dann noch ein paar andere dazu kämen, wird es noch lebendiger, zu zweit geht es aber sicher auch!

    Kommentar von jancak — 2018-11-26 @ 11:58 | Antworten

  5. Ok. Bin dabei. Lassen Sie mir aber Zeit bis Anfang Dezember, bis ich es mir besorgen kann.

    Kommentar von Ulrich Lucas — 2018-11-26 @ 12:02 | Antworten

    • Ja natürlich, soviel Zeit, wie Sie wollen. Ich muß das Buch ja auch erst aus meinen Stapeln heraussuchen und hätte eigentlich heuer, wegen meiner langen Leselisten und des Bloggerdebutpreises, der jetzt dran ist, keine Zeit es zu lesen, muß aber gestehen, daß ich jetzt auch sehr neugierig daeauf das Buch bin, um die Frage zu beantworten, ob es jetzt utopisch ist oder nicht?
      Schreiben Sie einfach wann es Ihnen passt darüber, ich werde versuchen, das Buch dann möglichst bald zu lesen und hoffe nur, daß ich es schnell finde, liebe Grüße aus Wien und sehen Sie, das ist jetzt konstruktiv!

      Kommentar von jancak — 2018-11-26 @ 13:20 | Antworten


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