Literaturgefluester

2021-06-03

Der 42. Breitegrad

Jetzt kommt, etwas vespätet, denn der „Preis der Leipziger Buchmesse“ ist ja schon vergeben, das dritte Buch aus der Übersetzerschiene, das eigentlich aus drei Büchern besteht. Nämlich die „USA-Trilogie“ des von 1896-1970 gelebt habenden amerikanischen Autors John Dos Passos, die ich schon seit November auf meinen Badezimmerstapel liegen habe, habe ich mir das Buch, das aus1644 sehr dünnen Seiten besteht, von der Anna zum Geburtstag gewünscht und hätte den Wälzer wahrscheinlich liegen lassen oder Ende des Jahres in ein Regal geräumt, wäre es nicht auf die Übersetzer-Schiene gekommen. Da hat mich dann der Ehrgeiz gepackt und ich habe es lesen müßen.

Dirk van Gunsteren und Nikolaus Stingl haben den Wälzer übersetzt und ich habe von John dos Passos schon was gelesen oder durchgeblättert, habe ich doch als „Buch und Wein“ in der Schäffergasse geschloßen wurde und abverkaufte wurde, mir „Manhattentransfer“ gekauft und in den St. Pöltner Bücherschränken habe ich einmal „Jahrhundertmitte“ gefunden“ und dann noch die „Drei Soldaten“ irgendwo in den Regalen stehen.

Jetzt also der amerikanische Montageroman, wo auf sehr lesbare Weise, wie im Klappentext steht, das politische und soziale Geschehen Amerikas verknüpft mit verschiedenen Charakteren zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts, verbunden mit dem ersten Weltkrieg, dem Aufstieg Hollywoods, etcetera, geschildert wird.

Der erste Teil heißt „Der „42 Breitegrad“, dann gibt es noch „1919“und „Das große Geld“ und auf den vierhundertfünfzig Seiten des „42. Breitegrades“ gibt es die verschiedensten Textsorten. Da findet man immer die „Wochenschauen“, dann Textpassagen die „Das Auge der Kamera“ heißt und dann gibt es die Lebensläufe von fünf Personen, drei Männer und zwei Frauen, die auf den ganzen Band verteilt, beschrieben werden.

Da gibt es Fainly oder Fenian, der, als seine Mutter stirbt, von seinem Onkel, einem Gewerkschaftler, der eine Druckerei besitzt, zu sich geholt wird. Fainly, der dann nur noch Mac genannt wird, wird auch Drucker und als der Onkel seine Druckerei verliert, zieht er mit einem windigen Agenten durch die Lande, um Bücher dort an den Mann oder die Frau zu bringen. Er schlägt sich auf verschiedene Art und Weise durch das Leben, schließt sich der Gewerkschaft an, verläßt sie, sie wei er heiraten und ein Kind versorgen muß. Schließĺich zieht er nach Mexiko, um zu kämpfen, übernimmt eine Buchhandlung, erlebt die mexikanischen Freiheitskämpfe, etcetera.

Das Ganz wird von Amerkungen unterfüttert und dann lernen wir Janey kennen, die macht eine Sekretärinnenausbildung, Stenografie war damals noch angesagt und dann tippte man die diktierten Texte auf einer Remington ab, arbeitet bei verschiedenen Rechtsanwälten, teilt sich ein Zimmer bei einer Freundin, mit der sie Sonntags in einem Drugstore ein Soda trinkt oder mal ins Kino geht. Schließlich kommt sie nach New York und wird die persönliche Sekretärin eines J. Ward Moorhouse, dessen Lebenslauf auch geschildert wird.

Der arbeitet als Journalist, wird schließlich Geschäftsmann oder sowas, wie Kommunikationsberater, wenn es das 1916 schon gegeben hat. Er nimmt seine Sekretärin jedenfalls nach Mexiko mit, wo sie sich mit Mac kreuzen und eine Eleonaor Stoddard, die ist eine Art Architektin, die sich als Verkäuferin hochgearbeitet hat, gibt es auch. Man sieht John Dos Passos ist eigentlich sehr modern. Sie lebt in christlichen Boardinghouses, wird die platonische Freundin von J. Ward, der dadurch Schierigkeiten mit seiner zweiten Frau bekommt. Von der er sich nicht lösen kann, weil das Geld von seinen Betrieben von der Schwiergermutter kommt und am Schluß begegnen wir noch einem Charley Anderson, der als Mechaniker durch die Lande bummelt, Frauen begegnet, säuft und sich auch mal prügelt.

Das Ganze wird, was auch bei „Amazon“ kritisiert wird, ziemlich zusammenhanglos geschildert und bei den „Wochenenschauen“ oder „Auge- Passagen“ werden bei den Absätzen oft die Sätze auseinandergerissen. Ich bin gespannt, wie es mit beiden anderen Teilen weitergeht und habe das Lesen, obwohl die dünnen Seiten in der Badewanne ziemlich gelitten haben, eigentlich sehr genoßen und einen interessanten Autor kennengelernt.

2 Kommentare »

  1. Habe mich eigentlich noch nie auf Dos Passos einlassen können. Aber die Rezension erinnert mich, es erneut zu versuchen. Die Konstruktion als Episodenroman war mir stets zu hastig und die Sprache zu realistisch. Flaubert sitzt da neckend im Nacken. Danke für die Besprechung.

    Kommentar von Alexander Carmele — 2021-06-05 @ 18:33 | Antworten

  2. Würde ich empfehlen! Der Montagestil ist sehr interessant und wahrscheinlich das, was mir liegt und womit ich auch mein Schreiben begonnen habe.
    Handlung im engsten Sinn ist natürlich keine dabei und trotz der Anmerkungen, fängt man wahrscheinlich mit den Wochenschauen, die vor hundert Jahren in Amerika passierten, nicht wirklich viel an oder man müßte sich, wie beim Arno Schmidt genauer damit beschäftigen.
    Ich lese eher drüber, aber der Eindruck bleibt und ein sehr interessantes Buch, interessante Bücher und ein interessanter Stil.
    Sie haben sich ja auch durch den „Leipziger Buchpreis“, wie ich gesehen habe, zumindestens in der Belletristik gelesen!
    Waren interessante Bücher, meine persönliche Entdeckung sind „Die Vögel“ und die Friederike Mayröcker, die ja gestern gestorben ist, ist sicher auch sehr interessant zu entdecken, wenn man sie nicht schon kennt und ihr Alterswerk beispielsweiseauch psychologisch zu interpretieren!
    Danke für das Lesen, die Likes und den Kommentar! Liebe Grüße aus Wien!

    Kommentar von jancak — 2021-06-05 @ 21:16 | Antworten


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