Prüfstein der Gesinnung
Die Zeitschrift "Krachkultur" mit einem Jünger-Special
Von Watzlaff Capsugel
Heimo Schwilk, von dem man sich erzählt, dass er an einer Ernst Jünger-Biographie arbeite (vorgesehen im Piper Verlag), ist in den achtziger und neunziger Jahren des verflossenen Jahrhunderts ein Jünger-Intimus gewesen. Er hat 1988 im Verlag Klett-Cotta eine Bildmonographie herausgegeben ("Leben und Werk in Bildern und Texten") und ist, mit Jünger im Tornister, als Reporter in den Golf-Krieg gezogen. Schwilk, geboren 1952 und Redakteur der "Welt am Sonntag", gehört zu den Wortführern der Neuen Rechten, die in den vergangenen Jahren für Aufregung gesorgt haben und ist neben Ulrich Schacht Mitherausgeber des Buches "Die selbstbewußte Nation" (1994). Ein Foto, das Schwilk mit Jünger in dessen Wilflinger "Oberförsterei" zeigt, ist denn auch von Ulrich Schacht aufgenommen worden.
Mit zwei Beiträgen ist Heimo Schwilk in der Ausgabe 8 der Zeitschrift "Krachkultur" vertreten. Der erste ist eine militärisch knappe Würdigung des 1998 verstorbenen Schriftstellers, dessen Erzählung "Auf den Marmor-Klippen" als "Frontalangriff auf Hitlers Schreckensherrschaft" gedeutet wird. Für Schwilks Generation sei Jünger "so etwas wie ein Prüfstein der Gesinnung".
Der zweite Beitrag gilt dem "Kriegsberichterstatter" Schwilk, der mit Jüngers Roman "Afrikanische Spiele" (1936) im Gepäck die Kriegsspiele am Golf beobachten soll. Zusammen mit 700 weiteren akkreditierten Reportern liegt er in der Etappe auf Feindberührung und hofft: "Der Preis des Abenteuers könnte der Tod sein - aber das Abenteuer ist ohne die Todesdrohung nicht echt." Dem Kriegsberichterstatter Schwilk geben Jünger und die Jünger-Rezeption die Metaphorik vor: "Totale Mobilmachung", "Ästhetisierung".
Als Gegenbild werden Thomas Manns "Betrachtungen eines Unpolitischen" bemüht: "Das tragische Weltgefühl des deutschen Romanschriftstellers war schon damals, vergleicht man es mit Ernst Jüngers Konzeption des Arbeitersoldaten, rettungslos antiquiert." Das Wort "Romanschriftsteller" verrät, dass Schwilks Text ursprünglich für die Tageszeitung "Die Welt" gedacht war, deren Leser inzwischen darüber informiert werden müssen, dass Thomas Mann ein deutscher Schriftsteller war, welcher Romane geschrieben hat; es ist auch ein Pejorativ für einen Autor, der selber nie "gekämpft" hat, der ein "Schreibtischtäter" war und der Deutschland den Rücken kehrte, als die Nazis an die Macht kamen. Wahrlich, Schwilk weiß mit Worten umzugehen.
"Kriegsromane", so Schwilk halb bedauernd, "dürfte es künftig kaum mehr geben." Damit gibt es auch das emphatische Leben nicht mehr, das er so heiß ersehnt. Bleibt zu hoffen, dass er als "Chefkorrespondent für Politik, Kultur und Zeitgeschehen" noch oft in Kampfeszonen vordringen kann, wo die "Hemmschwelle des Tötens" herabgesetzt ist und auch das Leben des Reporters nichts gilt.